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# taz.de -- Werder Bremens Handballerinnen: Blechen für die Fußballerschulden
> Die Handballerinnen von Werder Bremen büßen vier Punkte ein, weil Werders
> Kapitalgesellschaft zu viel Schulden hat. Das liegt an den
> Profifußballern.
Bild: Am Sportlichen liegt es nicht: Werder Bremens Spielerinnen feiern im Okto…
Bremen taz | Handballspieler:innen reagieren oft genervt, wenn man
ihren Sport an dem angeblich „großen Bruder“ Fußball misst – auch wenn …
in Sachen Attraktivität den Vergleich nicht scheuen müssen, wie derzeit
gerade die Handball-EM zeigt. Wie verärgert müsste dann aber eine
Handballmannschaft erst sein, wenn sie Punkte und Tabellenplätze durch
Probleme einbüßt, die von Fußballern verursacht wurden?
So ist es gerade den Handball-Frauen von [1][Werder Bremen] ergangen: Ihnen
hat die Handball-Bundesliga Frauen (HBF) für das laufende
Zweitliga-Spieljahr 2023/24 vier Punkte abgezogen. „Grund hierfür ist ein
Verstoß des Lizenznehmers SV Werder Bremen GmbH & Co KG aA gegen die
Verpflichtung zur Verbesserung seines negativen Eigenkapitals“, teilte die
HBF am vergangenen Montag mit.
Die Handballfrauen gehören mit den Fußball-, Tischtennis- und Schachprofis
des Klubs zur 2003 [2][vom Gesamtverein ausgegliederten SV Werder Bremen
GmbH & Co KG aA]. Laut Richtlinien der HBF hätte Werders
Kapitalgesellschaft ihr zum 30. 6. 2020 ausgewiesenes negatives
Eigenkapital bis zum 31. 12. 2023 um mindestens 30 Prozent verbessern
müssen.
Negatives Eigenkapital ist der Saldo aus Vermögen und Schulden – und dafür
sind eben gerade nicht die Handballerinnen des Klubs verantwortlich,
sondern die Profifußballer. „Im Profifußball werden naturgemäß andere
finanzielle Summen bewegt“, sagt Anne-Kathrin Laufmann, Geschäftsführerin
Sport & Nachhaltigkeit bei Werder Bremen. „Dabei haben sich in der Bilanz
der Kapitalgesellschaft in den vergangenen Jahren die geringeren Einnahmen
durch den [3][Abstieg aus der Fußball-Bundesliga] und die Einschränkungen
durch die Coronapandemie deutlich bemerkbar gemacht.“
Zur Finanzierung der Fußballprofis hatte Werder eine Mittelstandsanleihe in
Höhe von 18,5 Millionen Euro aufgelegt und per Landesbürgschaft einen
Kredit von 20 Millionen Euro aufgenommen.
Bereits in der vergangenen Saison, als Verstöße gegen Kapitalauflagen noch
mit Geld statt Punkten bestraft wurden, hatte die HBF Werder eine
Geldstrafe in Höhe von 30.000 Euro aufgebrummt – an die [4][Deutsche
Fußball-Liga] waren wegen ähnlicher Kapitalauflagen sogar eine Million Euro
fällig.
„Natürlich sind die Mannschaft und wir als Trainerteam sehr enttäuscht
darüber, dass wir vier sportlich errungene und hart erarbeitete Punkte
verlieren“, sagt Timm Dietrich, Cheftrainer des Handball-Zweitligisten.
„Dennoch ändert sich an unserer Herangehensweise in der täglichen Arbeit
nichts.“
Dass der Ärger vergleichsweise milde ausfällt, hängt mit der immer noch
komfortablen Tabellensituation der Bremerinnen zusammen. Durch den
Punktabzug sind sie zwar auf einen Schlag von Platz zwei auf sechs
abgerutscht. Nachdem in den letzten Jahren oft Abstiegskampf angesagt war,
ist es aber immer noch die beste Saison seit dem Aufstieg 2015. Dem tut
auch die 25:27-Niederlage bei Kurpfalz Bären in Ketsch bei Heidelberg am
Sonntag keinen Abbruch. Bis Ende des Jahres führten sie mit dem neuen
Trainer Dietrich und einigen Neuzugängen sogar die Tabelle an – zur
ligaweiten Überraschung.
Forsche Töne gegenüber den kostenaufwendigen Männerfußballern sind auch
deshalb nicht zu hören, weil der Leistungssport auf Bundesliga-Niveau im
Handball genauso wie im Frauenfußball, Tischtennis und Schach unter dem
gemeinsamen Dach mitsubventioniert wird. „Die Planungssicherheit, auch in
den kommenden Jahren die nächsten Schritte dieser Entwicklung gehen zu
können, hat für uns eine große Bedeutung“, sagt Martin Lange, Vorsitzender
der Handball-Abteilung bei Werder.
Ohne dieses Engagement würde es Bundesliga-Handball in Bremen nicht mehr
geben, obwohl vor 30 Jahren der europäische Frauenhandball sogar von hier
aus dominiert wurde. Mit dem Geld eines Finanzmaklers – später wegen
verbotener Finanzgeschäfte zu einer Haftstrafe verurteilt – kaufte sich der
TuS Walle Ende der 1980er-Jahre die besten Spielerinnen des Kontinents
zusammen; das Team brachte es bis zum Europapokalsieg. Nachdem das Geld des
Mäzens ausblieb, begann ein Abstieg auf Raten, der 1998 mit der Abmeldung
vom Spielbetrieb endete. Eines von vielen mahnenden Beispielen im
Profisport, die verschärfte Kapitalauflagen nötig machten.
22 Jan 2024
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## AUTOREN
Ralf Lorenzen
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