# taz.de -- Versicherung gegen Extremwetter: Welche Häuser sind gefährdet? | |
> Ein Naturgefahrenportal soll Gebäude vor Klimaschäden bewahren. Was in | |
> Österreich längst funktioniert, soll nun auch in Deutschland kommen. | |
Bild: Zerstörtes Haus nach der Flutkatastrophe im Ahrtal | |
BERLIN taz | Grüne Weinberge an einem türkis schimmernden Fluss, | |
eingebettet in einem österreichischen Bergtal: So schön kann ein | |
Naturgefahrenportal sein. Thomas Hlatky führt durch das österreichische | |
Portal Hora, das aussieht wie ein Videospiel: „Für jeden geographischen | |
Punkt in Österreich kann eine individuelle Risikoeinschätzung vorgenommen | |
werden“, sagt Hora-Projektleiter Hlatky, der auch Leiter Rückversicherung | |
bei der Grazer Wechselseitigen Versicherung AG ist. | |
Anlass der Präsentation: Der Bundesrat hat am Freitag in Berlin die | |
Einführung eines zentralen Naturgefahrenportals beschlossen. Dazu wurde ein | |
Gesetz verabschiedet, das den Deutschen Wetterdienst damit beauftragt. Der | |
Gesamtverband der Versicherer (GDV) fordert eine rasche und | |
nutzerfreundliche Umsetzung dieses Portals – nach österreichischem Vorbild. | |
Doch warum interessiert sich der GDV überhaupt dafür? | |
Ein solches Naturgefahrenportal zur Prävention von [1][Klimaschäden an | |
Gebäuden] auch für Deutschland sei wichtig, findet der Lobbyverband GDV. | |
„Für eine rasche Einrichtung des Online-Portals sollten die verfügbaren | |
Daten aus Bund und Ländern möglichst zügig gebündelt und nutzerfreundlich | |
aufbereitet werden“, sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende | |
Hauptgeschäftsführerin des GDV zur taz. | |
Allein die Flutschäden im Juli 2021 [2][haben Deutschland rund 40,5 | |
Milliarden Euro gekostet] – nur bis zu 8,5 Milliarden Euro seien aber von | |
Versicherungen übernommen worden. Bund und Länder haben dagegen 30 | |
Milliarden Euro beigesteuert. | |
## Obligatorische Elementarschadenversicherung? | |
Drei Jahre nach der Ahrtal-Katastrophe betont der Verband wieder mal seine | |
Position in der Debatte um die Elementarversicherungspflicht. Damit nicht | |
die Allgemeinheit für die Immobilienschäden aufkommen muss, sollten alle | |
Eigentümer eine Versicherung abschließen müssen. Das fordern alle | |
Bundesländer, auch der Kanzler hatte sich dafür ausgesprochen. Das wollen | |
die Versicherer und CDU/CSU sowie FDP jedoch nicht. Doch warum sind sie | |
dagegen? | |
Man könnte meinen, dass eine Versicherungspflicht automatisch mehr Geld in | |
ihre Kassen spülen würde. „Eine Pflichtversicherung löst kein einziges | |
Problem“, betont jedoch GDV-Lobbyistin Käfer-Rohrbach, „damit verlagert man | |
den Klimawandel in den Geldbeutel der Hauseigentümer:innen und der | |
Versicherungswirtschaft“. Denn die Preise dürften gemäß Käfer-Rohrbach | |
explodieren. Stattdessen bräuchten Versicherungen Rechtssicherheit, die | |
Hauseigentümer:innen müssten auf die Gefahren sensibilisiert werden. | |
Darum brauche es mehr Prävention. | |
Es bleibe zudem das Problem, dass nicht einmal die Hälfte aller Gebäude | |
gegen Wetterextreme wie Überschwemmungen versichert seien, betont Reimund | |
Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Er kritisiert den GDV: | |
„Alle Versuche, mehr Leute zum Abschluss einer Elementarschadenversicherung | |
zu bringen, sind gescheitert, darum brauchen wir eine Pflicht.“ Auch eine | |
große Kampagne habe keine Wirkung gezeigt. „Das Geschäft mit | |
Gebäudeversicherungen ist nicht die Cashcow der Versicherer“, so Schwarze | |
weiter. Außerdem wollten die Versicherungen nicht alle Gebäude | |
kontrollieren müssen. | |
Rund um die [3][Debatte um eine obligatorische | |
Elementarschadenversicherung] hat die Unionsfraktion im Bundestag kürzlich | |
den Vorschlag unterbreitet, wonach Wohngebäudeversicherungen nur zusammen | |
mit einer Elementarschadenabsicherung angeboten werden sollen. | |
Nach einer Aufklärung über die Konsequenzen soll es aber möglich sein, die | |
Elementarschadenversicherung abzuwählen – also eine Art | |
„Widerspruchslösung“. Doch Schwarze befürchtet, dass das auch nicht zu me… | |
Versicherungsabschlüssen führen dürfte. Allerdings findet der Experte auch, | |
dass es mehr Prävention braucht, darum unterstütze er die Forderung des GDV | |
nach einem gut funktionierendem Naturgefahrenportal. | |
## Wie viele Sandsäcke braucht es? | |
Das österreichische Portal Hora scheint in der Tat gut zu funktionieren. | |
Gefährdete Häuser sind in der Visualisierung rot eingefärbt. So können die | |
Eigentümer:innen die Gefahren besser einschätzen und entsprechend | |
handeln. „Wie groß das Interesse an Informationen zu Naturgefahren ist, | |
zeigen die Aufrufzahlen von Hora von mehreren Millionen im Jahr“, sagt | |
Hlatky. Ergänzt wird das Angebot durch umfassende Informationen zu | |
Präventionsmaßnahmen: „Man kann auch nachschauen, wie viele Sandsäcke man | |
braucht oder wie hoch eine Schutzmauer sein sollte, um sich vor Hochwasser | |
zu schützen“, schwärmt Hlatky. | |
In Deutschland ist die Auffindbarkeit und Verständlichkeit solcher Geodaten | |
aus Sicht der Versicherungswirtschaft derzeit unzureichend. Tatsächlich | |
sind die verfügbaren Online-Portale oft unübersichtlich und scheinen sich | |
eher an ein Fachpublikum zu richten. Naturgefahren müssen leicht | |
verständlich und intuitiv zu finden sein, damit Nutzer schnell ihre | |
individuelle Gefährdung durch Naturgefahren ermitteln können“, so | |
Käfer-Rohrbach. | |
Unverzichtbar seien dafür Karten, die für verschiedene Naturgefahren die | |
Gefährdungslage adressgenau darstellen. Daher sollte das neue | |
Naturgefahrenportal des Deutschen Wetterdienstes nach Ansicht der | |
Versicherer über die reine Risikoeinschätzung hinaus vor allem umfassende | |
Informationen zum Schutz vor Extremwetter zur Verfügung stellen. | |
23 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Finanzierung-von-Klimaschaeden/!5982359 | |
[2] https://www.prognos.com/sites/default/files/2022-07/Prognos_Klimawandelfolg… | |
[3] /Schutz-vor-Extremwetter/!5988066 | |
## AUTOREN | |
Carlo Mariani | |
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