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# taz.de -- Nach Irans Angriff auf Israel: Ruhe nach dem Sturm
> Fünf Tage nach dem Angriff hat Israel Ziele im Iran bombardiert. Teheran
> erwägt wohl keinen Gegenschlag. Ist ein offener Krieg damit abgewendet?
Bild: Rund die Hälfte der Israelis wünschen sich ein Ende der Angriffe und Ge…
Große Kriege wurden schon wegen weniger begonnen: 170 Drohnen, mehr als 120
ballistische Raketen und mehr als 30 Marschflugkörper [1][feuerte Teheran
vor knapp einer Woche direkt auf das israelische Staatsgebiet] ab. 60
Tonnen Sprengstoff sollen sie laut dem israelischen Militär transportiert
haben. Auch wenn fast alle abgefangen wurden, hätte dieser Angriff der
Funke sein können, der das Pulverfass Naher Osten zur Explosion bringt.
Dann aber geschah knapp eine Woche lang nichts.
In der Nacht auf Freitag hat es nun eine oder mehrere Explosionen in der
zentraliranischen Provinz Isfahan gegeben. Laut mehreren US-Medien soll es
sich um einen israelischen Angriff handeln. Die New York Times beruft sich
auf iranische und israelische Regierungsmitarbeiter. Die israelische
Regierung sowie die Armee äußerten sich zunächst offiziell nicht. Die
staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna wies zurück, dass es sich um
eine Attacke aus dem Ausland gehandelt habe.
Laut iranischen Staatsmedien seien mehrere kleine Flugobjekte über der
Provinz Isfahan beschossen worden. Diese starteten demnach im Inland. Nahe
der gleichnamigen Millionenstadt Isfahan im Zentrum des Landes befindet
sich wichtige Rüstungsindustrie sowie das größte nukleare Forschungszentrum
des Landes. Die Internationale Atomenergiebehörde gab am Freitagmorgen
Entwarnung: Es seien keine iranischen Atomanlagen beschädigt worden.
Die zurückhaltenden Äußerungen auf beiden Seiten wecken die Hoffnung, dass
die Eskalationsspirale damit fürs Erste unterbrochen sein könnte. Teheran
wolle trotz vorheriger Drohungen gegen Israel nicht direkt mit einem
Vergeltungsschlag antworten, meldete die Nachrichtenagentur Reuters.
## Gespaltene Meinung
Fünf Tage lang hatte die israelische Regierung zuvor eine Antwort auf den
iranischen Angriff abgewogen. Oberflächlich ist Israel nach dem Schock in
der Nacht auf Sonntag schnell zur Normalität zurückgekehrt. In Jerusalem
und Tel Aviv sind Cafés geöffnet und die Strände gut besucht. Einer Umfrage
zufolge gingen die Meinungen zur richtigen Reaktion unter Israelis
auseinander.
48 Prozent befürworteten eine Reaktion, trotz der Sorge vor einer weiteren
Eskalation. 52 Prozent wollten, dass ihr Land auf einen Gegenschlag
verzichtet, und wünschten sich ein Ende der Angriffe und Gegenangriffe. Für
einen militärischen Schlag, der zu einem größeren Krieg führen könnte,
waren immerhin 28 Prozent der befragten Israelis.
Für Unsicherheit sorgte auch, dass sich der israelische Sicherheitsapparat
aus Armee und Geheimdiensten [2][bei einem Angriff auf die iranische
Botschaft] am 1. April offensichtlich verkalkuliert hat. Bei dem Israel
zugeschriebenen Luftschlag wurden zwei führende Generäle der iranischen
Revolutionsgarden getötet. „Es ist nicht zu übersehen, dass sie die
iranische Reaktion nicht kommen sahen“, schreibt der Haaretz-Journalist
Amos Harel.
Seit der Islamischen Revolution 1979 droht die Islamische Republik dem
jüdischen Staat zwar mit der Vernichtung, direkt angegriffen hat sie jedoch
noch nie. Doch statt weiter bei der „strategischen Geduld“ zu bleiben,
entschied sich Teheran diesmal zu einem historischen Strategiewechsel.
## Die Logik der Eskalation
Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian warnte Israel am Donnerstag
vor einem Militärschlag. „Für den Fall, dass das israelische Regime erneut
zum Abenteurertum übergeht und gegen die Interessen des Irans vorgeht, wird
unsere Reaktion sofort und auf höchstem Niveau erfolgen“, sagte er CNN.
In den vergangenen Tagen wurde über mögliche Optionen Israels für einen
Gegenangriff spekuliert. Sie reichten von einem unwahrscheinlichen und
riskanten Schlag gegen das iranische Atomprogramm über Angriffe auf
prorussische Milizen im Libanon und in Syrien bis zu Cyberattacken oder
Geheimdienstoperationen. Diplomatisch ist die israelische Reaktion bereits
seit Tagen im Gange. Außenminister Israel Katz drängt auf eine Einstufung
der Islamischen Revolutionsgarde als Terrororganisation in der EU. Die USA
und Großbritannien haben bereits neue Sanktionen angekündigt, weitere
Länder könnten sich bald anschließen.
Ob der mutmaßliche militärische Rückschlag Israels vorerst der letzte
bleiben wird, ist unklar. Die Logik der Eskalation ist schwer zu
kalkulieren. Sowohl die derzeitige israelische als auch die iranische
Führung gehen davon aus, ihre Sicherheit und ihre Interessen in der Region
vor allem durch militärische Abschreckung verteidigen zu müssen.
Es bleibt zu hoffen, dass die israelische Rechnung eines begrenzten
Angriffs, womit beide Seiten auf weitere Aggressionen verzichten könnten,
diesmal aufgeht.
19 Apr 2024
## LINKS
[1] /Irans-Attacke-auf-Israel/!6004249
[2] /Angriff-auf-iranische-Botschaft/!5999066
## AUTOREN
Felix Wellisch
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
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Naher Osten
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