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# taz.de -- Die Wahrheit: Die und das Sehnen der Slowenen
> Slowenische Woche der Wahrheit anlässlich der Frankfurter Buchmesse: Die
> Sieger im diesjährigen Wahrheit-Unterbringwettbewerb Jieper 23 stehen
> fest.
Bild: Wahrzeichen des Wahrheitklubs ist die Fischgräte
Diese Woche widmet sich die Wahrheit in all seinen großen und kleinen
Aspekten Slowenien. Denn das verwechslungsanfällige Land ist in diesem Jahr
Ehrengast der am Mittwoch beginnenden Frankfurter Buchmesse.
Satte 23 Jahre gibt es jetzt schon den Unterbringwettbewerb der Wahrheit.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends flog den Redakteuren nämlich ein Satz zu:
„Wer Jieper hat, muss schmackofatzen.“ Daraus entwickelte sich ein
Wettbewerb, bei dem Journalistinnen und Journalisten einen Nonsenssatz
irgendwo in ihren Medien unterbringen sollten, je ernsthafter, desto höher
die Gewinnchancen.
Als Gewinn gab es das Hausgetränk der Wahrheit, eine Flasche edler Brandy
der Marke Gran Duque d’Alba, genannt „Die große Ente“. Und fertig war der
bis heute existierende Jieper-Preis. Erster Preisträger im Jahr 2000 war
die FAZ, die den Jieper-Satz unter ein Bild des damaligen Finanzministers
Hans Eichel beim Golfen setzte.
Und jetzt Slowenien. Das heißt – zunächst treten wie immer die Nörgler und
Besserwisser auf. Denn seit des Beginns wird der Unterbringwettbewerb von
murrenden Kräften begleitet, die nichts Besseres zu tun haben, als an den
jeweiligen Sätzen herumzumäkeln: Im Jahr 2010 zum Beispiel, als die
Hamburger Zeit gewann, hieß es zum Spruch „Der Tango macht den Gaucho heiß,
wie jedes Rind der Pampa weiß“, dass Gauchos keinen Tango tanzen. Ist das
aber wichtig bei diesem Spaß?
Oder 2008, als das Berliner Magazin Zitty gewann, wurde der Spruch „Wer
einmal mit Obama pennt, gehört schon zum Establishment“ von den
Barack-Jüngern schwer kritisiert. Lieber gingen sie mit einem
US-Präsidenten ins moralinsauere Bett.
Und im Fall Slowenien? Darf Doktor Besserwiss selbstverständlich auch nicht
fehlen, diesmal in Gestalt eines medizinisch geschulten Lesers, der uns
darauf hinwies, dass der Spruch „Die alten Sehnen neu zu dehnen, danach
sehnen sich Slowenen“ nicht stimmen könne, da sich Sehnen anders als
Muskeln nicht dehnen ließen. Ach wirklich! Ist das so? Dann gibt es
bestimmt auch keine Orgel spielenden Igel, wie wir 2018, als Radio Paradiso
gewann, im Spruch „Ohne Igel an den Orgeln keine Orgien in Georgien“
behaupteten.
Vielleicht muss noch einmal auf den Nonsens-Charakter verwiesen werden?
Oder auch nicht, zitieren wir lieber den großen Wahrheit-Autor Helmut Höge,
der bereits alles zu Wortklaubern und Nervensägen gesagt hat: „Wenn ich
eines hasse, dann Kritik.“
Und jetzt Slowenien. Oder doch noch nicht. Denn wenn ein kleines Land schon
mal nach Frankfurt als Ehrengast zur Buchmesse eingeladen wird, kommt
garantiert etwas dazwischen – wie die Weltlage. Die Terroranschläge der
Hamas in Israel haben urplötzlich den Blick auf den Nahen Osten gelenkt.
Schon gibt es Forderungen, die Buchmesse 2023 zu einer israelischen zu
machen. Und die Frage, warum eigentlich Israel noch nie Gastland der Messe
war?
