# taz.de -- Afrikanischer Klimagipfel: Teil der Lösung sein | |
> Der Klimaschutz soll Motor für eine grüne Transformation Afrikas werden. | |
> Wer kommt dafür als Partner infrage? | |
Bild: Proteste der Turkana-Indigenen beim Africa Climate Summit, 4.9.2023 | |
In Afrika leben 18 Prozent der Weltbevölkerung – aber sie verursachen nicht | |
einmal 4 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen. Die Folgen sind hier | |
aber umso deutlicher zu spüren. Das gilt nicht nur für die Katastrophen | |
durch Dürre- und Hochwasser in Ost- und Westafrika, sondern auch für die | |
kleine Insel Rodrigues, ein Eiland der Republik Mauritius im Indischen | |
Ozean. | |
Rodrigues ist ein Mikrokosmos der Herausforderungen, vor die uns der | |
Klimawandel stellt. Ruhig, von atemberaubender Schönheit und mit | |
einzigartiger Natur gesegnet, ist die Insel heute mit der harten Realität | |
der Klimakrise konfrontiert. Die biologische Vielfalt leidet, die | |
Widerstandsfähigkeit der Bewohner:innen wird auf die Probe gestellt. | |
Der steigende Meeresspiegel bedroht Küsten, Wirbelstürme zerstören | |
Lebensgrundlagen und sich ändernde Wettermuster stellen traditionelle | |
Anbaumethoden infrage, mit denen verschiedene Generationen ihren | |
Lebensunterhalt bestritten haben. Die Strände schrumpfen, das Meer dringt | |
ins Landesinnere vor, Korallen bleichen aus, weil das Wasser wärmer wird. | |
Um neun Millimeter steigt der Wasserspiegel jedes Jahr. Drängender könnte | |
die Probleme für die rund 110 Quadratkilometer kleine Insel kaum sein. Und | |
Rodrigues ist damit nicht allein. | |
Im September 2023 richteten Kenia und die Afrikanische Union gemeinsam den | |
ersten afrikanischen Klimagipfel aus. Der Kontinent leidet unter | |
Hitze-Extremen, Überschwemmungen und schweren Dürren mit Zehntausenden von | |
Toten. Diese Katastrophen werfen die Entwicklungsbemühungen zurück und | |
führen zu mehr Hunger und Vertreibung. 30 Milliarden Dollar an | |
Klima-Anpassungshilfen bekommt Afrika nach Weltbank-Angaben pro Jahr. Den | |
Bedarf schätzt die Weltbank aber auf 280 Milliarden Dollar jährlich. | |
Passiv auf die Hilfe warten will der Kontinent nicht – darum ging es bei | |
dem Gipfel in Nairobi. „Afrika will Teil der Lösung sein“, sagte der | |
Gastgeber, Kenias Präsident William Ruto. „Wir können ein grünes | |
industrielles Zentrum sein, das anderen Regionen dabei hilft, ihre | |
Netto-Null-Strategie bis 2050 zu erreichen.“ Die Erschließung der | |
erneuerbaren Energieressourcen auf dem Kontinent sei nicht nur gut für | |
Afrika, sondern auch für den Rest der Welt. | |
Was Ruto sagte, hörte etwa die EU gern. Kommissionspräsidentin Ursula von | |
der Leyen nahm in ihrer Rede in Nairobi direkt Bezug darauf. „Sie sind ein | |
Teil der Lösung“, sagte von der Leyen. Mit seinem riesigen Potenzial für | |
erneuerbare Energien und sauberen Wasserstoff, seltenen Rohstoffen, der | |
„unglaublichen“ Natur- und Artenvielfalt und den vielen jungen | |
Arbeitskräften könnte Afrika dazu beitragen, die globalen Energiesysteme | |
und Versorgungsketten zu sanieren. Allein durch die Beschleunigung des | |
Übergangs zu Solar- und Windenergie könnten sich die Arbeitsplätze im | |
Energiesektor in Afrika in wenigen Jahren verdoppeln, rechnete von der | |
Leyen vor. Und Afrika könnte genug saubere Energie produzieren, um nicht | |
nur den eigenen Kontinent zu versorgen, sondern auch ins Ausland zu | |
exportieren. „Der Klimaschutz könnte eine der wichtigsten Triebfedern für | |
Afrikas Wachstum sein“, so von der Leyen. | |
## Der Klimagipfel hat Partnerschaften mit globalen Verbündeten gefördert | |
UN-Generalsekretär Antonio Guterres verwies auf den Handlungsdruck hin, um | |
tödliche Klimaextreme einzudämmen. Doch dazu braucht es ehrgeizige | |
Zielvorgaben für erneuerbare Energien. Denn die Welt müsse sowohl das | |
1,5-Grad-Ziel einhalten als auch allen Menschen auf der Welt – vor allem in | |
Afrika – erschwinglichen Strom zur Verfügung stellen. „Wir müssen alle | |
zusammenarbeiten, damit Afrika zu einer Supermacht der erneuerbaren | |
