# taz.de -- Mannheim, Fußball und Wahlrecht: Radikalisierung, Rechte, Rheinmet… | |
> Scheißumfrage oder Scheißantworten, hohe Nasen im Lehrerzimmer und die | |
> Folgen des Mannheimer Attentats. Und ein besorgter Ministerpräsident. | |
Bild: Hendrik Wüst bei einer CDU Wahlkampfveranstaltung zur Europawahl, Mai 20… | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Briefwahl ausgefüllt und zu Hause vergessen. | |
Und was wird besser in dieser? | |
Geschmeidiges Team im Wahllokal. | |
Welche Konsequenzen sollte das [1][islamistische Attentat von Mannheim] | |
abseits von rassistischer Instrumentalisierung haben? | |
Rechtliche. Fünf versuchte und ein vollendeter Mord sollten dafür reichen. | |
Für solche Taten hat der Rechtsstaat lebenslängliche Strafen und | |
Sicherheitsverwahrung im Angebot. Das Allparteiengeblöke „Straffällige | |
Ausländer abschieben“ klingt, als sei das vielen nicht genug: Syrien und | |
Afghanistan als outgesourcte Todesstrafe. Der Mannheimer Attentäter, darauf | |
weisen Experten hin, sei IS-radikalisiert, für so etwas sehe die Konkurrenz | |
von der Taliban als Begrüßungsritual ein Loch im Kopf vor. Dazu bietet das | |
Folterregime in Kabul prompt diplomatische Gespräche an, die Henker | |
wünschen einen Prestigegewinn gegen den blutigen Job. Der Attentäter hat | |
eine deutsche Frau und deutsche Kinder. Die Konsequenz von Mannheim sollte | |
sein, dass wir wir bleiben. Das ärgert die langfristig am meisten. Also die | |
religiös-politischen Wirrköpfe. Auch die deutschen. | |
Eine vom WDR in Auftrag gegebene Studie fand heraus: 21 Prozent der | |
Deutschen wünschen sich eine weißere Mannschaft bei der Fußball-EM. | |
Infolgedessen wurden vor allem die Macher der Studie kritisiert. Richtig | |
so? | |
Eine Doku mit einer zugespitzten Umfrage publizistisch anzuspitzen, ist | |
geübte Praxis. Man gibt dem „Deutschland-Trend“, der ohnehin erhoben wird, | |
noch ein paar Fragen bei, das ist günstiger. So bekommt ein eher | |
essayistischer Film – wie entwickelte sich der Migrationsanteil in der | |
deutschen Nationalmannschaft? – einen reißerischen Aufhänger. Und man | |
hofft, diesmal zu Recht, auf mehr Gratiswerbung im redaktionellen Teil. Die | |
Doku „Schwarze Adler“ räumte vor drei Jahren alle verfügbaren Preise ab u… | |
kam ohne diesen Trick aus. 2016 wollte AfD-Gauland Boatengs Tore sehen, ihn | |
aber nicht in der Nachbarschaft haben; seine Volksgenossin von Storch | |
forderte eine „Nationalmannschaft“ und löschte den Tweet unter mächtigen | |
Shitstorm wieder. Kurz: Man hätte bei der ARD gewarnt sein können, sich | |
sinnstiftendere Fragen einfallen zu lassen: „Freuen Sie sich über Erfolge | |
der Mannschaft, unabhängig von der Herkunft der Spieler?“ Klar sind es eher | |
21 Prozent [2][Scheißantworten als gleich eine „Scheißumfrage“], wie | |
Bundestrainer Julian Nagelsmann erbrach. Diese zielt auf das Trennende, | |
nicht das Verbindende. | |
Der Lehrerverband hat kurz vor den Europawahlen ein Statement abgegeben, in | |
dem er das Wahlrecht ab 16 kritisiert. Haben die Lehrer mal wieder recht? | |
Na ja, die Ecke vom Lehrerzimmer, wo in der großen Pause FAZ und Bild | |
rascheln. Der Deutsche Lehrerverband rangiert hinter gewerkschaftlich oder | |
im Verband Bildung und Erziehung organisierten Lehrenden, Untergliederungen | |
sind die Katholische Erziehergemeinschaft Deutschland und der Deutsche | |
Philologenverband. Also Nase eher hoch und rechts. Der Verband spricht also | |
nicht für „die Lehrer“ und erst recht nicht für die SchülerInnen. Tenden… | |
zur Radikalisierung oder gleich zum Ausstieg aus der Demokratie wurzeln oft | |
in dem Gefühl, nicht wirksam zu sein und nicht wahrgenommen zu werden. | |
Dagegen könnte zum Beispiel ein Wahlrecht ab 16 helfen. Mal im | |
Gemeinschaftskundeunterricht drüber diskutieren. | |
Nach den Überschwemmungen in Süddeutschland sagt NRW-Ministerpräsident | |
Wüst, an Extremwetterereignisse müsse man sich als „Teil des Alltags“ | |
gewöhnen. Klare Worte oder ein neuer Rekord auf der nach unten offenen | |
Söder-Skala? | |
[3][Wüst wetterleuchtet vor einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz], auf | |
dem es um die versprochene Pflichtversicherung gegen Elementarschäden gehen | |
soll. Die Idee, überschwemmten Eigenheimern eine neue Kellerwand zu | |
bezahlen, ist nicht ehrlos. Und dass Wüst der Klimawandel ansonsten wumpe | |
wäre, gibt der O-Ton beim schlechtesten Willen nicht her. Eher schon seine | |
Politik. | |
Und was machen die Borussen? | |
Zwei Petitionen gegen den „Werbedeal mit Rheinmetall“ lungern bei zusammen | |
25.000 Unterschriften herum, ein knappes Drittel Westfalenstadion. Die | |
Ankündigung nach Saisonende verhindert spontane Unmutsbekundungen | |
kritischer Fans. Irgendjemand muss was tun. Na gut, ich mach’s. | |
Und was macht der RWE? | |
Nach dem Nichtaufstieg in die 2. Liga verlassen acht Spieler die | |
„Hafenstraße“, der Vater des Erfolgs, Marcus Uhlig, ging schon vorher. | |
Richten wir uns auf eine längere Episode in der 3. Liga ein. | |
Fragen: Joscha Frahm | |
9 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Friedrich Küppersbusch | |
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