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# taz.de -- Gentleman's Sport in England: Die Liebe zum Hund im Sport
> Im Vereinigten Königreich des 19. Jahrhunderts ist Sport eine Sache für
> Herrschaften. In einem Fachblatt aus jener Zeit geht es sehr tierisch zu.
Bild: Sportsfreunds Freude: zwei kapitale Hirsche
Reden wir über Sport in England. Nein, nicht über diese Pfeileschmeißer,
die da gerade in London vor betrunkenem Pöbel um sechsstellige Preisgelder
spielen. Reden wir über den guten, alten Gentlemen-Sport. Pah, Preisgelder!
Sport muss man sich leisten können. So war das jedenfalls seinerzeit auf
der Insel. Diese Haltung scheint durch jede Zeile der Zeitschrift The
Sporting Review, die sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem
Landsport in all seinen Ausprägungen befasst hat.
Es geht um Pferderennen auch über Hindernisse, um Jagdvergnügungen, ums
Fischen und um [1][Hunderennen]. Dabei blicken die Autoren auch über die
britischen Inseln hinaus. Einer macht sich Sorgen um den Pferderennsport im
Florenz des Jahres 1839, der doch, seit die nobelsten Engländer die Stadt
verlassen haben, nicht mehr das sei, was er einmal war. Und doch ist der
Autor am Ende begeistert, von den Rennen auf einer Bahn in Form einer Acht
über etwa eine Meile im Parco delle Cascine zu Florenz.
Der Großherzog der Toskana hatte sich eingefunden, vornehme Damen waren da
und besonders haben es dem Autor, dessen Name nicht genannt wird, die
Mädchen an der Rennbahn angetan „mit Augenbrauen wie aus Alabaster,
rabenschwarzen Locken und dunklen Augen, aus denen es nur so blitzt“. Das
Hotel hat dem Reisenden aus England übrigens ganz gut gefallen – auch das
erfahren die Leser der Sporting Review.
## Keine Gentleman in Übersee
Nicht wirklich gut steht es um den Sport in der Neuen Welt, ist weiter zu
erfahren. Dort hätten, heißt es in einer wahren Polemik, auch die reichen
Leute, die es ja durchaus gebe, „weder Muße noch Lust auf echten
Landsport“. Sie seien zu sehr damit beschäftigt, ihren Geschäften
nachzugehen, statt auf einer schönen Jagd zuzusehen, wie die besten Hunde
einen Fuchs zerfleischen. Dabei gebe es doch [2][so viele schöne Füchse]
jenseits des Atlantiks, rote und graue, dass es eine wahre Freude sei. An
einer anderen Spezies mangle es dagegen, den echten „Country Gentlemen“. Es
ist ein Jammer.
Welche Gefühle bei einer wahren Fuchsjagd aufkommen können, wird an anderer
Stelle beschrieben. Da hat ein Autor sein Herz an einen Hund verloren, der
über Feld und Wald, über Straßen und unwegbares Gelände, durch Unterholz
und Matsch weit vor den anderen Hunden der Meute dahinläuft und zielsicher
den Fuchs, den es zu erlegen gilt, ansteuert. Wenn ihm der Hund gehören
würde, schreibt er, würde er alles dafür tun, dass dieser ganz allein den
Fuchs zu Tode beißen darf. Viel mehr Liebe geht wirklich nicht.
Doch es gibt auch kritische Stimmen, den traditionellen Sport betreffend.
Ein Leserbriefschreiber fordert das Verbot der „Steeple Chases“, jener
[3][für Pferde bisweilen tödlichen Rennen], bei denen Hecken und Zäune als
Hindernisse überwunden werden müssen. „Sport werde ich das nicht nennen“,
wütet ein gewisser John Hesketh Lethbridge in einem Leserbrief an die
Redaktion. Die solle seine Meinung ruhig veröffentlichen, seine Schultern
seien breit genug, um die Verachtung dafür zu ertragen.
Am Ende jeder Ausgabe gibt es eine Rubrik mit dem Titel „Literature And The
Fine Arts“, in der Werke vorgestellt werden, in denen Sport das Thema ist.
In dieser Kolumne ist das ja nicht viel anders. Und so ist es durchaus eine
glückliche Fügung, dass ein halber Meter der Sporting Review in den Besitz
des Autors dieser Zeilen übergegangen ist. Manfred Riep, seinem väterlichen
Freund, sei’s gedankt! Dessen Vater Erwin war eine Sportreporterlegende in
Dortmund und ist einst mit den in Leder gebundenen Ausgaben der Sporting
Review in den Ruhestand geschickt worden.
Und jetzt zurück zur Darts-Weltmeisterschaft.
5 Jan 2024
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## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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Kolumne Kulturbeutel
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