# taz.de -- Verbot der kurdischen Guerillagruppe: Irak macht mit der PKK Schluss | |
> Lang tolerierte Irak die kurdische Guerillagruppe auf ihrem Boden. Nun | |
> gilt sie als Terrororganisation – in Hoffnung auf bessere Beziehungen zur | |
> Türkei. | |
Bild: PKK-Basis in den Bergen von Kandil auf irakischem Territorium, Archivbild… | |
ISTANBUL taz | Irak will nicht länger Rückzugsgebiet der kurdischen | |
PKK-Guerilla aus der Türkei sein. Bei einem Besuch des türkischen | |
Außenministers Hakan Fidan in der Hauptstadt Bagdad stimmte Iraks | |
Zentralregierung zu, die PKK im Irak zu verbieten. Die Organisation, die in | |
der Türkei, aber auch in der EU und den USA als „Terrororganisation“ | |
verboten ist, soll nun auch dort bekämpft werden. | |
Für die Türkei ist diese Vereinbarung, die am Wochenende veröffentlicht | |
wurde, ein Durchbruch, den sie seit Jahren anstrebte. Die PKK – die den | |
türkischen Staat seit 1984 mit Waffengewalt bekämpft – war nach dem | |
Militärputsch 1980 in der Türkei massiv verfolgt worden. Sie fand Zuflucht | |
in Syrien, von wo aus sie in der [1][Türkei] Attentate durchführte. Nachdem | |
die türkische Armee Syrien 1998 mit einem Einmarsch gedroht hatte, wurde | |
PKK-Führer Abdullah Öcalan aus Syrien ausgewiesen und später vom türkischen | |
Geheimdienst in Kenia geschnappt. | |
Die anderen Kader der Organisation verließen nach und nach Syrien und | |
gründeten ihr neues Hauptquartier im Nordirak, wo nach dem US-Einmarsch im | |
Irak 2003 die Autonome Region Kurdistan entstand. Die PKK wurde dort | |
zunächst von den irakischen Kurden unterstützt, doch im Laufe der Jahre | |
häuften sich die Konflikte. Das führte zuletzt dazu, dass die kurdische | |
Regionalregierung Angriffe der türkischen Armee auf die PKK in ihrem | |
Territorium duldete. | |
Dass jetzt auch die irakische Zentralregierung in Bagdad die PKK als eine | |
den Irak gefährdende Terrororganisation einstuft, hat Folgen: Die Türkei | |
wird mit Unterstützung der irakischen Armee – oder zumindest mit deren | |
wohlwollender Duldung – noch massiver als bislang gegen die PKK vorgehen. | |
[2][Im letzten Jahr gab es wechselseitige Angriffe] der türkischen Armee im | |
Nordirak und der PKK auf Stellungen der türkischen Armee auf irakischer | |
Seite der Grenze. Dagegen will die Türkei nun mit einer groß angelegten | |
Militäroperation vorgehen. | |
## Nur nach Nordostsyrien könnte die PKK noch ausweichen | |
Dafür braucht sie die Unterstützung sowohl der Autonomieregierung der | |
Kurden als auch der Zentralregierung in Bagdad. Bis zum Sommer – so hat es | |
Präsident Recep Tayyip Erdoğan bereits angekündigt – soll das PKK-Problem | |
im Irak gelöst sein. Er will dafür noch im April persönlich nach Bagdad | |
reisen. | |
Vielleicht bleibt ein türkischer Großangriff dennoch aus. Gerüchte in | |
kurdischen Kreisen in der Türkei besagen, es könnte vorher noch zu einem | |
neuen Anlauf kommen, die PKK-Frage auf politischem Weg beizulegen. Wie vor | |
zehn Jahren schon mal, könnte es Gespräche geben mit dem Ziel, dass die PKK | |
ihre Waffen niederlegt. | |
Macht Bagdad Ernst, wird die Situation der PKK im Irak prekär. Die | |
Organisation hätte dann nur noch die Möglichkeit, in den Nordosten Syriens | |
auszuweichen. Aus Sicht der türkischen Regierung ist die kurdische | |
Selbstverwaltung in Syrien, die dort zusammen mit den USA die Terrorgruppe | |
„Islamischer Staat“ bekämpft hat, sowieso ein Ableger der PKK. | |
Der Irak erhofft sich derweil von einer Wiederbelebung und Normalisierung | |
der Beziehungen zur Türkei vor allem ökonomische Vorteile. Die Türkei | |
bietet sich als Transitland für Öl und Gas an. Und Bagdad hofft, endlich | |
eine Vereinbarung über die Nutzung des Wassers von Euphrat und Tigris | |
abschließen zu können. Auf das [3][Wasser der Flüsse sind Millionen Iraker | |
angewiesen]. Doch sie haben ihren Oberlauf in der Türkei und werden durch | |
[4][Staudämme] reguliert. Die Türkei hat nun Gespräche in Aussicht | |
gestellt, bei denen eine garantierte Durchflussmenge festgelegt werden | |
soll. | |
20 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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