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# taz.de -- Wahlen in Panama: Demokratie in Gefahr
> Am Sonntag wird in Panama gewählt. Skandale prägten den Wahlkampf. Kann
> der neue Präsident Korruption aktiv bekämpfen?
Bild: Wahlkampf nur per Videobotschaft: Panamas Ex-Präsident Ricardo Martinelli
Bogota taz | Drei Millionen Panamaer:innen werden diesen Sonntag für die
Generalwahlen an die Urnen gerufen. Neben dem künftigen Präsidenten wählen
sie den Vizepräsidenten, die Abgeordneten der Nationalversammlung, die
Bürgermeister:innen, Stadträte, Regionsvertreter:innen und die
panamaischen Abgeordneten für das Zentralamerikanische Parlament
(Parlacen). Die Panamaer:innen haben einen aggressiven Wahlkampf voller
Skandale hinter sich. Die Stimmung bei den Wähler:innen ist laut
Analysen apathisch. Über 20 Prozent sind laut Umfragen unentschlossen.
Das Land erlebt gerade die größte Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten und
braucht Veränderungen. Doch zur Wahl stehen vor allem alte und altbekannte
Männer. [1][Die graue Eminenz ist Ricardo Martinelli.] Der Ex-Präsident
wollte eigentlich selbst antreten, wurde aber wegen Geldwäsche zu zehn
Jahren Haft verurteilt. Vor der Haftstrafe flüchtete Martinelli in die
Botschaft von Nicaragua und macht seitdem von dort aus Wahlkampf für seinen
Favoriten: José Raúl Mulino. Die Umfragen führt der Kandidat seiner
konservativen Partei Realizando Metas und mehrfache Ex-Minister mit rund 30
Prozent der Stimmen an. Die Umfragen gelten aber als unzuverlässig.
Mulino gilt für viele als die sichere Option, weil er Regierungserfahrung
hat, Proteste unterdrückt und als der wirtschaftsfreundlichste Kandidat
gilt. Sein Wahlslogan: „Mulino ist Martinelli“. Die Frage ist, ob er die
Politik seines Ziehvaters weiterführen würde, der von den USA verurteilt
wurde und ausgeliefert werden sollte. Die haben sowieso ein Auge auf
Panama. In dem kleinen Land endet die wichtigste und gefährlichste
Migrationsroute aus Südamerika: [2][der Darien Gap.]
## Kampf gegen Korruption ist Topthema
Außerdem ist unklar, ob die Wähler:innen, die Korruption als wichtigstes
Thema nennen, sich am Ende für Martinellis Zögling entscheiden. Der ist
zwar mit wirtschaftlicher Blüte verbunden – aber auch mit Korruption.
Allerdings wackelt Mulinos Kandidatur. Das Wahlgericht hatte ihm diese
erlaubt, obwohl er sich nicht parteiinternen Vorwahlen gestellt hatte. Das
oberste Gericht könnte dieses Urteil noch in letzter Minute außer Kraft
setzen und ihm die Kandidatur verbieten. Zu Redaktionsschluss tagte es
noch.
Panama ist in Zentralamerika neben Belize die Ausnahme: Es gibt nur eine
Wahlrunde, die einfache Mehrheit gewinnt. Unter den aussichtsreichsten
Kandidaten ist Martinellis Vorgänger Martín Torrijos (2004–2009) vom
Partido Popular und der parteilose Anwalt Ricardo Lombana. Er verkauft sich
als Außenseiter, der nichts mit der traditionellen, korrupten politischen
und ökonomischen Klasse zu tun habe. In den Umfragen steht er auf Platz 2.
Zudem noch der ehemalige Außenminister Rómulo Roux (Cambio Democrático).
Die Bürger:innen treibt die Korruption um, sowie hohe
Lebenshaltungskosten. In Panama, einst Lateinamerikas Vorzeigewirtschaft,
wird der künftige Präsident die größte Wirtschaftskrise in Jahrzehnten
erben. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts soll um fünf Prozent
einbrechen. Das hat vor allem mit der Schließung der größten
Kupfer-Tagebergbau Zentralamerikas zu tun.
2023 hatten über Monate [3][Massenproteste gegen die Mine] das Land
gelähmt. Auch die Bauarbeiten am Panamakanal stocken, um den immer
krasseren Dürren begegnen zu können. Diese hatten zuletzt immer wieder für
Stau auf diesem zentralen globalen Handelsweg gesorgt. Die Frage ist, wie
die künftige Regierung sich diesen Herausforderungen stellt. Im Wahlkampf
scheuten die Kandidaten sich, konkrete Vorschläge zu machen.
Anmerkung der Redaktion, 3. Mai 2024, 19:08 Uhr: Das Oberste Gericht
beschloss, dass die Kandidatur des Umfrage-Favoriten Mulino [4][nicht
verfassungswidrig] ist.
3 May 2024
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Panama/!5043003
[2] /Flucht-in-die-USA/!5978722
[3] /Kupferabbau-in-Panama/!5972049
[4] https://twitter.com/OJudicialPanama/status/1786342594089291783
## AUTOREN
Katharina Wojczenko
## TAGS
Panama
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Schwerpunkt Korruption
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