# taz.de -- Pagode steht wieder zur Debatte: Kein Hönicke, keine Pagode | |
> Lichtenbergs Ex-Baustadtrat war selbsternannter Schützer der | |
> Pho-Da-Pagode in Hohenschönhausen. Mit seiner Suspendierung steht sie | |
> erneut in Frage. | |
Bild: Nach Kevin Hönickes Suspendierung steht die Pho-Da-Pagode erneut zur Deb… | |
BERLIN taz | Die vietnamesisch-buddhistische Pho-Da-Pagode im Lichtenberger | |
Ortsteil Alt-Hohenschönhausen steht erneut zur Debatte. Das Bauamt des | |
Bezirks erklärte jüngst gegenüber der Gemeinde, dass das Gebäude | |
planungsrechtlich in einem Gewerbegebiet nicht zulässig sei. Das Schreiben | |
vom 28. Dezember liegt der taz vor. Legt die Gemeinde keine Rechtsmittel | |
dagegen ein, kann sie demnächst aufgefordert werden, das Gotteshaus | |
abzureißen. [1][Es wäre nicht das erste Mal,] dass sie sich damit | |
konfrontiert sieht. | |
Immerhin: Die seit Dezember für das Bauamt zuständige Stadträtin Camilla | |
Schuler teilte nun nach einwöchiger Prüfung mit, dass die Sachlage nun wohl | |
doch mal wieder anders bewertet werden kann. „Das Vorhaben ist gemäß | |
Paragraph 34 Absatz 1 Baugesetzbuch planungsrechtlich zulässig“, schreibt | |
die Linke-Politikerin auf Anfrage der taz. Ob das wirklich das Ende eines | |
jahrelangen Standortstreits bedeutet, wird die Zukunft zeigen. | |
Rückblick: Im Januar 2006 zog die buddhistische Pagode in die Pförtnerloge | |
eines Asiamarktes an der Marzahner Straße. Einen Bauantrag stellte die | |
Gemeinde nicht, weil sie damals keine Umbauten vornahm. Dass sie die | |
planungsrechtliche Umwidmung der kleinen Räume hätte beantragen müssen, | |
wusste niemand in der Gemeinde. | |
## Die Gemeinde baute trotzdem | |
Der Antrag wäre 2006 diskussionslos durchgewunken worden, denn das Gebiet | |
war seinerzeit eine Brache mit viel Leerstand. Zehn Jahre später waren die | |
Räume für die auf 200 Mitglieder angewachsene Gemeinde zu klein geworden. | |
Sie beantragte Anbauten. Der Bauantrag wurde abgelehnt und die Nutzung der | |
seit Jahren genutzten Räume als Pagode zudem untersagt. | |
Begründung: Eine Pagode sei im Gewerbegebiet planungsrechtlich nicht | |
zulässig. Die Gemeinde baute trotzdem, was dem Bauamt drei Jahre später | |
auffiel. Das Bauamt verfügte ein Bußgeld wegen Schwarzbau, die Gemeinde | |
zahlte. | |
Zudem verfügte das Amt den Rückbau sowie den Umzug der Pagode an einen | |
anderen Ort. Die Gemeinde wandte sich an die Medien, weil damit erstmals | |
seit der Maueröffnung ein Berliner Gotteshaus durch staatliche Untersagung | |
schließen sollte. Die Pagode wurde bis Sommer 2022 geduldet. Dann erfolgte | |
die Untersagung der Nutzung mit einer Frist von sechs Monaten. | |
Inzwischen war der SPD-Bezirkspolitiker Kevin Hönicke Baustadtrat von | |
Lichtenberg geworden. Er sprach mit den Gemeindemitgliedern, diese | |
erklärten ihm, dass ein buddhistisches Gotteshaus wegen des dort | |
praktizierten Ahnen- und Totenkults nicht umziehen könne. Hönicke stellte | |
die Pagode unter seinen persönlichen Schutz. Solange er Baustadtrat sei, | |
müsse die Pagode nicht weichen. So das Versprechen. | |
## Als religiöse Einrichtung eingestuft | |
Um das Gotteshaus von seiner Person unabhängig zu machen, stufte er | |
gemeinsam mit der Senatskulturverwaltung die Pagode als religiöse | |
Einrichtung ein. Dadurch erhielt sie Schutz als eine der kulturellen | |
Einrichtungen Berlins. Denn zuvor hatte der Buddhismus in Deutschland kein | |
Religionsprivileg im Baurecht. | |
Außerdem bat er die Gemeinde, noch einmal einen Bauantrag für die 2016 | |
betätigten Umbauten zu stellen. Hönickes Überlegung: Würde der Bauantrag | |
angenommen werden, wovon er ausging, wäre der Standort auf jeden Fall | |
gesichert. | |
Doch im Herbst 2023 wurde Hönicke aus zunächst nicht bekannten Gründen | |
[2][vom Dienst freigestellt]. Eine Woche später erklärte die | |
Staatsanwaltschaft, dass gegen ihn wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat | |
ermittelt wird. Im Dezember wurde schließlich das Bezirksamt umgebaut, | |
Hönicke ist seither auf dem Papier für Schule und Sport zuständig, faktisch | |
hat er Hausverbot im Rathaus. Das Bauressort verantwortet jetzt Camilla | |
Schuler von der Linken. | |
Als das Bauamt um den Jahreswechsel den Bauantrag der Pagode ablehnte und | |
erneut die Existenzfrage für das Gotteshaus stellte, wurde die neue | |
Stadträtin nach Recherchen der taz nicht von ihren Mitarbeitern informiert. | |
Sie erfuhr erst im Nachgang davon. | |
Offiziell wurde die Gemeinde bisher noch nicht über den Sinneswandel in | |
Kenntnis gesetzt, sodass sich sie Freude in Grenzen hält. Man wartet ab. | |
Die Gemeinde hatte sich bereits einen Anwalt genommen, um für den Erhalt | |
der Pagode zu streiten. Ob der Anwalt seine Schriftsätze noch rausschicken | |
muss, entscheidet sich in den nächsten Tagen. | |
24 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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