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# taz.de -- Leitfaden fürs Impfen: Durchblick im Impfdschungel
> Trotz 27 Grad Anfang Oktober – die kalte Jahreszeit kommt, und mit ihr
> die saisonalen Infektionen. Wer sollte sich jetzt wogegen impfen lassen?
Bild: Ist es schon wieder so weit? Eine Frau wird mit dem Corona-Impfstoff geim…
Schon vor der Pandemie fragten sich jedes Jahr im Herbst viele:
Grippeimpfung – ja oder nein? Nun kommt eine weitere Entscheidung dazu:
Wäre es vielleicht Zeit für den nächsten Corona-Piks?
An sich ist die Formel für beide Fragen einfach. Jährlich impfen lassen
sollten sich laut der Ständigen Impfkommission (Stiko) vor allem zwei
Gruppen: einerseits Personen mit einem höheren Erkrankungsrisiko, also
besonders solche mit chronischen Grunderkrankungen oder ältere Menschen ab
60 Jahren. Andererseits aber auch diejenigen, die oft mit gefährdeten
Personen in Kontakt kommen, wie medizinisches Personal und
Familienangehörige.
Ob man in eine der Kategorien fällt, kann man mit dem Hausarzt oder der
Hausärztin besprechen. Zudem hat die Bundeszentrale für Gesundheitliche
Aufklärung (BZgA) einen Grippe-Impfcheck auf ihrer Internetseite
[1][impfen-info.de] veröffentlicht. Nach der Beantwortung weniger Fragen
bekommt man dort die entsprechende Stiko-Empfehlung präsentiert. Bei der
Grippe standen schon lange besonders die Risikogruppen im Fokus.
Warum nun auch nicht mehr zwingend alle Menschen eine Corona-Impfung
benötigen, erklärt Ulrich Seybold, Facharzt für Innere Medizin und
Infektiologie am Zentrum für Klinische Infektiologie am LMU Klinikum
München: „Generell kann man davon ausgehen, dass inzwischen fast alle
Menschen irgendwie mit einer Corona-Variante in Kontakt gekommen sind, über
eine Impfung, eine Erkrankung oder beides.“ Damit sei ein gewisser Schutz
vorhanden, bei den meisten Personen führe das Virus eher zu milden
Symptomen.
## Ein gewisser Schutz vorhanden
Gleichzeitig bedeuten die Empfehlungen der Stiko nicht, dass nur die
genannten Gruppen sich impfen lassen dürfen. „Letztendlich ist es eine
individuelle Entscheidung“, so Seybold. Auf Patient*innen, die laut
Impfkommission keine Impfung benötigen, [2][können dann aber Kosten
zukommen]. Seit Mitte September gibt es zudem einen [3][neuen Impfstoff von
Biontech/Pfizer], der besser vor den aktuellen Varianten schützen soll.
Bisher nur für Menschen ab 12 Jahren – allerdings steht auch eine Version
für das Alter zwischen sechs Monaten und 11 Jahren in Aussicht.
Die Influenza-Impfung für Grippeviren wird ohnehin jedes Jahr neu
zusammengestellt, um gezielt gegen die aktuellen Viren zu wirken. Die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) sammelt dazu weltweit Daten und
veröffentlicht Anfang des Jahres eine Empfehlung für die Zusammensetzung
des Impfstoffes, der dann im Herbst zum Einsatz kommen soll. Besonders
praktisch: Grippe- und Corona-Impfstoff können gleichzeitig verabreicht
werden. Das erspart immerhin einen Gang zum Arzt.
Eine weitere Atemwegserkrankung, die in Herbst und Winter wichtig ist, wird
durch das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ausgelöst. Und tatsächlich
gibt es in diesem Jahr zum ersten Mal zwei zugelassene Impfstoffe gegen die
Erkrankung. Beide sind für Menschen ab 60 Jahren vorgesehen, einer
zusätzlich auch für Schwangere. Allerdings: Bisher gibt es keine Empfehlung
der Stiko für den Einsatz der beiden Impfstoffe. Zudem sind vor allem
Frühgeborene und Kinder mit schweren Herzfehlern oder Lungenerkrankungen
besonders gefährdet.
