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# taz.de -- Volksabstimmung in Australien: Rassismus ist stärker als Liebe
> Australien entscheidet sich mehrheitlich dagegen, die Diskriminierung der
> Aborigines abzubauen. Gegen Hass hat Liebe einfach keine Chance.
Bild: Der „Australische Traum“ bleibt weiter auf Rassismus gegründet
Gegen Hass hat Liebe keine Chance – nicht in der Politik. Der Versuch der
Befürworter einer stärkeren „Stimme im Parlament“ für australische
Ureinwohner, mit rationalen Erklärungen, mit Geduld und – nach deren
eigenen Aussagen – „Liebe“ das Volk zu überzeugen, [1][ist am Samstag mit
dem „Nein“ zur entsprechenden Vorlage spektakulär gescheitert].
Die Kampagne der Gegner, angeführt von der konservativen Koalition unter
Oppositionsführer Peter Dutton, war derart vernichtend negativ, dass sie
den Befürwortern am Schluss den Atem verschlagen hatte. „Ich weiß nicht,
was ich noch sagen kann. Hass zu schüren ist so viel einfacher, als mit
Fakten zu überzeugen“, so eine Aktivistin unter Tränen. Sie reagierte auf
Meldungen, wonach rassistische Angriffe auf Indigene und Befürworter der
Vorlage deutlich zugenommen hätten.
Laut Medienberichten wurde die Strategie der „Nein“-Seite durch Berater der
ultrakonservativen Rechten in den USA umgesetzt, die dem Lager von Donald
Trump angehörten. Sie ist ebenso simpel wie wirkungsvoll: Man überflutet
die Medien über Monate mit Halbwahrheiten, Falschheiten, ja nackten Lügen.
Irgendwas bleibt hängen.
Slogans, die auf Ängste vor Rassismus (gegenüber den Weißen!) zielten, vor
einer Spaltung der Gesellschaft warnten, vor Landverlust und höheren
Steuern, ja vor „rassisch bedingten Sonderrechten“ für Ureinwohner, wurden
in den Medien täglich wiedergekäut – allzu oft, ohne von den Journalisten
hinterfragt zu werden. Selbst die absurde Behauptung, die Entrechtung und
der versuchte Völkermord an den Ureinwohnern seit der britischen Invasion
1788 hätten keine Folgen für Aboriginal heute, wurde kaum kritisiert.
Obwohl das Gegenteil der Fall ist: Indigene sterben im Durchschnitt acht
Jahre früher als nicht-Indigene, sind schlechter ausgebildet, kommen
häufiger in Polizeigewahrsam um, und sind Ziel von Rassismus. Die
konservative Politikerin Jacinta Price, selbst Aboriginal und eine der
wenigen indigenen, aber wichtigen Stimmen der Gegner, behauptete,
Ureinwohner hätten der Kolonialisierung „Strom und regelmäßiges Essen“ zu
verdanken.
Australierinnen und Australier sind politisch generell wenig interessiert.
Bestünde nicht Stimm- und Wahlpflicht, würden viele am Samstag wohl eher
zum Rugbyspiel gehen als zur Wahlurne.
Es wäre aber falsch, das „Nein“ auf Desinteresse, Naivität oder
Leichtgläubigkeit zurückzuführen. 10 Minuten Zeit und ein Klick auf Google
hätten gezeigt, dass von der „Stimme“ nichts zu befürchten gewesen wäre.
Trotzdem folgten Millionen Menschen bewusst dem ebenso simplen wie
wirksamen Schlachtruf der Gegner: „If you don’t know, vote No“ – Wer ni…
(über die Vorlage) wisse, solle Nein stimmen. Dieser Deckmantel der
Ignoranz erlaubte vielen, das Monster freizulassen, das seit über 200
Jahren tief in der Seele des nicht-indigenen Australien schlummert:
Rassismus und Ablehnung gegenüber den ersten Bewohnern des Kontinents. Oder
Gleichgültigkeit. Gegenüber ihrer [2][Diskriminierung], ihren
Benachteiligungen und – seit Samstag – ihrer erneuten Hoffnungslosigkeit.
14 Oct 2023
## LINKS
[1] /Referendum-in-Australien/!5966386
[2] /Diskriminierung-von-Aborigines/!5147768
## AUTOREN
Urs Wälterlin
## TAGS
Aborigines
Australien
Verfassung
GNS
Schwerpunkt Rassismus
Canberra
Literatur
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