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# taz.de -- Daniela Klette, AirBnB, Berlinale: Viel Blamage auf einmal
> Nicht RAF-Fahndungsdruck, sondern AirBnB bedroht Kreuzberg. Währenddessen
> fällt Claudia Roth mit einer peinlichen Reaktion auf die Berlinale auf.
Bild: Happa Happa! Bedroht Berlin: Gefräßigen Immobilienwirtschaft
Während ich diesen Roten Faden an meinem Berliner Schreibtisch spinne,
bereiten sich die Unterstützer*innen Alexei Nawalnys in Moskau auf
dessen Beisetzung vor. Sie werden seit dem Vortag argwöhnisch von
Polizeikräften kontrolliert, die Putins wichtigsten Widersacher auch noch
im Sarg fürchten. Ich muss an Bertolt Brechts bekannten Ausspruch denken:
„Schreiben Sie, daß ich unbequem war und es auch nach meinem Tod zu bleiben
gedenke. Es gibt auch dann noch gewisse Möglichkeiten.“ Wie wahr!
Bedroht ist, wenn man es ehrlich betrachtet, auch das gerade wieder
beschworene linke Biotop im Berliner Stadtteil Kreuzberg, in dem die
[1][ehemalige RAF-Aktivistin Daniela Klette] lange Jahre unentdeckt leben
konnte. Das „Biotop“ mit Capoeira-Gruppen wurde ihr letztlich zum
Verhängnis: Sie hat ihre Hobbys auf Facebook gepostet und wurde so schon
vor Monaten auf blamable Weise durch einen Podcast identifiziert.
Die Bedrohung des linksalternativen Milieus in Kreuzberg kommt allerdings
nicht von Fahndern der Polizei, sondern von der gefräßigen
Immobilienwirtschaft. Wenn ich Kreuzberg google, zeigt mir das Internet
immer auch Anzeigen der neusten Luxuswohnungsblocks, die in der Nähe zum
Verkauf stehen. Stets sind sie garniert mit Hinweisen auf die bunte und
lebendige Stadtteilkultur der Umgebung – ist so etwas nicht umgekehrte
kulturelle Aneignung?
Die Gentrifizierung Kreuzbergs schreitet ungebremst voran, denn
blamablerweise gelingt es der Politik nicht, die Tricks der Vermieter zu
unterbinden, sei es die mehr als 10.000 AirBnB-Ferienwohnungen wieder
[2][zu bezahlbaren Mietwohnungen zu machen] oder der unregulierten
Vermietung überteuerter möblierter Apartments einen Riegel vorzuschieben.
Die Berliner Politik versagt ebenso bei der Regulierung von
Mietwagenfirmen, die Fahrten per App vermitteln. Etwa 5.000 solcher
Kutschen sind in Berlin unterwegs, davon zwischen 1.000 und 2.000 ohne
Konzession, [3][wie der RBB herausfand]. In Hamburg wurden solche Praktiken
erfolgreich unterbunden.
## Claudia Roth zur Berlinale
Die größte dieser Firmen war auch ein Sponsor der Berlinale und wurde bei
der Eröffnung der Filmfestspiele ebenso beklatscht wie die
leidenschaftliche Rede von Claudia Roth gegen Hass und Krieg. Eher blamabel
war eine gute Woche später ihre Reaktion auf die Kritik an Äußerungen des
palästinensischen Filmemachers Basel Adra und seines israelischen Kollegen
Yuval Abraham. Deren Film „No Other Land“ über ein von Siedlergewalt
bedrohtes palästinensisches Dorf im Westjordanland hatte zwei Preise der
Berlinale gewonnen – und er spricht eigentlich für sich.
Die Gewalt und das Leid nahmen in der jetzigen Form ihren Beginn mit dem
Terrorüberfall der Hamas auf Israel. Aber fünf Monate später leben zwei
Millionen palästinensische Zivilist*innen in der Hölle auf Erden, wie
[4][jüngste Berichte der zuständigen UN-Organisationen belegen]. Unzählige
Bewohner Gazas seien täglich auf der [5][verzweifelten Suche nach Nahrung
und Trinkwasser], berichtet die Washington Post. Das führe zu solchen
Unglücken wie dem Sturm auf einen Hilfstransport, der am Donnerstag mehr
als hundert Menschenleben forderte – zum Teil durch Gewehrkugeln.
Auf andere Weise blamabel ist der Umgang der US-amerikanischen Republikaner
mit der Situation an der Grenze ihres Landes zu Mexiko. Donald Trump, der
weiter von einer Rückkehr ins Weiße Haus träumt, ist entschlossen, die
Einwanderungspolitik zum Wahlkampfthema zu machen und dafür die Lage so
weit wie möglich zu eskalieren. Er will deshalb ein Gesetzespaket mit
drastischen Verschärfungen verhindern, auf das sich der Senat bereits
geeinigt hat.
Auf Trumps Geheiß weigert sich Mike Johnson, der Sprecher des
Repräsentantenhauses, das Gesetz in seiner Kammer zur Abstimmung zu
stellen. Gefährdet ist so auch die Militärhilfe für die Ukraine und Israel.
Am Mittwoch wurde Johnson ins Oval Office zitiert. Er begehe mit seiner
Blockade mutmaßlich einen Fehler mit historischen Konsequenzen, hielt man
ihm in aller Deutlichkeit vor.
2 Mar 2024
## LINKS
[1] /Festnahme-von-Daniela-Klette/!5992289
[2] /Urteil-zu-Ferienwohnungen-in-Berlin/!5990341
[3] https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2024/02/berlin-autos-ohne-konzessio…
[4] https://twitter.com/UNGeneva/status/1763429137631322570
[5] https://www.washingtonpost.com/world/2024/03/01/gaza-humanitarian-catastrop…
## AUTOREN
Stefan Schaaf
## TAGS
Kolumne Der rote Faden
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