Eine gute Frage, aber so sind die Deutschen eben: Laden sich einen Gast
ein, und weil er nicht so bekannt ist, lassen sie ihn auf der Party allein
in der Ecke stehen, um sich lieber mit den berühmten Gästen zu
beschäftigen. Als Entschuldigung beteuern alle, dass schließlich auch die
Ukraine und Russland nicht vergessen werden dürften.
Deshalb jetzt erst recht Slowenien – zumindest für die Wahrheit, die immer
ein Herz hat für die Kleinen. Weil auf sie Verlass ist, während die Großen
sich mal wieder zu schade sind, die Randdinge wahrzunehmen und stattdessen
lieber die Lorbeeren auf den wichtig wichtigen Feldern der Weltpolitik
einheimsen wollen. Deshalb haben wir beim Unterbringwettbewerb 2023 auch
das Augenmerk auf die lokalen und regionalen Medien gelegt und wollen drei
stellvertretend hervorheben, die sich nicht von der Großlage beeindrucken
ließen, sondern sich ganz dem Jieper 23 hingaben.
Wie die Kreiszeitung Syke, die logischerweise in Syke erscheint, was
„übrigens südlich von Bremen und (Achtung: Funfact!) Sieke und nicht Süke
ausgesprochen wird“, wie uns die redaktionelle Kraft Alexandra Wolff
mitteilte, die den Nonsenssatz wortgetreu in einem Artikel über eine
Großraumlimousine unterbrachte und zudem in der Dachzeile verkündete:
„Sportwagen ist für slowenische(s) Sehnen ein wahrhaft dehnbarer Begriff.“
Eine saubere Unterbringung, aber noch nicht preiswürdig.
Wie das Dresdner Kulturmagazin, dessen Autor Patrick Wilden den Spruch in
einer Rezension des „mysteriösen und hintergründigen“ Romans „Der
Spatzenkaiser“ unterbrachte, weil die Eltern des Romanciers Thomas
Podhostnik aus Slowenien stammen. Auch eine solide Unterbringung, aber zu
nah am Thema.
## Coburg macht das Nonsense-Rennen
Sieger in diesem Jahr ist: die Redakteurin des Coburger Tageblatts Simone
Bastian, der es gelungen ist, den Nonsenssatz in einen ganzseitigen Bericht
über die Eröffnung eines neuen Kulturbaus hineinzuschmuggeln. Während der
Eröffnungsfeier müssen die Gäste Reden des bayerischen Ministerpräsidenten
Söder und des Coburger Oberbürgermeisters Sauerteig aussitzen, das
Sitzfleisch wird also arg strapaziert.
„Die Sitze im neuen Globe sind gut. Das ist nicht unwichtig, wenn die
Besucher da zwei Stunden am Stück sitzen müssen wie am Freitagabend bei der
Eröffnung des Rundbaus. Die alten Sehnen neu zu dehnen, danach sehnen sich
Slowenen.“ Eindeutig preiswürdig. Unsere Gratulation geht nach Oberfranken
und an die sich wohl mindestens nach Beinfreiheit sehnende Redakteurin
Simone Bastian.
Wer den Jieper-Preis in diesem Jahr und vermutlich auch in den nächsten
Jahrzehnten nicht gewinnen wird, ist der slowenische Feuerwasserphilosoph
Slavoj Žižek, der allerdings wie alle Beteiligten und sämtliche
Wahrheitklub-Mitglieder herzlich eingeladen ist, bei der Preisverleihung am
Publikumssamstag der Buchmesse Gäste der Wahrheit zu sein. Dann wird die
„große Ente“ überreicht und trotz oder auch wegen der düsteren Weltlage
einiges weggetrunken.
[1][Auf zum Wahrheitklub]! Am Samstag, dem 21. Oktober 2023, um 13 Uhr –
diesmal am Stand des Verlags Carlsen-Lappan (Halle 3.0, Stand G67).
Gefeiert wird wie immer ausgedehnt nach dem alten Wahrheit-Motto: „Ridentem
dicere verum.“
17 Oct 2023
## LINKS
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## AUTOREN
Michael Ringel
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Kolumne Die Wahrheit
Unterbringwettbewerb
Jieper-Preis
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