Energien wird“. | |
Der Gipfeltreffen hat nicht nur den Stimmen der afrikanischen Länder mehr | |
Gewicht verliehen, sondern auch Partnerschaften mit globalen Verbündeten | |
gefördert. | |
Einer von ihnen ist die EU. Sie will die Zusammenarbeit bei den | |
erneuerbaren Energien schon länger verstärken. Dazu hat sie eine Reihe von | |
Programmen aufgelegt, die unter anderem von der African Renewable Energy | |
Initiative unterstützt werden. | |
Eine der Grundlagen dafür ist die Afrika-EU-Energiepartnerschaft, die auf | |
dem EU-AU-Gipfel im Februar 2022 in Brüssel erneuert wurde. Dort legte die | |
EU mit ihrem „Global Gateway“ auch ein milliardenschweres Instrument vor, | |
mit dem sie die „gemeinsamen Ziele“ der Kontinente für die Agenda 2030 – | |
der UN – und die Agenda 2063 – der Afrikanischen Union – unterstützen wi… | |
Ein Teil des Geldes soll für Vorzeigeprojekte im Energiesektor Afrikas | |
fließen. Dazu zählt die „Afrika-EU-Initiative für grüne Energie“, die | |
ebenfalls auf dem Brüsseler Gipfel 2022 vorgestellt wurde. Flankiert wurde | |
das Ganze unter anderem durch eine hochkarätig besetzte Konferenz namens | |
„EU-Africa Green Investment Forum“ im April 2023 in Lissabon. | |
Mit dieser Unterstützung der grünen Transformation Afrikas will die EU | |
nicht nur Energiearmut bekämpfen, sondern auch die Treibhausgasemissionen | |
drücken. Allerdings bleibt die Kluft zwischen Selbstverpflichtungen und | |
konkreten Ergebnissen groß. Gleichwohl hat sich der europäische Ansatz | |
gegenüber Afrika in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt: von | |
traditionellen, auf Hilfe basierenden Modellen ist er zu differenzierteren, | |
partnerschaftlichen Strategien übergegangen. | |
Für Afrika ist das eine Chance, zunehmend als Kontinent anerkannt zu | |
werden, der reich an Ressourcen, Innovationen und ungenutztem Potenzial und | |
nicht mehr nur auf Hilfe angewiesen ist. Aus einem bloßen Empfänger von | |
Entwicklungshilfe kann ein Verbündeter werden. Und heute wird stärker als | |
früher darauf geachtet, die afrikanischen Länder als gleichberechtigte | |
Partner in die Gestaltung von Politiken und Agenden einzubeziehen. | |
Eine Rolle spielt dabei zweifellos das Agieren neuer Akteure in Afrika, wie | |
China, Indien und Russland. Sie haben die Dynamik des Engagements auf dem | |
Kontinent erheblich verändert. Die aufstrebenden Mächte verfolgen andere | |
Ansätze als die westlichen Staaten. Doch auch sie beeinflussen die | |
wirtschaftliche, politische und infrastrukturelle Entwicklung Afrikas – | |
einschließlich der Klimapolitik. | |
China tut sich dabei besonders durch Infrastrukturinvestitionen, | |
Handelspartnerschaften und Rohstoffgewinnung hervor – etwa im Rahmen seiner | |
Belt and Road Initiative für Straßen, Häfen, Eisenbahnen und | |
Energieanlagen. Das hilft bei der Entwicklung Afrikas, wirft aber Bedenken | |
hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit und der Umweltfolgen auf. | |
Indien engagiert sich – etwa durch seinen India-Africa Forum Summit – bei | |
wirtschaftlicher Zusammenarbeit und technologischem Austausch. Auch | |
Russland verfolgt strategische Interessen in der Region. Das Land engagiert | |
sich im Energiebereich, bei Militärbündnissen und der Rohstoffgewinnung. | |
Beim Thema Klimawandel tritt Moskau aber kaum in Erscheinung. | |
Die neuen Akteure bringen Ressourcen und alternative Entwicklungsmodelle | |
mit. Gelingt es, diese auf die Klimaziele abzustimmen, dann wird sich das | |
positiv auf die Widerstandsfähigkeit der afrikanischen Ökosysteme | |
auswirken. Und dann könnte die Insel Rodrigues im Indischen Ozean auch für | |
künftige Generationen die „Stress Free Island“ bleiben, als die sie heute | |
berühmt ist. | |
[1][Hier] erfahren Sie mehr über den Afrika-Workshop der taz Panter | |
Stiftung und das 54-seitige Magazin. | |
21 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /!vn5981173/ | |
## AUTOREN | |
David Casimir | |
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