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# taz.de -- Neue Staffel „Curb Your Enthusiasm“: Der Misanthrop geht in Ren…
> Endlich gibt's die zwölfte und letzte Staffel „Curb Your Enthusiasm“ von
> und mit Larry David. Der Comedy-Hit aus USA hatte hier nie Erfolg. Warum?
Bild: Larry David (Larry David) und sein Mitbewohner Leon (J. B. Smoove)
„Meine Arbeit hier ist getan“, sagt der Alien, der sich die
Larry-David-Maske vom Kopf reißt und in ein UFO steigt, um zu seinem
Planeten zurückzukehren. Mit [1][diesem Clip] kündigte HBO die zwölfte und
letzte Staffel der Comedyserie „Curb Your Enthusiasm“ an. Im Jahr 2000 lief
die erste Folge. Jetzt, 24 Jahre später, verabschiedet sich der 76-jährige
Larry David von seiner gleichnamigen Figur. Denn in „Curb“, wie Fans die
Serie nennen, spielt der gebürtigen New Yorker eine fiktionalisierte
Version seiner selbst: den Komiker, Produzenten und Drehbuchautor Larry
David.
In [2][einer Morningshow] sagte Larry David, dass er sich bei der Premiere
der ersten Folge dieser letzten Staffel auf einer großen Leinwand sah und
realisierte, dass jetzt Schluss sein muss. „Der Typ gehört in ein
Altenheim. Das müssen sich die Zuschauer ansehen?“
In den 1990ern schuf David zusammen mit dem Komiker Jerry Seinfeld die
Kult-Sitcom „Seinfeld“– ein internationaler Erfolg. Obwohl „Curb Your
Enthusiasm“ mit unzähligen Award-Nominierungen und Preisen (wie Golden
Globe und Emmy) in den USA keinesfalls im Schatten von „Seinfeld“ steht,
ist die Serie in Deutschland kaum bekannt.
„Curb“ handelt von Larrys Alltag als Misanthrop und zeigt, wie jemand, dem
gesellschaftliche Konventionen egal sind, sein Leben navigiert. Larry liebt
den Komfort seiner eigenen vier Wände, spielt gerne Golf. Selbst Freunde zu
treffen, von denen die meisten seinen jüdisch-amerikanischen Hintergrund
teilen, findet er lästig. Wie sehr er sich vor sozialen Situationen
sträubt, zeigt sich, als er die gesamte achte Staffel in New York statt in
seiner Wahlheimat Los Angeles verbringt, nur um eine
Wohltätigkeitsveranstaltung dort zu meiden. Alles, was er tut, geschieht
aus den falschen Gründen. Mal organisiert er eine „Seinfeld“-Reunion, um
seine Ex-Frau zurückzuerobern, dann datet er eine Politikerin, die er
abstoßend findet, weil er durch sie politischen Einfluss nehmen will. Weil
ihn im Café nebenan die wackelnden Tische und das trockene Gebäck stören,
eröffnet er einfach selbst ein Café.
## In Empörung empören
Wenn Larry sich mit der Welt konfrontiert, versucht er, sie zu verbessern.
„Curb“ benennt und mystifiziert Situationen, die wir alle kennen, die aber
keinen wirklich beschäftigen. Zum Beispiel, wenn jemand vom hinteren Ende
der Schlange so tut, als würde er jemanden weiter vorne kennen, mit dieser
Person dann ein Gespräch anfängt und sich somit erfolgreich vordrängelt.
[3][Ein „Chat-and-Cut“]. Natürlich beschwert sich Larry beim Drängler, de…
er betrachtet das als Pflicht. Hat er recht mit seiner Empörung? Ja.
Übertreibt er in seiner Reaktion? Absolut.
Immer wieder überschreitet er gesellschaftliche Grenzen. Er beschwert sich
über noch so belanglose Kleinigkeiten und fängt Grundsatzdiskussionen an,
etwa darüber, dass es eine Frechheit sei, Leuten zwei Wochen nach Silvester
noch ein frohes Neues zu wünschen.
