# taz.de -- Humanitäre Versorgung im Gazastreifen: Erste Hilfe übers Meer | |
> Zum ersten Mal seit 2005 ist ein Schiff mit Hilfsgütern Richtung Gaza | |
> abgelegt. Ein Seekorridor soll weitere Hilfslieferungen ermöglichen. | |
Bild: Das Schiff (l) der Hilfsorganisation Open Arms mit rund 200 Tonnen Reis u… | |
BERLIN taz | Nach einigen Tagen Verzögerung ist das Schiff „Open Arms“ am | |
Dienstag von Zypern aus in die See gestochen. Auf dem umgebauten Schlepper | |
sind 200 Tonnen Nahrungsmittel, Trinkwasser und Medikamente verstaut. Wenn | |
alles glatt läuft, soll das Schiff in zwei bis drei Tagen im Gazastreifen | |
ankommen. Wo genau, das wollen die Organisator*innen aus | |
Sicherheitsgründen nicht sagen. Es wäre die erste Hilfslieferung per | |
Seeweg. | |
Laut der [1][israelischen Internetzeitung Times of Israel] soll es irgendwo | |
im Norden des Küstenstreifens einlaufen, an einer Anlegestelle – errichtet | |
aus Trümmern zerstörter Gebäude. Die Nichtregierungsorganisationen [2][Open | |
Arms], die mit ihrem gleichnamigen Schiff eigentlich Seenotrettung im | |
Mittelmeer betreibt, und [3][World Central Kitchen] und sind an der | |
Organisation des Hilfstransports beteiligt. Die Hilfsgüter sollen von der | |
NGO World Central Kitchen verteilt werden. | |
Das Schiff „Open Arms“ soll nur das erste sein, das ablegt, um die | |
Bevölkerung des Gazastreifens mit dem Notwendigsten zu versorgen und die | |
katastrophale Versorgungslage zu verbessern. In einer gemeinsamen | |
Anstrengung wollen NGOs, die EU, die USA, die Vereinigten Arabischen | |
Emirate und andere Länder einen Seekorridor etablieren. | |
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach am Dienstag vor dem | |
Europäischen Parlament von einem „Zeichen der Hoffnung“. Es sei, so von der | |
Leyen, das erste Mal seit 2005, dass ein Schiff Hilfe nach Gaza liefern | |
dürfe. Solange es keinen Hafen gebe, in den große Schiffe einlaufen | |
könnten, würden kleinere Schiffe – wie die „Open Arms“ – eingesetzt. … | |
USA planen, eine schwimmende Anlegestelle vor Gaza zu errichten, an der | |
auch große Schiffe festmachen können. Medienberichten zufolge sind erste | |
Lieferungen mit dazu benötigter Ausrüstung derzeit auf dem Seeweg von den | |
USA nach Gaza unterwegs. 1.000 US-amerikanische Soldat*innen sollen in | |
den nächsten Wochen an der Anlegestelle arbeiten. | |
Israel weist Kritik zurück | |
Der israelische Verteidigungsminister Yoaw Gallant sprach sich am Sonntag | |
für den Plan aus. Die Initiative, so Gallant, sei „darauf ausgerichtet, die | |
Hilfe direkt zu den Bewohnern zu bringen und so den Zusammenbruch der | |
Hamas-Herrschaft im Gazastreifen fortzusetzen“. Der effektivste Weg, den | |
Gazastreifen mit Hilfsgütern zu versorgen, wäre jedoch immer noch der | |
Landweg. Israel wehrt sich gegen die Kritik, dass es keine humanitäre Hilfe | |
zulasse. Seit Kriegsbeginn seien mehr als 16.000 Lastwagen in den | |
Gazastreifen gefahren und nur 1,5 Prozent nicht zugelassen worden, so die | |
für Kontakte mit den Palästinensern und humanitäre Hilfe zuständige | |
israelische Behörde Cogat auf X. | |
[4][Doch Berichte von Ocha], dem Amt der Vereinten Nationen, das für die | |
Koordination humanitärer Hilfe zuständig ist, zeichnen ein anderes Bild. | |
Laut Ocha konnten im Februar lediglich 6 der 24 geplanten Hilfskonvois der | |
Vereinten Nationen und ihrer Partnerorganisationen in den Norden des | |
Gazastreifens gelangen. Im Januar waren es 9 Konvois. Der Rückgang der | |
ermöglichten Hilfslieferungen sei laut Ocha in erster Linie auf eine | |
Einsatzpause zurückzuführen. Diese wurde eingelegt, nachdem ein | |
Nahrungsmittelkonvoi am 5. Februar von israelischem Feuer getroffen worden | |
war, während er an einem Checkpoint wartete. Im Bericht ist des Weiteren | |
von Einschüchterungsversuchen und Schikanen gegenüber UN-Mitarbeiter*innen | |
die Rede. | |
In den letzten Tagen werfen die USA vermehrt Hilfslieferungen aus der Luft | |
ab. Dass dies Gefahren birgt, wurde am Freitag deutlich, als fünf Menschen | |
von einem Paket erschlagen wurden, dessen Fallschirm nicht aufgegangen war. | |
Außerdem gilt der Luftweg als vergleichsweise ineffizient: Während mit | |
einem Lastwagenkonvoi rund 200 Tonnen Hilfsgüter geliefert werden können, | |
sind es pro Luftabwurf lediglich 6 Tonnen. Nach fünf Monaten Krieg ist die | |
humanitäre Lage in dem Palästinensergebiet katastrophal. Laut dem | |
UN-Welternährungsprogramm (WFP) befinden sich die dort lebenden 2,4 | |
Millionen Menschen am Rande einer Hungersnot. | |
12 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.timesofisrael.com/first-ship-carrying-humanitarian-aid-for-gaza… | |
[2] https://www.openarms.es/en | |
[3] https://wck.org/ | |
[4] https://www.ochaopt.org/ | |
## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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