Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rugby-WM in Frankreich: Allez les verts!
> Irland ist wieder mal Geheimfavorit bei einer Weltmeisterschaft. Erneut
> könnte im Viertelfinale gegen Neuseeland Schluss sein.
Bild: Grünes Monster: Garry Ringrose legt einen Versuch für Irland
Es könnte so kommen, wie es schon bei den vergangenen drei
Weltmeisterschaften war. Irland reist als Geheimfavorit an und packt nach
dem Viertelfinale die Koffer, ohne im Turnier einen besonderen Fußabdruck
zu hinterlassen. Im Vorfeld der WM 2019 in Japan hatten die „Boys in
Green“, die sowohl die Republik Irland als auch Nordirland repräsentieren,
die ersten Länderspiele überhaupt in der 117-jährigen Geschichte des
Aufeinandertreffens der beiden Teams gegen die All Blacks aus Neuseeland
gewonnen.
In Anspielung auf die Comic-Figur Superman war der Stil der Iren damals als
schwach machendes grünes Kryptonit für die Super-All Blacks bezeichnet
worden. Stuart Barnes, ehemaliger englischer Rugby-Spieler und nun
Kolumnist und TV-Kommentator, schrieb damals: „Es ist ein riesiges grünes
Monster, das in der Lage ist, jegliche Luft aus einem Rugby-Spiel zu
saugen. Sie hämmern sich auf dem Feld Meter für Meter nach vorn und
überlassen die schnelle Beinarbeit den anderen.“ Im Viertelfinale von Chōfu
trug das Monster am Ende doch wieder die Farbe Schwarz und die chancenlosen
Iren (14:46) verpassten zum insgesamt siebten Mal (bei neun
Weltmeisterschaften) den Einzug ins Halbfinale.
Wiederholt sich die Geschichte? Am Samstag in Paris treffen die Iren wieder
auf Neuseeland. Allerdings sind die Vorzeichen dieses Mal ganz andere. Denn
Irland hat sich vom Geheimtipp mit Außenseiterchancen zur vielleicht besten
Rugby-Union-Mannschaft der Welt entwickelt. Sie haben das
Six-Nations-Turnier gewonnen, sind seit 17 Länderspielen ungeschlagen.
Seit 2019 haben sie viermal gegen die All Blacks gespielt und drei Partien
(davon zwei in Neuseeland) gewonnen. Bei der WM besiegten sie nicht nur
[1][die hochfavorisierten Springboks aus Südafrika], sondern demolierten
auch im „keltischen Duell“ die Schotten, welche vielleicht mit dem
talentiertesten Team aller Zeiten nach Frankreich gereist waren.
Gregor Townsend, Schottlands Cheftrainer, deutete nach dem Spiel an, was
schon am Samstagabend seinen Anfang nehmen könnte: „Sie sind nun [2][neben
Frankreich einer der beiden Favoriten] auf den Titel“, so Townsend. „Aber
nicht nur das. Denn so wie das irische Rugby aufgebaut ist, könnten sie in
den nächsten fünf bis zehn Jahren das Welt-Rugby dominieren. Sie sind das
Team Nr. 1 der Welt, sie haben ein sehr starkes Profi-Rugby-System und im
Nachwuchs in allen Altersklassen überragende Teams. Was sollte ihren
Aufstieg also aufhalten?“
## Strukturelle Überlegenheit
Was Townsend meinte, ist vor allem in der Struktur des irischen Rugbys
begründet. Ähnlich wie in Neuseeland hatte der nationale Rugbyverband
Irlands, die Irfu, vor 25 Jahren die Gründung von eigenständigen,
professionellen Rugbyvereinen verhindert und stattdessen ein Profiteam für
jede der vier Provinzen Leinster (Dublin), Munster (Limerick), Ulster
(Belfast) und Connacht (Galway) unter seiner Führung geschaffen. Mit der
maximalen Unterstützung des potenten Landesverbandes konnten so in der
Vergangenheit alle Spieler im eigenen Land gehalten werden. In der irischen
Startformation gegen Schottland standen nur Spieler, die auch im Verein auf
der grünen Insel spielen.
Unter Trainer Joe Smit, der bis 2019 die Verantwortung hatte und
mittlerweile pikanterweise zum Stab der All Blacks gehört, wurde die Liebe
für taktische Details eingeführt. Der jetzige Coach Andy Farrell hat diese
Spielstruktur nun mit kreativen Angriffselementen verfeinert.
Wogegen die einst so unbesiegbar scheinenden All Blacks am Samstagabend in
jedem Fall auch antreten müssen, ist die Leidenschaft der irischen Fans und
ihrer besonderen Verbindung zu ihrem Team. Wo immer die Iren in Frankreich
antraten, empfing sie in den Stadien ein Meer in Grün. Ob „Dirty Old Town“
von den Pogues, „Zombie“ von den Cranberries oder das unverwüstliche „Mo…
Malone“ – gesungen wurde in imposanten Chören, dass sich Mark Reason,
Sport-Kolumnist der populären neuseeländischen Website [3][Stuff], zu dem
Ausruf inspiriert sah: „Wenn ihr Sport liebt, dann hofft, dass Irland die
WM gewinnt! Allez les verts!“
Solch eine Zuneigung kann belasten, Vorschusslorbeeren ebenso wie die
Vergangenheit. Sie kann einen lähmen – oder inspirieren. Spiele gegen die
All Blacks gewinnt man, so heißt es, wenn man in Führung geht. Davon waren
die Iren im Viertelfinale von 2019 das ganze Spiel meilenweit entfernt. Der
Samstagabend wird zeigen, ob sie dieses Mal reif für den großen Wurf sind.
13 Oct 2023
## LINKS
[1] /Suedafrika-ist-Rugby-Weltmeister/!5635098
[2] /Beginn-der-Rugby-WM-in-Frankreich/!5955335
[3] https://www.stuff.co.nz/
## AUTOREN
Christian Henkel
## TAGS
Rugby
Irland
All Blacks
Rugby
Rugby
Rugby
Rugby
Schwerpunkt Sport trotz Corona
## ARTIKEL ZUM THEMA
Halbfinale der Männer-Rugby-WM: Doch noch verbockt
Gegen die „Springboks“ agieren die Engländer im Halbfinale der Rugby-WM
lange großartig. Doch Südafrika dreht zum 16:15.
England vor dem Halbfinale der Rugby-WM: Der Zerstörer
Owen Farrell soll als Kapitän Englands Rugby-Auswahl im Halbfinale der WM
zum Sieg führen. Doch die Fans mögen ihn nicht.
Australische Rugby-Misere: An den Rand gedrängt
Dem zweifachen Weltmeister Australien droht nach der 6:40-Niederlage gegen
Wales mehr als das WM-Aus. Es geht um die Existenz.
Rugby-WM in Frankreich: Ei der Erkenntnis
Die Rugby-WM hat einen idealen Spielort: Toulouse. In der Stadt wird der
Sport gelebt, geliebt und zelebriert. Ein Ortsbesuch im Süden Frankreichs.
Südafrika ist Rugby-Weltmeister: Der Cup geht ans Kap
Mit 32:12 schlägt Südafrika im Finale der Rugby-WM England. Der dritte
Titel für die Springboks ist vielleicht noch wertvoller als der von 1995.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.