Für sie gibt es derzeit einen sogenannten monoklonalen Antikörper, der sie
gut vor RSV schützt, erklärt Folke Brinkmann, Leiterin der Sektion
Pädiatrische Pneumologie an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. „Aber nur, wenn man ihn alle vier
Wochen während der Infektionssaison in den Muskel spritzt.“ Das sei für die
Kinder und deren Familien durchaus eine Belastung.
Schwangere könnten möglicherweise bereits den ungeborenen Kindern einen
gewissen Schutz zu liefern, indem sie sich impfen lassen. „Man sieht eine
Schutzwirkung, die allerdings noch nicht so perfekt ist, wie man sie sich
wünschen würde“, so Brinkmann. Mit all den Möglichkeiten von
RSV-Impfstrategien beschäftigt sich die Stiko laut eigener Agenda bis 2024,
möglicherweise wird es im kommenden Jahr also eine entsprechende Empfehlung
geben.
## Güte des Herzens oder Wettbewerbsvorteil?
Warum ist eigentlich so wichtig, was die Stiko sagt? „Tatsächlich geht es
da vor allem um die Kostenübernahme“, erklärt Ulrich Seybold. Der
Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) legt fest, welche Leistungen die
gesetzlichen Krankenkassen übernehmen müssen. Seine Beschlüsse basiert
dieses Gremium wiederum auf den Stiko-Empfehlungen. Wer also außerhalb
dieser Empfehlungen eine Impfung erhalten möchte, muss sie in der Regel
selbst zahlen.
„Manche Krankenkassen übernehmen aber auch Impfkosten, die sie eigentlich
nicht zahlen müssten, etwa bei Grippeimpfungen für jüngere Menschen ohne
Grunderkrankungen“, so Seybold. Natürlich nicht aus der Güte ihrer Herzen,
sondern als Wettbewerbsvorteil.
Dennoch bieten die Stiko-Empfehlungen einen guten Hinweis für Menschen mit
höherem Risiko für saisonale Erkrankungen. Um möglichst einfach zu zeigen,
für wen welche Impfung sinnvoll ist, hat sie [4][einen Kalender mit all
ihren Empfehlungen] erstellt. Darin geht es nicht nur um die jährlichen
Impfungen, auch Grundimmunisierungen für Babys, Kinder und Jugendliche sind
aufgelistet: Rotaviren, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Pneumokokken,
Masern, Windpocken und andere. Der Kalender ist allerdings zur Übersicht
möglichst einfach gehalten und beinhaltet nicht alle Eventualitäten – im
Zweifelsfall hilft ein Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt.
„Bei der Impffrage geht es oft nicht nur um unsere eigene Gesundheit“,
betont Ulrich Seybold und verweist auf die sogenannte Kokonstrategie, die
schon in der Pandemie immer wieder Thema war: Der beste Schutz von
gefährdeten Menschen ist, wenn möglichst alle Personen in ihrem Umfeld gar
nicht erst erkranken.
Es mache also durchaus auch für gesunde, jüngere Menschen Sinn, sich gegen
die verschiedenen Infektionen impfen zu lassen – etwa, wenn Sie mit
Risikopatient*innen in einem Haus leben oder regelmäßig ihre
älteren Verwandten besuchen. „Das vergessen viele Leute mittlerweile
wieder.“ Dazu kommt: Durch den Wegfall der Coronamaßnahmen fehlt nun häufig
der Immunschutz bei anderen Infektionskrankheiten. Deshalb stiegen bereits
im letzten Jahr die RSV-Infektionen deutlich an, und auch in diesem Herbst
und Winter könnten Influenza und RSV wieder für vollere Krankenhäuser
sorgen.
10 Oct 2023
## LINKS
[1] https://www.impfen-info.de/grippeimpfung/grippe-impfcheck/
[2] /Corona-Impfungen-im-Herbst-2023/!5957992
[3] /Impfstart-in-den-Hausarztpraxen/!5957986
[4] https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/Aktuelles/Imp…
## AUTOREN
Stefanie Uhrig
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