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# taz.de -- Versorgung Gazas aus der Luft: Kläglicher Offenbarungseid
> Es müsste nicht nötig sein, Lebensmittel für Gaza aus der Luft
> abzuwerfen. Dass es so ist, verdeutlicht Israels Scheitern.
Bild: Ein freudiger Anblick, leider: Hilfslieferungen segeln auf den Gazastreif…
Essenspakete per Fallschirm – die neueste Variante der humanitären Hilfe
für Gaza offenbart ein Scheitern. Hilfsgüter aus der Luft sind die teuerste
und ineffizienteste Form: Man kann nicht kontrollieren, ob und wo die Güter
landen, wer sie entgegennimmt und was mit ihnen geschieht.
Normalerweise macht man so etwas nur, wo Menschen von der Außenwelt
komplett abgeschnitten sind, etwa unter Belagerung oder wegen einer
Naturkatastrophe. Nichts davon ist in Gaza der Fall. Der Norden des
Gazastreifens steht unter Kontrolle der israelischen Armee. Nur wenige
Kilometer entfernt, auf israelischem Staatsgebiet, gibt es alle Güter des
Überlebens in Hülle und Fülle.
Dass nun Drittländer dort Nahrung aus der Luft abwerfen, hat ausschließlich
einen politischen Grund: Israel riegelt ein israelisch kontrolliertes
Gebiet samt seiner Bevölkerung komplett von jeder Versorgung ab. Die
Grenzübergänge aus Israel in den nördlichen Gazastreifen sind dicht. Der
Seeweg ist gesperrt.
Die humanitäre Hilfe aus Ägypten ist ein bürokratischer Hürdenlauf: Güter
werden erst quer durch die gesamte Sinai-Halbinsel gefahren, dann an einem
ägyptisch-israelischen Grenzübergang kontrolliert, dann nach Rafah
gebracht, im Niemandsland an der Grenze abgeladen, von palästinensischen
Fahrern wieder aufgeladen und dann ohne jeden Schutz weitertransportiert.
Schon unmittelbar hinter der Grenze im südlichen Gazastreifen [1][ist die
Not so immens], dass die weiter entfernten Gebiete im nördlichen
Gazastreifen nur selten erreicht werden.
Kein Wunder, dass fast nichts durchkommt, während sich auf der ägyptischen
Seite der Grenze die Lastwagen zu Hunderten stauen. Und viele medizinische
Güter oder auch Mittel zur Trinkwasseraufbereitung werden von Israel gar
nicht durchgelassen. Was durchkommt, genügt nicht ansatzweise für zwei
Millionen Menschen ohne Wasser und Strom, ohne Essen und Trinken, ohne
Medikamente und Sicherheit in Trümmerbergen voller Leichen oder Zeltlagern,
wo das Recht des Stärkeren herrscht. Massenaufläufe traumatisierter und
verzweifelter Menschen, sobald ein Transport am Horizont auftaucht, sind
wenig verwunderlich. Und dann [2][eröffnet Israels Armee auf solche
Menschen auch noch das Feuer.]
Vier Monate nachdem Israel in den Gazastreifen einmarschiert war, ist
dieser unerträgliche Zustand nicht mit dem völkermörderischen
Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 zu rechtfertigen. Man kann
nicht monatelang zwei Millionen Menschen beherrschen, ihnen alle
Lebensgrundlagen nehmen und zugleich jede Verantwortung für ihr Leben von
sich weisen. Entweder ist das beabsichtigt, dann ist der Völkermordvorwurf
gegen Israel nicht von der Hand zu weisen. Oder es ist nicht beabsichtigt,
dann haben [3][Israel und seine internationalen Verbündeten versagt].
Langfristig braucht der Gazastreifen eine internationale Verwaltung.
Kurzfristig braucht die humanitäre Hilfe internationalen Geleitschutz und
Schutzzonen für die Bevölkerung. Dies wäre eigentlich die Aufgabe der
Vereinten Nationen. Auch dies will Israel nicht und führt gegen
UN-Instanzen eine Kampagne der Verunglimpfung. Vielleicht sollten die
US-Flugzeuge über Gaza nicht nur Fallschirme mit Care-Paketen abwerfen,
sondern US-Fallschirmspringer zur Besetzung des Gebiets und zum Schutz
seiner Menschen. Wenn erst Hunderttausende Palästinenser verhungert sind,
ist es zu spät.
3 Mar 2024
## LINKS
[1] /Katastrophe-in-Gaza-Stadt/!5993293
[2] /Militaereinsatz-in-Gaza-Stadt/!5995530
[3] /Netanjahu-und-die-Zweistaatenloesung/!5993144
## AUTOREN
Dominic Johnson
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