# taz.de -- Rugby-Weltmeister Südafrika: Ultimative Turniertiere | |
> Südafrika beweist in einem dramatischen Rugby-WM-Finale erneut seine | |
> Turnierqualitäten und bezwingt Neuseeland äußerst knapp. | |
Bild: Schon wieder Weltmeister: Das südafrikanische Team verteidigt seinen Tit… | |
Es war die 55. Minute, da hätte dieses Spiel eine andere Wendung nehmen | |
können. Noch nie zuvor hatte eine Mannschaft ein Finale der Rugby-WM | |
gewonnen, die zur Halbzeit zurückgelegen hatte. Und noch nie hatte es | |
jemand vermocht, den Südafrikanern bei einem ihrer – bis dahin – | |
[1][dreieinhalb WM-Endspiele] einen Versuch ins Malfeld zu legen. | |
Doch dann fand der zweifache Weltrugbyspieler Beauden Barrett die Lücke in | |
der grün-goldenen Wand und gab den All Blacks die Möglichkeit, in diesem | |
epischen Finale erstmals in Führung zu gehen. Mit einer Conversion, nach | |
einem gelegten Versuch, können im Rugby zwei weitere Punkte erzielt werden. | |
Das hätte gereicht, um die Springboks in Verlegenheit zu bringen. Aber der | |
Kick von Richie Mo’unga ging ebenso an den Stangen vorbei wie der | |
Penalty-Kick von Jordie Barrett in der 72. Minute. | |
Nur einer der beiden Treffer hätte gereicht, um den Endstand von 12:11 noch | |
zugunsten der All Blacks zu verändern. Dennoch wurde ein anderer zur | |
tragischen Figur dieses Spiels. All-Black-Kapitän Sam Cane hatte in den | |
vergangenen Jahren verzweifelt versucht, aus dem Schatten seines übergroßen | |
Vorgängers Richie McCaw zu treten. | |
In Paris wollte er sein eigenes Kapitel Rugbygeschichte schreiben. Und tat | |
das auch, nur eben anders, als er sich das vorgestellt hatte. Wegen eines | |
High Tackles gegen den Südafrikaner Jesse Kriel kassierte er – als erster | |
Spieler in einem Rugbyfinale – in der 32. Minute eine Rote Karte und war | |
dazu verdammt, sich den Rest des Spiels von außen anzuschauen. | |
## Später Widerstand | |
Erst jetzt, in Unterzahl und bei neun Punkten Rückstand, begannen die All | |
Blacks so zu spielen, als ob sie daran glauben würden, diese physisch | |
stabilen Springboks schlagen zu können. Immer wieder verzichteten sie auf | |
Penaltys in aussichtsreichen Positionen, um stattdessen über Einwürfe auf | |
die punktewirksameren Versuche zu gehen. Aber ein Durchbruch zum Malfeld | |
konnte nicht gelingen. | |
Das lag auch am Südafrikaner Pieter-Steph du Toit, der am Ende jeden | |
einzelnen Grashalm des Rasens im Stade de France umgemäht zu haben schien. | |
Beim letzten Triumph der Springboks 2019 war er zum weltbesten Rugbyspieler | |
gewählt worden, diesmal zum Man of the Match. Mit seinen 28 erfolgreichen | |
Tackles im Finale von Paris stellte er den Rekord der meisten Tackles in | |
einem WM-Spiel des Franzosen Dusautoirs ein. | |
Das Finale war ein treffender Abschluss dieser hochklassigen WM. Es wird | |
nicht als Leuchtturm fehlerfreier Perfektion in Erinnerung bleiben, aber | |
die beiden [2][größten Rugbynationen] lieferten sich ein Duell auf | |
Augenhöhe, welches eine unfassbare Dramatik bot. Die Springboks haben das | |
getan, was sie am besten können: sich als die ultimativen Turniertiere | |
durch die Endrunde zu kämpfen. Das 12:11 war nach dem Viertelfinale gegen | |
Frankreich [3][und dem Halbfinale gegen England] das dritte Spiel in Folge, | |
welches sie mit lediglich einem Punkt Vorsprung gewinnen konnten. | |
Kapitän Siya Kolisi hob unter Jubel und Pyrotechnik die Trophäe, den | |
Webb-Ellis-Cup, nach 2019 zum zweiten Mal in die Höhe. Er ist nun endgültig | |
im Rugby-Olymp angekommen und steht dort jetzt mit dem Neuseeländer Richie | |
McCaw, der 2011 und 2015 ebenfalls zweimal hintereinander als Kapitän | |
Weltmeister wurde. | |
Zur Bedeutung des Sieges sagte er: „Bei der letzten WM hatten wir | |
eigentlich nur darauf gehofft zu gewinnen, aber dieses Mal haben es alle | |
fast erwartet. In unserem Land läuft so viel schief, und wir sind so etwas | |
wie die letzte Verteidigungslinie und können zeigen, dass wir gemeinsam | |
viel erreichen können. Es gab Leute vor mir, die dafür gekämpft haben, dass | |
Leute, die wie ich aussehen, überhaupt für dieses Team spielen können. | |
Daher ist es meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass wir aus diesem Team das | |
Beste machen, was es sein kann, und mehr Menschen inspirieren.“ | |
30 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Christian Henkel | |
Karl-Udo Wenholt | |
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