| # taz.de -- Rassismus im Lebensalltag: Eine beschissene Entscheidung | |
| > Was bringt Leute dazu, Rassisten zu werden? Ein Klärungsversuch beim | |
| > Vorweihnachtsessen unter Freunden. | |
| Bild: Rassismus ist wie eine toxische Schleimkugel: Teilnehmer einer Pegida-Kun… | |
| „Diese Eva Herman war ja irgendwie ihrer Zeit voraus“, sagt der Freund beim | |
| Vorweihnachtsessen und steckt sich einen Geleekringel in den Mund. | |
| „Das ist ja nun wirklich ein widerlicher Gedanke!“, sagt seine Frau. | |
| „Ach, war das diese entgleiste Nazi-Nachrichtensprecherin?“, fragt die | |
| Freundin. | |
| „Genau, die hatte so ein Buch geschrieben, in dem stand, die Nazis hätten | |
| Frauen noch zu schätzen gewusst in ihrer natürlichen Beschaffenheit als | |
| Mutter und Hausfrau.“ | |
| „Dark Feminist!“ | |
| „Aber wohin ist die abgetaucht? Wieso macht die nicht Karriere in der AfD?“ | |
| „Ist die nicht nach Panama?“ | |
| „Moderiert irgendwas in den fauligen Zonen des Internets.“ | |
| „Aber hat die dann nicht noch ne Rolle in Hollywood bekommen?“ | |
| „Nee, warte, das war die andere mit dem Goldhaar: [1][Susan Stahnke]! Die | |
| hat da Karin Göhring gespielt.“ | |
| „Die waren beide bei der Tagesschau?“ | |
| „Früher waren da alle blond, das gehörte zum guten Ton.“ | |
| „Stahnke wurde gefeuert, weil sie Erotikfotos gemacht hat, Hermann, weil | |
| sie die Frau wieder hinter den Herd stellen wollte.“ | |
| „Du kannst es als Frau einfach niemandem Recht machen.“ | |
| „Naja, es muss ja nicht gleich ein Nazi-Herd sein.“ | |
| „Die hat so übel rechts rausgehauen, dass sie sogar [2][bei JB Kerner | |
| rausgeflogen] ist.“ | |
| „Hat man da auch schon canceln gesagt?“ | |
| „Glaub nicht, aber hat auch ohne das Wort nix genützt, das Grauen zu | |
| shamen.“ | |
| „Ja, es rollt und rollt als toxische Schleimkugel, sammelt dabei jeglichen | |
| Dreck auf und wächst so weiter.“ | |
| „Irgendwie tun Rassisten mir manchmal leid.“ | |
| „Jetzt ist aber Schluss mit Glühwein und Zucker, Rassisten sollten dir | |
| niemals leidtun!“ | |
| „Naja, aber es ist doch bemitleidenswert im Kopf so dermaßen klein und | |
| elendig zu sein.“ | |
| „Nein, [3][Rassismus] ist eine [4][selbst getroffene Entscheidung], wenn du | |
| erwachsen bist, genauso wie die Entscheidung, ob du … hier, was weiß ich … | |
| deine Wohnung mit Raufaser tapezierst oder nicht.“ | |
| „Du kannst Rassismus doch nicht mit einer Raufasertapete vergleichen!“ | |
| „Nee, aber du entscheidest dich definitiv aktiv für das Schlechte und | |
| Hässliche in deinem Lebensalltag – oder eben dagegen.“ | |
| „Aber Rassismus ist schon schlimmer als Raufaser.“ | |
| „Sicher, aber darum geht es nicht, es geht darum beschissene Entscheidungen | |
| zu treffen und dann so zu tun, als würden die von allein an der Wand | |
| kleben.“ | |
| „Und als könnte man die nicht auch wieder ab spachteln.“ | |
| „Aber entscheidet man sich nicht für etwas, weil man meint, es werde für | |
| innere Zufriedenheit sorgen?“ | |
| „Oder zumindest äußere.“ | |
| „Bei einer Tapete wohl schon.“ | |
| „Du meinst, Leute werden Rassisten, weil sie meinen, das mache sie froh?“ | |
| „Wenn sie außer Deutschsein sonst nix weiter im Leben haben, womöglich | |
| schon.“ | |
| „Aber dann könnte ich mich ja auch daran aufbauen, dass ich … sagen wir mal | |
| … eine Nase habe.“ | |
| „Genau, du denkst es dir so hin: Du bist wer, weil du eine Nase hast.“ | |
| „Aber alle haben doch eine Nase.“ | |
| „Genau, also brauchst du eine superspezielle Nase und musst dir die in | |
| deinem Hirn zusammenbrauen.“ | |
| „Eine deutsche Nase.“ | |
| „Exakt.“ | |
| „Ich habe eine deutsche Nase, also bin ich.“ | |
| „Original deutscher Knorpel.“ | |
| 22 Dec 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jasmin Ramadan | |
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