# taz.de -- Assoziatives zur Protestformen: Zwischen den Stühlen | |
> Die ganzen Trecker-Proteste kommen daher wie eine absurde Balzparade, | |
> demonstrieren und imponieren. Dabei geht es viel demokratischer. | |
Bild: So männlich aufgeladen, das ganze Getreckere | |
Diese [1][Demos mit Treckern] sind irgendwie drüber und unfair, find ich, | |
weil ja nun nicht alle einen Trecker haben!“, sagt der Freund und nimmt | |
Glitzerohrenschützer aus dem Regal im Schanzenladen. | |
„Und so männlich aufgeladen, das ganze Getreckere, demonstrieren und | |
imponieren, wie so ’ne absurde Balzparade kam mir das rüber“, sagt seine | |
Freundin. | |
„Na, dafür gibt es doch ‚Bauer sucht Frau‘, oder?“ | |
„Gibt’s jetzt sogar auch in divers, die Sendung.“ | |
„Aber an so ’ner Treckerdemo ist nix divers, eher Testosterongedröhn auf | |
slow.“ | |
„Das find ich gar nicht problematisch, einfach nur undemokratisch, Klebe | |
haben alle in der Schublade, oder auch zwei Beine und Hände zum Latschen | |
und Schilderhochhalten, aber so’n Trecker ist schon hart exklusiv!“ | |
„Nicht alle haben zwei Beine und Arme.“ | |
„Aber alle haben hier, was weiß ich … einen Stuhl!“ | |
„Das wär ’ne geile Demo, wenn alle mit ’nem Stuhl kämen, stellt euch da… | |
ganz Hamburg vor.“ | |
„Ziemlich sperrig.“ | |
„Eben!“ | |
## Stuhl und Kleber statt Trecker | |
„Aber einen Stuhl haben auch nicht alle.“ | |
„Einen Stuhl könnte man sich auf die Schnelle leihen, einen Trecker nicht.“ | |
„Einige Menschen haben weitaus mehr Stühle, als sie brauchen!“ | |
„Vielleicht weil sie besonders gastfreundlich sind.“ | |
„Oder weil sie ständig mondäne Dinner-Abende mit ihren ganzen besten | |
Freunden veranstalten.“ | |
„Aber dann sehr links wählen!“ | |
„Meinst du jetzt mich oder was?“ | |
„Auf jeden Fall die, die Sahra Wagenknecht verachtet.“ | |
„Jetzt hab ich Angst vor Sahra Wagenknecht.“ | |
„Ach, die ist auch nur ein Mensch.“ | |
„Was macht einen Mensch zum Mensch?“ | |
„Ein Burn-out?“ | |
„Hatte sie!“ | |
„Was noch?“ | |
„Frag Herbert Grönemeyer.“ | |
„Nee, das war Mann, oder? Wann ist ein Mann ein Mann?!“ | |
„Meint ihr, das ist inzwischen geklärt?“ | |
„Vielleicht zumindest in Bochum.“ | |
„Weil der von da kommt?“ | |
„In dem Lied duzt er die Stadt.“ | |
„So wie Lotto King Karl Hamburg in dem Perlen-Lied!“ | |
„Wurde über die Demobilder drübergelegt, da wurde mir so trüb-kitschig | |
zumute, ich wollte nur noch implodieren.“ | |
„Wieso?“ | |
„Ich fühlte mich so entsetzlich einsam beim Anblick der Massen.“ | |
„Weil du nicht dabei warst?“ | |
„Nee, weil ich innen drin eben doch nur einer bin.“ | |
„Geht doch allen so.“ | |
„Bin ich mir nicht sicher.“ | |
„Arbeitsniederlegung!“ | |
„Hä?“ | |
„Das können alle aus Protest tun!“ | |
„Als hätten alle Arbeit.“ | |
„Aber alle haben doch irgendwas zu tun.“ | |
„Nicht alle haben jedoch Geld für Superklebe.“ | |
„Das ist ja nun ohnehin Geschichte.“ | |
„Alle haben ihr Leben, erst wenn das hin ist, hat sich das mit dem Protest | |
erledigt.“ | |
„Du meinst, leben heißt protestieren?“ | |
„Nee, ich meinte jetzt echt, wenn du tot bist, bist du eben tot, mit oder | |
ohne Trecker.“ | |
„Und da wären wir dann beim Hungerstreik.“ | |
## Das Gegenteil von Macht | |
„Davon wird man doch bloß schwach und behandlungsbedürftig, ist das nicht | |
das Gegenteil von Macht?“ | |
„Es ist eben das letzte Mittel.“ | |
„Na, aber da muss einem ja was doll wichtig sein, wenn man dafür gleich | |
seinen ganzen Organismus hergibt.“ | |
„Das wär’, als würden die Bauern ihre Trecker mit sich inklusive in die | |
Schrottpresse fahren.“ | |
„Und wer kümmert sich dann um die Kühe?“ | |
„Na, all die grünen Wiesen wären noch da, ich denke, die Kühe kämen klar.… | |
„Aber die sind die ganze große Freiheit und Weite ja gar nicht gewohnt.“ | |
„Na und? Was soll schon passieren?“ | |
3 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Ramadan | |
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