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# taz.de -- Neuer Frankfurt-“Tatort“: Wenigstens nicht weihnachtlich
> Zum Fest beschenkt sich die „Tatort“-Redaktion selbst – mit einer
> Kapitulation. Am Ermittlerduo liegt das nicht, schuld ist die gestelzte
> Story.
Bild: Jeanette Hain als Anette Baer und Bela Gabor Lenz als Lucas Baer in Kontr…
Eine Kombination aus Zufall und der Unveränderlichkeit der Dinge hat dazu
geführt, dass ich seit 2015 eingeplant bin für die Wochenendkrimirezension,
die rund um die Weihnachtstage hier erscheint. Liegt am verlässlichen
Vier-Wochen-Rhythmus, in dem diese Kolumne programmiert ist. Will sagen:
Ich bin leidlich gut im Bilde über die Krimi-Auswahl der ARD für die
Festtage. Vor genau 364 Tagen habe ich rund um die missratene BR-Folge
„Mord unter Misteln“ [1][ein paar Zeilen über die Event-„Tatorte“ der
vergangenen Jahre genölt] und will mich wirklich nicht wiederholen.
Aber die HR-Folge „Kontrollverlust“ mit dem Duo Janneke (Margarita Broich)
und Brix (Wolfram Koch) aus Frankfurt am Main, die nun am Dienstag läuft,
ist in dieser Tradition eine echte Überraschung. Nicht nur, weil die Story
nichts mit Weihnachten zu tun hat (Gott sei’s getrommelt und gepfiffen!).
Und nicht nur, weil es kein „Tatort“ ist, der strack auf Event gebürstet
ist.
Nein: Dieser Film an diesem Tag überrascht, weil er so schlecht ist. Weil
schon nach fünf Minuten die Frage im Raum steht, ob die
ARD-„Tatort“-Redaktion einfach kapituliert hat. Als hätten sie beschlossen,
dass sie besser etwas versenden, bei dem nicht schlimm ist, dass es sowieso
niemand sieht.
Weil: Der erwähnte „Mord unter Misteln“ hatte eine historisch desaströse
Einschaltquote – mit einem Publikum von 4,09 Millionen. Selbst die übers
gesamte Jahr niedrigen Zahlen, [2][die die dpa gerade vermeldete], zeigen:
Keine der bis vor zwei Wochen gesendeten Erstausstrahlungen sahen so wenig
Leute wie die Feiertagsausgabe 2022 – die schlechteste Quote lag bei 6
Millionen („Azra“ aus Wien).
## Alles macht mehr Sinn
Im vergangenen Jahr empfahl ich vorab, lieber eine VHS-Kassette mit einem
alten „Tatort“-Mitschnitt rauszukramen oder einen der roten Goldmann-Krimis
aus dem Regal zu ziehen. Und auch wenn über die Jahre meine Beißhemmung
stärker geworden ist, Verrisse zu schreiben – schließlich steckt viel Mühe
und Zeit und Geld in jedem Projekt: Ich könnte es heute nicht besser
formulieren. Alles macht mehr Sinn, als am 2. Weihnachtsfeiertag nach der
„Tagesschau“ den Fernseher anzulassen.
Der Ordnung halber sei kurz angerissen, wieso. Es liegt nicht an Broich und
Koch, die wunderbar gelassen spielen und sprechen wie immer. Auch nicht an
der bemerkenswerten Musik von Bertram Denzel, Max Knoth und Jana Poser.
Nein, „Kontrollverlust“ unter der Regie von Elke Hauck, die zusammen mit
Sven S. Poser auch das Buch geschrieben hat, ist schlicht eine ziemlich
verquaste Story über eine Künstlerin (Jeanette Hain) und ihren
gewaltbekannten Sohn (Béla Gábor Lenz, der frappierend Marek Harloff
ähnelt, den die Älteren hier aus der Weihnachtsserie „Der Schattenmann“
kennen können – nur dass der besser spielt).
Sohn und andere gehören zur [3][Gaming-Community, eine junge Frau der Runde
wird ermordet]. Genauer: Sohn steht in Minute 2:50 zu Hause nachts im Bad,
blutverschmiertes T-Shirt, sagt zur Mutter: „Mama, ich habe ihr nichts
getan, ich weiß nicht, was passiert ist. Das ist Karas Blut. Sie ist tot.“
Darauf die Mutter, ihm übers Haar streichend, in aller Ruhe: „Du musst mir
jetzt nichts sagen.“ Die restlichen 84 Minuten werden nicht besser.
Der quotenschwächste „Tatort“, „soweit unsere Aufzeichnungen
zurückreichen“, [4][schrieb der Mediendienst DWDL vor einem Jahr nach „Mord
unter Misteln“]. Vielleicht reicht’s dieses Jahr ja für einen neuen Rekord!
26 Dec 2023
## LINKS
[1] /Weihnachts-Tatort/!5901092
[2] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tatort-einschaltquoten-gehen-…
[3] /Frauen-in-E-Sports/!5937215
[4] https://www.dwdl.de/zahlenzentrale/91134/tatort_schwaechelt_an_weihnachten_…
## AUTOREN
Anne Haeming
## TAGS
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Lesestück Interview
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
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