# taz.de -- Trainerwechsel bei Werder Bremen: Letzte Chance | |
> Werder Bremen hat seinen Trainer Florian Kohfeldt entlassen. Nun soll | |
> Vereins-Ikone Thomas Schaaf den Abstieg noch verhindern. | |
Bild: Der Neue im Anmarsch: Thomas Schaaf am Sonntag auf dem Weg zu seinem Team | |
Ein ungewohntes Bild bot sich am Sonntagmittag für die per Video | |
zugeschalteten Journalisten: Werder Bremen Sportchef Frank Baumann allein | |
an einem langen Tisch – [1][ohne Florian Kohfeldt], der in den Medienrunden | |
der letzten dreieinhalb Jahre fast immer neben ihm gesessen hat. Elf | |
Stunden vorher hatte Baumann seinem Weggefährten selbst die Nachricht | |
überbracht, dass der gemeinsame Weg bei Werder nach der 0:2-Niederlage beim | |
FC Augsburg zu Ende ist. | |
Noch mal acht Stunden vorher hatten Kohfeldt und sein Team alle Karten in | |
der Hand, diese verfahrene Saison, in der sie aus scheinbar sicheren | |
Gefilden noch in akute Abstiegsgefahr geraten sind, zu einem glücklichen | |
Ende zu bringen. Augsburgs Ruben Vargas war nach einer versuchten | |
Tätlichkeit vom Platz geflogen und Werder blieb noch über eine Stunde Zeit. | |
Doch statt selbstbewusst die Chance zu nutzen, brachten sich die Bremer | |
fahrig und zögerlich um den Vorteil. Christian Groß erhielt kurz nach der | |
Halbzeitpause nach einem Foul an Florian Niederlechner die Gelb-Rote Karte, | |
und während sich Werder noch an die neue Spielsituation gewöhnte, erzielte | |
Rani Khedira mit Hilfe der Bremer Abwehr und des Innenpfostens die | |
Augsburger Führung. „Das macht etwas mit einer Mannschaft“, sagte Frank | |
Baumann zu diesem Rückschlag. | |
Weniger das pure Ergebnis, aber dessen Zustandekommen dürfte die | |
Werder-Führung bewogen haben, Florian Kohfeldt anders als vor drei Wochen, | |
als diese Entscheidung schon einmal im Raum stand, freizustellen. Der | |
Spielverlauf stellte ein Spiegelbild der Rückrunde dar. Am 11. März | |
besiegte Werder Arminia Bielefeld mit 2:0, hatte 11 Punkte Vorsprung auf | |
die Abstiegsplätze,und nicht nur die Lokalpresse schrieb: „Tschüss | |
Abstiegskampf“. Florian Kohfeldt warnte zwar davor, in Euphorie zu | |
verfallen, sagte aber auch, dass es jetzt darum gehe, „besseren Fußball zu | |
spielen.“ | |
## Nur im Überlebensmodus erfolgreich | |
Ein weiterer Sieg aus den folgenden neun Spielen hätte aus heutiger Sicht | |
wohl für den Klassenerhalt gereicht. Er blieb vor allem aus, weil die | |
Mannschaft vom Überlebensmodus in den normalen Wettkampfmodus umschaltete. | |
Das war nach dem Kräfteverschleiß im Abstiegskampf der Vorsaison zwar | |
verständlich – für diese Mannschaft, die durch die Abgänge von Davy | |
Klaassen und Kevin Voigt weiter geschwächt war, aber zu wenig. | |
Florian Kohfeldt versuchte, Ergebnisorientierung mit spielerischer | |
Weiterentwicklung zu vereinen. Spät erst schaltete er in den | |
Existenzkampf-Modus zurück. Das reichte immerhin, um im Pokal-Halbfinale | |
gegen RB Leipzig und beim 0:0 gegen Bayer Leverkusen kämpferisch zu | |
überzeugen. Als aber wieder spielerische Mittel gefragt waren, um den | |
angeschlagenen Augsburgern den entscheidenden Schlag zu versetzen, kam es | |
zum Offenbarungseid. Und Baumann gewann das erste Mal den Eindruck, dass | |
die Mannschaft nicht mehr zu hundert Prozent von der „Konstellation“ | |
überzeugt ist. | |
Vor allem hat sie aber die Überzeugung in sich selbst verloren. Die soll | |
ihr nun Werders Ex-Trainer [2][und aktueller technischer Direktor Thomas | |
Schaaf] kurzfristig zurückgeben, um den für das Erreichen des | |
Relegationsplatzes nötigen Sieg gegen Borussia Mönchengladbach am letzten | |
Spieltag zu erreichen. Schaaf, der Werder 1999 als Feuerwehrmann vorm | |
Abstieg rettete, soll mit seiner Erfahrung und seinem Standing vor allem | |
die mentalen Blockaden lösen. | |
Die Zuversicht auf die erneute Rettung Werders war zuletzt auch in der | |
Stadt spürbar geschwunden – zumal der jetzt veröffentlichte Schuldenstand | |
von 75 Millionen Euro zusätzlich aufs Gemüt drückt. Florian Kohfeldt, der | |
in den letzten Jahren das Gesicht des Klubs geprägt hat, hätte jeder einen | |
anderen Abgang gegönnt. Ob er zu spät kam, wird noch für viel | |
Diskussionsstoff sorgen. | |
16 May 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Werder-Bremen-in-Abstiegsnot/!5647486 | |
[2] /Optimismus-bei-Werder-Bremen/!5527737 | |
## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
## TAGS | |
Werder Bremen | |
Florian Kohfeldt | |
Thomas Schaaf | |
Belgien | |
Fußball-Bundesliga | |
Fußball-Bundesliga | |
Frauenfußball | |
Kolumne Press-Schlag | |
Schwerpunkt Zeitungskrise | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Coach Kohfeldt in Belgien: Trainer bei AS Eupen | |
Florian Kohfeldt arbeitet für den aus Katar finanzierten belgischen | |
Erstligisten AS Eupen. Er lernt die Fußballkultur im Nachbarland zu | |
schätzen. | |
Werder muss nach Abstieg hart sparen: Zweite Liga ohne Schaaf | |
Werder Bremen muss den Verein nach dem Abstieg in die zweite | |
Fußball-Bundesliga umbauen. Das erste prominente Opfer ist Club-Legende | |
Thomas Schaaf. | |
Werder Bremen muss in die 2. Bundesliga: Ende eines langen Abstiegs | |
Nach 40 Jahren in der Bundesliga wird Werder Bremen zweitklassig. Fallhöhe | |
und Schuldenstand sind hoch, der Vorstand will trotzdem weitermachen. | |
Bremerinnen erreichen Saisonziel: Werder schafft Klassenerhalt | |
Für das Frauenteam von Werder Bremen ist der Nichtabstieg so wichtig, wie | |
für die Wolfsburgerinnen ein Titel. Am Sonntag haben sie ihn besiegelt. | |
Werder Bremen in Abstiegsnot: Bedrohlicher Spannungsabfall | |
Werder Bremen droht der Abstieg in die zweite Liga, auch weil Trainer | |
Florian Kohfeldt die falschen Signale setzt. Eine kreative Lösung ist | |
gefragt. | |
Kooperation von Zeitungen im Fußball: Grün-weiße Pressevielfalt | |
Der „Weser-Kurier“ und die Syker „Kreiszeitung“ bekommen ihre | |
Werder-Bremen-Berichterstattung von der Deichstube GmbH. Das ist kurios. |