# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Druck der Gegenwart | |
> Das Babylon Mitte würdigt William Friedkin, das Sputnik den Estnischen | |
> Film. Und das Passage Kino zeigt das Porträt einer spanischen | |
> Bauernfamilie. | |
Bild: „Alcarràs – Die letzte Ernte“ (2022), Regie: Carla Simón | |
Drei kleine Kinder sitzen im Wrack eines alten Citroën und spielen | |
Raumfahrt. Sie fliegen durchs All und treffen auf ihrer Reise natürlich | |
auch auf ein Alien. Das Alien, das ihnen in der Realität der | |
sonnendurchfluteten katalanischen Landschaft tatsächlich begegnet, ist | |
allerdings ein großer gelber Bagger, dessen Führer die Kinder aus ihrem | |
Spielgefährt vertreibt. | |
Unterdessen suchen die Erwachsenen der Familie Solés in ihren Unterlagen | |
verzweifelt nach einem Vertrag, der die Nutzungsrechte des Landes regelt, | |
auf dem sie ihre Pfirsichplantage betreiben. Denn die Kündigung liegt auf | |
dem Tisch, der Landbesitzer will dort einen Solarpark errichten lassen. Der | |
Bagger ist keine leere Drohung. | |
„Alcarràs – Die letzte Ernte“ der spanischen Regisseurin Carla Simón | |
zeichnet das Porträt mehrerer Generationen einer bäuerlichen Familie, die | |
unter dem Druck einer Gegenwart auseinanderdriftet, die kaum mehr Raum für | |
eine traditionelle Lebensweise bietet. | |
Es ist ein liebevoll genauer Blick auf die Menschen einer Gegend, die Carla | |
Simón gut kennt: Verwandte der Regisseurin betreiben tatsächlich seit den | |
Zeiten des Großvaters eine Pfirsichplantage; die | |
Laiendarsteller:innen castete Simón in einer aufwändigen Prozedur in | |
der Region. | |
Und das spürt man deutlich: Hier sind Menschen am Werk, die wissen, was sie | |
tun und wovon sie reden. Das Passage Kino zeigt den bei der Berlinale 2022 | |
mit dem Goldenen Bären ausgezeichneten Spielfilm im Rahmen seines „Monats | |
des europäischen Films“ (26. 11., 15 Uhr, [1][Passage Kino]). | |
Im August dieses Jahres verstarb mit William Friedkin einer der wichtigsten | |
Regisseure des New Hollywood in den 1970er Jahren; Filme wie der | |
Polizeithriller „The French Connection“ (1971) und der Horrorfilm „Der | |
Exorzist“ (1973) waren die großen Kassenschlager ihrer Zeit. Im Babylon | |
Mitte ist dem Regisseur jetzt eine sieben Filme umfassende Reihe gewidmet, | |
in der natürlich auch die beiden Klassiker zu sehen sind. | |
„The French Connection“ lebt vom Gespür für die wenig glamourösen Seiten | |
des Schauplatzes New York und machte seinerzeit Gene Hackman dank dessen | |
physischer Präsenz zum Star: Als in seinen Methoden nicht unbedingt | |
wählerischer Rauschgiftfahnder „Popeye“ Doyle ist er an einer extrem | |
dynamischen Verfolgungsjagd beteiligt (mit dem Auto hinter einer Hochbahn | |
her) und verfolgt verbissen einen smarten Heroinschmuggler, der jedoch | |
immer wieder entwischen kann (23. 11., 21.45 Uhr, 27. 11., 22.15 Uhr, 29. | |
11., 22 Uhr, [2][Babylon Mitte]). | |
Für ein Land mit gerade einmal 1,3 Millionen Einwohnern hat das kleine | |
Estland eine überraschend produktive Filmszene. International bekannt sind | |
etwa die estnischen Animationsfilme, doch nicht nur deren spezielle Kunst | |
besitzt eine lange währende Tradition. | |
Bei den diesjährigen Estnischen Filmtagen Berlin (24. bis 26. November) | |
wird im Sputnik Kino die erste estnisch-deutsche Co-Produktion gezeigt, die | |
ins Jahr 1930 zurückreicht. „Kire lained“ (übersetzt: Wellen der | |
Leidenschaft), ist ein von dem bekannten russischen Schauspieler Wladimir | |
Gaidarow inszeniertes Abenteuer über Alkoholschmuggel nach Finnland auf der | |
Ostsee, und natürlich verliebt sich der von Gaidarow verkörperte Journalist | |
auf Recherchetour dabei in die Tochter eines Schmugglers (24. 11., 21 Uhr, | |
Sputnik Kino). | |
23 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.yorck.de/filme/alcarras-die-letzte-ernte?sort=Popularity&da… | |
[2] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/william-friedkin/6461-william-f… | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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