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# taz.de -- Abschiede von Kroos, Klopp und Co: Fußball zum Heulen schön
> Eine Saison der großen Abschiede geht zu Ende. Auch Weltmeister Toni
> Kroos hört auf. Und das Profigeschäft entfaltet seine volle emotionale
> Wucht.
Bild: Abgang mit Wehmut: Kroos ist „sehr happy“ und „sehr traurig“
Jetzt also auch noch [1][Toni Kroos]. Es ist die Saison der großen
Abschiede im deutschen Fußball. Selten ist so viel getrauert worden, sind
so viele Tränen geflossen, sind so viele Reden der Bewunderung und
Ehrerbietung gehalten, in den Kurven so emotionale und spektakuläre Choreos
zusammengebastelt worden.
Die emotionale Wucht des Fußballs ist unwiderstehlich und vermutlich der
Grund, weshalb auch die vermehrte Instrumentalisierung dieser Branche
durch windige Investoren und superreiche, geltungsbedürftige Staaten der
Popularität dieses Sports und dem Zulauf der Massen offenbar nichts anhaben
kann.
Angefangen hat es mit den nicht selbst bestimmten Abschieden. [2][Franz
Beckenbauer] wurde monatelang gehuldigt. Ende April, beim
Champions-League-Halbfinale [3][gegen Real Madrid], stand er im eigenen
Stadion noch einmal im Mittelpunkt. „Kaiser Franz“ war rot auf weiß in der
Südkurve zu lesen. Und sein vollständiges Abbild entfaltete sich von den
Rängen unter dem Dach bis ganz nach unten. Emotional erschüttert zeigten
sich unzählige über den Tod von Andy Brehme.
Dann kamen all die selbst bestimmten Abschiede zum Ende der Saison hinzu.
Vereinslegenden wie Marco Reus (Borussia Dortmund), Lars Stindl (Karlsruher
SC) oder Fabian Klos (Arminia Bielefeld) ließen die Ergebnisse am letzten
Spieltag nebensächlich werden angesichts der hundertfachen Erinnerungen
kollektiver Glücksmomente. Der Zeitpunkt des Abgangs war selbst gewählt,
aber freilich wirkte der Zahn der Zeit mit.
Mit Liebe und Trauer geradezu überschüttet wurden aber Jürgen Klopp [4][und
Christian Streich], die im Zustand der Erschöpfung sich für eine
Schaffenspause entschieden haben, dies ihren Vereinen vorzeitig mitteilten
und eine mehrwöchige Abschiedstournee bestritten. Die Fan-Base der beiden
reicht weit über einen Verein hinaus. Geradezu verstört bekannte Streich am
Ende der Saison, er müsse erst seine Mitte wiederfinden. Der Tsunami der
bundesweiten Sympathiebekundungen überforderte ihn sichtlich. Geübter im
Umgang damit wirkte Klopp, der seinen größten Bewunderern bei seinem
letzten Auftritt in Liverpool in seiner gewohnt lässigen Art mit auf den
Weg gab, dass der Verein auch ohne ihn überlebensfähig ist.
## Überbordende Emotionen
Die Relativierung seiner Bedeutung lässt ihn in den Augen vieler nur noch
größer werden. Der Sehnsucht des Fußballs nach Heroen und Überhöhung kann
keiner entkommen, selbst wenn er es wirklich will. Es ist verdammt
schwierig, dieses Becken der überbordenden Emotionen zu verlassen.
Von der schwierigsten Entscheidung seines Lebens sprach Toni Kroos diese
Woche. Er sei „sehr happy“ und „sehr traurig“ zugleich. Der 34-Jährige
beendet seine Karriere auf dem denkbar höchsten Level. Nach zehn Jahren bei
Real Madrid könnte er gegen Borussia Dortmund seinen sechsten
Champions-League-Titel gewinnen. Und im Anschluss soll der Weltmeister von
2014 das DFB-Team bei der Europameisterschaft im eigenen Land zum
größtmöglichen Erfolg führen.
Weil es dem Team an einem Halt fehlt, ließ er sich nach seinem Abschied
2021 zu einem Comeback beim DFB überreden. Es ist eben nicht einfach das
Abschiednehmen. Es werden gewiss viele Tränen um Kroos vergossen werden –
vielleicht auch mit ihm. Und höchstwahrscheinlich wird Kroos sagen, dass er
ohne all die anderen nichts wäre. Fußball ist doch zum Heulen schön.
25 May 2024
## LINKS
[1] /Toni-Kroos-zurueck-im-DFB-Team/!5996389
[2] /Franz-Beckenbauer-ist-tot/!5977391
[3] /Champions-League-Halbfinale/!6005137
[4] /Christian-Streich-hoert-auf/!6006906
## AUTOREN
Johannes Kopp
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