# taz.de -- Coach Kohfeldt in Belgien: Trainer bei AS Eupen | |
> Florian Kohfeldt arbeitet für den aus Katar finanzierten belgischen | |
> Erstligisten AS Eupen. Er lernt die Fußballkultur im Nachbarland zu | |
> schätzen. | |
Bild: Sorgenvolle Miene: Kohfeldt steckt mit dem AS Eupen im belgischen Abstieg… | |
Die Anweisungen brüllt er vom Spielfeldrand auf Französisch. Die | |
Pressekonferenz absolviert er in einem souveränen, nahezu akzentfreien | |
Englisch. Florian Kohfeldts Laune ist besser, als man es nach einer | |
Niederlage erwarten könnte wie dieser am Tag vor Heiligabend: „Die Energie | |
war okay. Aber wir hatten keine Chance.“ 1:2 gegen den Tabellenführer Union | |
Saint-Gilloise aus Brüssel, das locker auch ein 0:5 hätte sein können. | |
Kohfelds AS Eupen hatte genau einmal aufs Tor geschossen. | |
[1][Der langjährige Bundesligacoach von Werder Bremen] ist seit Sommer | |
Übungsleiter in der ostbelgischen Provinz. Ob er, via taz, den deutschen | |
Fußballfreunden mal erzählen wolle, wie es ihm hier so ergeht? „Sehr gern�… | |
sagt Kohfeldt. | |
„Ein oder zwei Jahre mal was ganz anderes anpacken“, das sei sein Antrieb | |
gewesen, raus aus dem Stressmoloch Bundesliga. „Ich mache das für meine | |
Persönlichkeitsentwicklung. Ich war nie im Ausland, und das ist wirklich | |
sehr bereichernd.“ Belgien sei so viel relaxter, „eine ganz andere Welt, | |
und das nur fünf Kilometer hinter der Grenze“. | |
Im deutschen Fußball seien „viele Dinge so überhektisch“, der belgische | |
Fußball sei „sehr speziell: eine andere Kultur, ein anderer Alltag. Es geht | |
beim Fußball sogar weniger um Fußball.“ Aha, sondern? Mehr um Treffen mit | |
den anderen Teams, sagt Kohfeldt. Ob bei Klubverantwortlichen, auch bei den | |
Fans, alles sei familiärer. „Man tauscht sich mehr aus, trinkt und isst | |
zusammen. Alle lassen sich mehr Zeit.“ | |
## Ableger des Staates Katar | |
Und so arbeitet Florian Kohfeld (41) halt für die AFD. | |
Bitte? Für wen? | |
Die AFD Eupen AG ist die Ausgliederung der KAS Eupen, der Königlichen | |
Allgemeinen Sportvereinigung. AFD steht allen Ernstes für Aspire Football | |
Dreams. Und die Aspire Foundation ist ein [2][Ableger des Staates Katar,] | |
Eupens Geldgeber. | |
Der Legende nach, so erzählt es ein Vereinsverantwortlicher, hatte es vor | |
zehn Jahren einen katarischen Geschäftsmann in die benachbarten Ardennen | |
verschlagen. Der Mann aus der Wüste war begeistert von den weiten Wäldern, | |
den wilden Flüssen, dem saftigen Grün. Kann man hier nicht einen | |
Fußballverein kaufen, fragte er. | |
Konnte man. Zweitligist Eupen am Fuße der Ardennen stand gerade vor der | |
Pleite. Die Katarer kauften, man stieg auf in die 1. Liga, die Petrodollars | |
der Aspire Foundation sanierten den kleinen Klub grundlegend. Das | |
Geschäftsmodell: Nachwuchskicker vornehmlich in Afrika in dortigen | |
Aspire-Akademien ausbilden, nach Katar einbürgern und in Eupen erste | |
Profiluft schnuppern lassen. [3][Das große Prestigeprojekt Heim-WM 2022 | |
stand bevor.] Beim Eröffnungsspiel standen fünf Kicker mit Eupener | |
Vergangenheit in Katars Startelf (und neun insgesamt im Kader). | |
## Der Baby-Betzenberg | |
Vieles ist putzig im deutschsprachigen Eupen. Im Vereinslied reimt sich | |
Schwarz-Weiß auf Schweiß, das Maskottchen heißt Eupi, der Fanklub | |
Schwarz-Weiße Gallier, die Mannschaft niedlicherweise Pandas. Das | |
Kehrweg-Stadion (selten halbvoll) mit vier Tribünchen für 8.300 Menschen | |
liegt hoch über dem 20.000-Seelen-Ort auf dem Kaperberg und wirkt bei | |
Flutlichtspielen wie ein strahlender Baby-Betzenberg. | |
Nach der WM-Mission schmolzen die Katar-Millionen zu einem Restsponsoring. | |
Mehr als der mühsame Klassenerhalt ist mit dieser pandahaft energiearmen | |
Mannschaft nicht drin, sagen alle in Eupen, auch Kohfeldt. Saint-Gilloise, | |
die neulich noch Jürgen Klopps Liverpool in der Europa League besiegt | |
hatten, konnte da kein Maßstab sein. | |
Pech kommt dazu. Torjäger Bartosz Bialek, den Kohfeldt aus Wolfsburg | |
mitbrachte, fällt seit der Vorbereitung schwerverletzt aus. Alfred | |
Finnbogason, ehemals FC Augsburg, trifft nichts mehr, der ExBremer Kevin | |
Möhwald enttäuscht auch sich selbst („von mir muss mehr kommen“). Star ist | |
Torwart Gabriel Slonina, geliehen aus Chelsea. Er gilt mit 19 Jahren als | |
Nr. 3 der USA und hielt mit spektakulären Rettungseinlagen auch gegen | |
Saint-Gilloise die Niederlage in Grenzen. Sloninas Marktwert von fast zehn | |
Millionen Euro macht fast die Hälfte des gesamten Kaders aus. | |
Vorher, sagt Florian Kohfeldt noch, habe er „wenig über Belgien gewusst“, | |
nicht über die so wichtige Esskultur und die „sehr heterogene Liga“. | |
Saint-Gilloise ist der derzeitige Überflieger, der, so Kohfeldt, auch in | |
der Bundesliga in der oberen Hälfte dabei wäre; vier oder fünf Teams | |
dahinter, Anderlecht und Club Brügge etwa, könnten wohl die Klasse halten. | |
Dann folgt bald Zweitliganiveau. | |
Am Dienstag, dem belgischen Boxing Day, ging es schon weiter. Die | |
königliche Eupener AFD verlor beim Tabellennachbarn Leuven 0:3 und ist | |
jetzt Vorletzter. Armer Kohfeldt: Nicht, dass es statt ein oder zwei Jahren | |
Auslandspraktikum mit gutem belgischem Essen joblos bald wieder Grünkohl | |
mit Pinkel gibt. | |
27 Dec 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Müllender | |
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