# taz.de -- „Polizeiruf“ aus Rostock: Das Konstrukt Familie | |
> Im Rostocker Polizeiruf „Diebe“ dreht sich diesmal alles um Mütter und | |
> Väter – und einen Mordfall in Hamburgs Nobelviertel. | |
Bild: Herausfordernde Mutterschaft als Heroinabhängige. Meira Durand spielt Ma… | |
Für seine Kinder zu sorgen, ist für alle schwer, doch manche haben es | |
schwerer als andere. Mascha Kovicz versucht sich [1][trotz ihrer | |
Heroinabhängigkeit] mit ihrer fünfjährigen Tochter Holli (Mathilda Graf) | |
durch Trickdiebstahl und kleine Einbrüche über Wasser zu halten. Kovicz, | |
die in aller Wucht und Verzweiflung überzeugend von Meira Durand gespielt | |
wird, gibt alles, ihr Leben in einer runtergekommenen, aber liebevoll | |
dekorierten Gartenlaube so gut wie möglich zu gestalten. | |
Das Konstrukt Familie und dessen Sonnen- und Schattenseiten sind dieses Mal | |
das Hauptthema des Rostocker „Polizeirufs“: Trotz der Sucht ist Mascha eine | |
zugewandte Mutter, die sich, so gut es eben geht, um ihre Tochter kümmert; | |
gleichzeitig missbraucht sie das Kind aber als Komplizin für ihre Raubzüge. | |
Bei einem der nächtlichen Einbrüche in einem reicheren Viertel der | |
Hansestadt findet Holli die Leiche einer älteren Dame; die Frau wurde | |
erstickt, das Kissen liegt noch auf ihrem Gesicht. Mascha bescheidet dem | |
ängstlichen Kind recht rational: „Hab keine Angst, die ist schon tot.“ | |
Selbiges stellt auch das später zum Tatort gerufene Team der Polizei fest. | |
Die Frage ist nur: Wie kam Vera Bödecke zu Tode? Denn der Auffindeort sieht | |
beim Eintreffen der Ermittler*innen nämlich aus, als ob sie versucht | |
hätte eine Glühbirne in der Deckenlampe zu wechseln und dabei einen | |
Herzinfarkt oder einen Stromschlag erlitten hat. Das passiert ja schon | |
öfter, dass alte Frauen bei solchen Arbeiten vergessen, den Strom | |
abzustellen, erklärt Kommissar Anton Pöschel (Andreas Guenther) – und weist | |
darauf hin, dass das jetzt aber [2][gar kein Mansplaining] war. | |
Während die Ermittlungen recht zäh anlaufen, muss Kommissarin Katrin König | |
(Anneke Kim Sarnau) sich wohl oder übel mit einer weiteren Baustelle | |
beschäftigen: Ihr tot geglaubter Vater Günther (Wolfgang Michael) ist nach | |
40 Jahren Abwesenheit wieder aufgetaucht und versucht, Vertrauen zu ihr | |
aufzubauen. | |
Jedoch wollen seine Geschichten von der ohne Zweifel schlimmen Zeit im | |
Bautzner DDR-Knast bei König nicht so recht fruchten; ihre Zerrissenheit | |
und die Unbeholfenheit der beiden ist spürbar. Da nützt auch der von | |
Dienststellenleiter Henning Röder (Uwe Preuss) vorgetragene Kalenderspruch | |
„Man hat nur einen Vater“ recht wenig. | |
Bei den weiteren Ermittlungen zum Tod der alten Dame rückt natürlich Mascha | |
als Verdächtige in den Vordergrund, da ihre Fingerabdrücke am Tatort | |
gefunden worden. Die Befragung erweist sich allerdings als schwierig, da | |
König aufgrund ihrer eigenen Vatergeschichte unkonzentriert und wenig | |
empathisch ist; ihre Kollegin Melly Böwe (Lina Beckmann) hingegen | |
verspricht Dinge, die sie nur schwerlich einhalten kann. Denn wie soll sie | |
es möglich machen, das die drogensüchtige Frau ihre vom Jugendamt in Obhut | |
genommene kleine Tochter wiedersehen darf? | |
Weitere Ermittlungsansätze im Bereich von windigen Finanzdienstleistungen | |
werden hingegen vom neuen, auf einer großen Jacht lebenden, Staatsanwalt | |
Benjamin Hinze (Maximilian Dirr) geschickt in Frage gestellt. | |
In diesem „Polizeiruf“ treffen viele interessante, durchgehend schlüssig | |
erzählte Protagonist*innen aufeinander, deren Geschichten | |
unterschiedlicher nicht sein könnten. Vereint sind sie in dem Gedanken, | |
dass sie das Beste für ihre Familie wollen. Ob dies jedoch auch auf Königs | |
Vater Günther zutrifft? | |
25 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Almuth Müller | |
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