Oft haben solche Situationen etwas Kathartisches; schließlich würde man
sich selbst nie wie er verhalten. Larry ist ein Antiheld, der unsere
soziopathischsten Fantasien auslebt. Auch für den echten Larry David ist
seine Figur befreiend: „Ich bin nicht mehr in der Position, so schreien zu
können. Ich bin nicht mehr ganz so anonym wie früher“, [4][verriet er der
New York Times], als die erste Staffel „Curb“ erschien.
Doch was kathartisch ist, kann schnell in Fremdscham umschlagen. In Staffel
11 tritt Larry auf dem Weg zu einer Buchvorstellung in einem
Holocaust-Museum in einen Hundehaufen. Impulsiv, wie er ist, wirft er die
Schuhe weg und geht in Socken zur Veranstaltung. Als er nach der
Veranstaltung wieder gehen will und es draußen regnet, zieht er sich mal
eben die Schuhe eines Holocaust-Opfers an, die im Museum ausgestellt
werden.
## Kein Grund zum Canceln
Obwohl der weiße, reiche Boomer keinesfalls politisch korrekt ist, ist es
ihm gelungen, in über 24 Jahren „Curb“ nicht gecancelt zu werden. Denn egal
wie taktlos sich Larry verhält, in „Curb“ steckt keine Bitterkeit, kein
Hass. Larry macht sich selbst zum Sündenbock, der grundlegende soziale
Normen nicht versteht. Oft treibt er sich so in urkomische Situationen der
sozialen Ächtung.
Doch obwohl dieses Konzept so gut aufgeht, hat die Serie in Deutschland
kaum Erfolg. Der Titel „Curb Your Enthusiasm“ bedeutet auf Deutsch so viel
wie „Bremse deine Begeisterung“. Eine holprige Formulierung. Ähnlich
unschön wurde dann auch die tatsächlich gewählte Titelübersetzung: „Lass
es, Larry!“. Attraktiv ist anders.
Und auch die Grundprämisse ist sicherlich nicht gut zu vermarkten: Ein
kauziger, glatzköpfiger Mann lebt seine Menschenfeindlichkeit aus. Hinzu
kommt, dass die Serie kein Skript hat. Allen Darsteller_innen wurde
lediglich ein Umriss dessen gegeben, was in den Folgen und Szenen passieren
soll. Alles Weitere ist Improvisation. Richtige Punchlines fehlen, an ihre
Stelle tritt Situationskomik. Improvisierte Dialoge zu übersetzen und zu
synchronisieren, nimmt ihnen vielleicht Lebendigkeit und Charme, definitiv
aber einen Teil des Witzes. Trotzdem: Selbst die zwölfte und letzte Staffel
erscheint jetzt in Deutschland, auf Deutsch.
In der ersten Folge engagiert ein südafrikanischer Unternehmer Larry für
seine Geburtstagsparty, da der „Seinfeld“-Schöpfer sein Kindheitsheld sei.
Larry soll – vertraglich so festgehalten – „Hände schütteln und umgäng…
sein“. Doch als er bei der Party ankommt und merkt, dass der Auftraggeber
ein weißer Südafrikaner ist, fühlt er sich betrogen. Weiße Südafrikaner
sollten sich nicht Afrikaner nennen, findet Larry. Und wird gleich um
einiges weniger umgänglich – was wiederum seine Bezahlung gefährdet. Dass
Larry es in den späteren, wöchentlich erscheinenden Folgen einfacher haben
wird, ist eher nicht zu erwarten.
Mit der letzten Staffel endet eine Ära von fast einem viertel Jahrhundert
„Curb“. Eine Ära der Nörgeleien, Fehltritte und misslungenen
Anpassungsversuche. Oder wie Larry selbst sagt, als der südafrikanische
Unternehmer ihn nicht bezahlen will: „Ich gab mein Bestes für jemanden, der
Menschen hasst und trotzdem unter ihnen sein musste.“
„Curb Your Enthusiasm“, 12. Staffel, 10 Folgen, erste Folge am 4. Februar
auf WOW
4 Feb 2024
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=rYs_rS7yG9s
[2] https://www.youtube.com/watch?v=F7kPdqMBWyU
[3] https://www.youtube.com/watch?v=Vd7XO18qxJg
[4] https://www.nytimes.com/2000/07/16/style/the-great-and-wonderful-wizard-of-…
## AUTOREN
Valérie Catil
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