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# taz.de -- Die Wahrheit: Ein vergesslicher Auftragsmörder
> Wozu sind Tarnidentitäten gut, wenn man sie gar nicht sinnvoll nutzt? Ein
> irisch-amerikanischer Fall von Urkundenfälschung gibt Rätsel auf.
Irische Reisepässe waren schon immer beliebt. Und sie sind leicht zu
beschaffen, wenn man genügend Geld hat. Der damalige Premierminister
Charles Haughey überreichte dem Scheich Khalid Bin Mahfouz auf einer
Dinnerparty in den achtziger Jahren elf irische Pässe für die ganze Familie
– gegen eine „persönliche Spende“.
Nach dem Brexit besorgten sich auch viele nordirische probritische
Unionisten irische Pässe, weil ihnen das ökonomische Hemd näher war als der
ideologische Rock. Und viele US-Unternehmer grasen irische Friedhöfe auf
der Suche nach Ahnen ab, weil sie bei Erfolg Anrecht auf einen irischen
Pass inklusive Zugang zur EU haben.
Was aber trieb den US-Amerikaner Randolph Kirk Parker an, Pässe auf den
Namen von toten Säuglingen zu beantragen? Der 72-Jährige wurde im
vergangenen September im südirischen Cork gefasst, als er einen der
falschen Pässe abholen wollte. Jetzt wurde er zu dreieinhalb Jahren Knast
verurteilt. Er war geständig, aber über seine Motive ließ er das Gericht im
Dunkeln.
Über Parkers Leben in den USA vor seiner Ankunft in Irland ist wenig
bekannt. Er war 1970 in Lapeer County nördlich von Detroit wegen
Drogenbesitzes verhaftet worden, aber die Staatsanwaltschaft verfolgte den
Fall nicht weiter. Die US-Botschaft teilte mit, dass er 1988 auf dem
Flughafen Shannon mit seinem rechtmäßigen US-Pass gelandet und dann
untergetaucht sei.
Er flog auf, weil er einen Pass auf den Namen Geoffrey Warbrook beantragt
hatte, der aber 1953 im Alter von elf Tagen gestorben war. Die Polizei
identifizierte den Antragsteller mithilfe von Gesichtserkennungstechnologie
als Philip Morris, auf den 1998 ein Pass ausgestellt worden war. Nach
seiner Verhaftung stellten die Beamten überrascht fest, dass Philip Morris
ebenfalls 1953 im Alter von drei Monaten gestorben war.
Bei der Beantragung eines irischen Führerscheins benutzte Parker den Namen
Frank Morris. Das war einer von nur drei Männern, denen die Flucht aus dem
US-Inselgefängnis Alcatraz gelungen ist. Parkers Freunde in Irland kannten
ihn hingegen als Ray Travis, der sich mit Schreiben und Filmproduktionen
beschäftigte. Dabei hätte der Amerikaner Anrecht auf einen echten irischen
Pass gehabt, da er schon so lange in Irland gelebt hatte. Und er hätte sich
sogar einen neuen Namen aussuchen dürfen.
Oder hatte er etwa finstere Pläne? Die Praxis, Pässe unter Verwendung von
Geburtsurkunden toter Babys zu beschaffen, ist nicht neu. In Frederick
Forsyths Roman „Der Schakal“ von 1971 sucht der Auftragskiller auf
Friedhöfen nach dem Grab eines Babys, das genauso alt wäre wie er, wenn es
nicht gestorben wäre. Wenn ein Auftragsmord Parkers Ziel war, warum hat er
ihn nicht längst ausgeführt? Schließlich hatte er seit 25 Jahren falsche
Pässe.
Oder hat er etwa zu viel irischen Whiskey getrunken und schlicht vergessen,
wen er umlegen sollte?
3 Jun 2024
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Irland
USA
Einreise
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