# taz.de -- Zeit-Stiftung stiftet Unfrieden: Law School essen Park auf | |
> Hamburgs zentraler Park Planten un Blomen wird bedrängt: Die private | |
> Bucerius Law School will direkt an seiner Grenze Erweiterungsbauten | |
> errichten. | |
Bild: Rückt noch näher heran: die Bucerius Law School hinter den Schaugewäch… | |
HAMBURG taz | An Planten un Blomen kommt man in Hamburg nur schwer vorbei, | |
denn der Park mit seinem terrassenförmigen Aufbau [1][liegt mitten in der | |
Stadt]. Gleich hinter dem Bahnhof Dammtor geht es los, die historische | |
Anlage zieht sich dann über mehr als zwei Kilometer bis nach St. Pauli | |
hoch, bis kurz vor die Reeperbahn. | |
Planten un Blomen ist der Ort in Hamburg, wo im Frühjahr die ersten | |
Sträucher blühen. Ganz unten, am See, wachsen seltene Trauerweiden, denen | |
man nicht ansieht, wie selten sie sind, und oben rechts stehen die | |
[2][Schaugewächshäuser] mit ihrer Stahlkonstruktion von 1963, als in | |
Hamburg Bundesgartenschau war. Über ihnen ist nur noch der Himmel zu sehen, | |
und, weiter zur Seite, das CCH-Hochhaus, 32 Stockwerke hoch, aus den | |
70er-Jahren, aber das ist weit genug weg. | |
Näher, viel näher dran an diesem ältesten Teil des denkmalgeschützten Parks | |
steht die [3][Bucerius Law School], benannt nach Gerd Bucerius, dem | |
Verleger der Zeit, und seiner Frau Ebelin, deren Foto am Dienstag auf der | |
Leinwand eines fast voll besetzten Hörsaals in einem Museum am Parkrand zu | |
sehen war. | |
„Wachsende Stadt – schrumpfender Park“ war die Veranstaltung überschrieb… | |
denn die Law School gedeiht, vor allem aber wächst sie. Längst reichen die | |
Gebäude des alten Botanischen Instituts nicht mehr aus, ein runder Turm für | |
die Hörsäle ist dazugekommen, außerdem ein glänzender Erweiterungsbau | |
namens „Deutsche Bank Hall“ direkt zu den Schaugewächshäusern hin. Nun | |
sollen [4][zwei weitere Gebäude entstehen], eins außen rechts, eins außen | |
links, prominent an der Kante zum Park. | |
Der Vertreter der Zeit-Stiftung gab sich Mühe, seine Institution im besten | |
Licht zu zeigen. Seht, wie viel Gutes diese Stiftung für die Stadt tut! Und | |
ja, wer wollte das bezweifeln? Dennoch erhob sich in den hinteren Reihen | |
des Hörsaals ein Murren, die Freunde des Botanischen Gartens, mehrheitlich | |
graues bis weißes Haupthaar, waren an diesem Abend klar in der Überzahl. | |
## Unruhe im Hörsaal | |
„Was tut das zur Sache?“, rief einer, als die Lobpreisungen der Stiftung | |
kein Ende nahmen, Unruhe kam auf. Schließlich stand eine Dame in den | |
vorderen Reihen auf, nahe an dem Block, in dem die Vertreter der Law School | |
saßen. „Entschuldigung, das stört mich, ich möchte hier zuhören!“ | |
Beeinträchtigen die Neubauten den Park oder nicht? Die Antwort hängt von | |
der Perspektive ab. Die Visualisierungen, die der Stadtplaner des | |
Bezirksamts Mitte vorlegte, sahen alles andere als schlimm aus. Gut, das | |
Gebäude hinter den Schaugewächshäusern würde die Silhouette verändern, aber | |
es wirkte doch nicht wie ein Fremdkörper. | |
Warum aber waren die Umrisse dann so licht und verschwommen gezeichnet, als | |
lägen sie im Nebel? Das hatte der Gartenhistoriker Joachim Schnitter, der | |
das Einführungsreferat hielt, gefragt. Er äußerte den Verdacht, das | |
Bauvorhaben sei auf höchster Ebene – Bürgermeister und Zeit-Stiftung – | |
schon vor Jahren entschieden worden, die Behörden hätten seitdem nur noch | |
ausführen dürfen. Ein Vorwurf, den der Vertreter des Bezirksamts Mitte | |
zurückwies: Das Bauvolumen sei ja sogar reduziert worden! Um zwölf Prozent! | |
Vielleicht aber ist es noch immer zu viel? Zu groß? Zu mächtig? Die Fragen | |
kommen immer wieder. Kann man denn an den Plänen gar nichts mehr ändern? | |
Der Mann vom Bezirksamt blickte auf die Vertreter der Law School. Also bei | |
aller Liebe, sagten die, die Schmerzgrenze sei erreicht, weniger gehe | |
wirklich nicht. | |
Wie das, was dort oben am Parkrand entsteht, einmal wirken wird, hängt vom | |
Standort des Betrachtenden ab. Vom Park aus gesehen versperrt der runde | |
Turm des glasumhüllten Auditoriums den Blick auf das alte Botanische | |
Institut dahinter. Auf dem Campus stehend ändert sich dieser Eindruck. | |
Plötzlich fällt auf, wie das Auditorium mit dem von unten nicht sichtbaren | |
Eckbau des Instituts und seiner runden Kuppel korrespondiert. | |
## Von innen aus betrachtet | |
Vielleicht wird es auch mit den neuen Bauten so sein: Von innen aus | |
betrachtet, vom Campusgelände, ergeben sie durchaus Sinn. | |
Doch die Bucerius Law School ist eine private Hochschule. Der Park dagegen | |
ist für alle da. | |
„Wir wissen, was Sie alles für die Stadt tun“, sagte am Ende des Abends der | |
ehemalige Hamburger Umweltsenator und jetzige Vorsitzende des | |
[5][Freundeskreises des Botanischen Gartens], Jörg Kuhbier, in Richtung | |
Zeit-Stiftung. „Das heißt aber nicht, dass Sie alles dürfen!“ | |
Vielleicht fast alles? | |
14 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Rundgang-im-Hamburger-Park/!5129356 | |
[2] /Sanierung-Hamburger-Schaugewaechshaeuser/!5953354 | |
[3] /Uebungsaufgaben-im-Jurastudium/!5868000 | |
[4] https://www.law-school.de/erweiterung | |
[5] https://plantenunblomen.hamburg.de/park-service/foerderverein-artikel-565830 | |
## AUTOREN | |
Daniel Wiese | |
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