# taz.de -- Chemikalie Bisphenol A: Die Gefahr aus der Tomatendose | |
> Europas Bevölkerung ist zu stark mit Bisphenol A belastet. Das zeigt eine | |
> Studie der Europäischen Umweltagentur. Dabei ließe sich der Stoff | |
> verbieten. | |
Bild: Auch Lebensmitteldosen enthalten häufig BPA | |
Berlin taz | Keine aufwendig verarbeiteten Lebensmittel essen, Tomaten | |
lieber aus dem Glas als aus der Dose und kein mikrowellengeeignetes | |
Kunststoffgeschirr verwenden. Wer diese Ratschläge beherrscht, kann sich in | |
gewissen Grenzen vor der [1][Chemikalie Bisphenol A] schützen, die in | |
beschichteten Tanks und Dosen, Verpackungen sowie harten Kunststoffen aus | |
Polycarbonat steckt. Der Stoff kann Fruchtbarkeitsstörungen auslösen, Krebs | |
oder Diabetes. Allerdings: auch in vielen Alltagsprodukten wie CDs, | |
Trinkflaschen oder Wasserleitungen steckt Bisphenol A. | |
Entsprechend hoch ist die Belastung der Bevölkerung mit dem Krankmacher. | |
Laut der jüngsten Veröffentlichung der Europäischen Umweltagentur (EEA) aus | |
Daten des European Human Biomonitoring Project sind von 2.756 | |
Studienteilnehmer:innen aus elf Ländern je nach Land 71 bis 100 | |
Prozent mit BPA-Mengen oberhalb des Grenzwertes belastet. Die gemeldeten | |
Werte seien Mindestwerte, teilte die Behörde mit. | |
Das bedeute, dass in allen elf Ländern 100 Prozent der Teilnehmer über den | |
sicheren Grenzwerten lägen. „Wir müssen die Ergebnisse dieser Forschung | |
ernst nehmen und auf EU-Ebene mehr Maßnahmen ergreifen, damit die Europäer | |
und Europäerinnen besser vor Chemikalien geschützt sind, die ein Risiko für | |
ihre Gesundheit darstellen“, kommentierte Leena Ylä-Mononen, Direktorin der | |
Umweltagentur mit Sitz in Kopenhagen, die Ergebnisse. | |
Der [2][Kampf gegen die Industriechemikalie sei eine „unendliche | |
Geschichte“], sagt Manuel Fernandez, Chemikalienexperte der | |
Umweltorganisation BUND. „Inzwischen hat die Europäische Agentur für | |
Lebensmittelsicherheit (Efsa) die zulässigen Grenzwerte schon zweimal | |
extrem abgesenkt, 2015 und im vergangenen Frühjahr“, sagt er, „die | |
EU-Kommission muss endlich einen Vorschlag vorlegen, mit dem sie das Zeug | |
ganz aus dem Verkehr ziehen kann.“ | |
Notwendig sei eine Regulierung der gesamten Chemikaliengruppe der Phenole, | |
nicht nur für einzelne Stoffe. „Nach einem jahrelangen Kampf wurde | |
Bisphenol A in Thermopapier verboten“, sagt Fernandez, „inzwischen ersetzt | |
die Industrie es häufig durch Bisphenol S“. Das wirke auf die Gesundheit | |
aber ganz ähnlich. | |
## Umweltverbände fordern Maßnahmen | |
Zusammen mit anderen Umweltverbänden fordert der BUND schon lange, dass die | |
Europäische Chemikalienagentur Echa nicht mehr einzelne Stoffe beschreibt | |
und reguliert, sondern Stoffgruppen mit gleicher Wirkung gemeinsam | |
behandelt. Das würde Substituierung verhindern und die schnellere | |
Einschränkung gefährlicher Stoffe ermöglichen. | |
Gerne würde man erfahren, wie der Lebensmitteleinzelhandel die Belastung | |
seiner oft aufwändig verpackten Lebensmittel mit Bisphenol A senken möchte, | |
doch die Unternehmen erweisen sich auf Nachfrage wortkarg. Edeka und Rewe | |
antworteten bis Redaktionsschluss nicht auf Anfragen, ebenso wie die | |
Industrievereinigung Kunststoffverpackungen. | |
Aldi Nord und Süd teilen mit, „Lebensmittelsicherheit hat bei ALDI Nord und | |
ALDI SÜD höchste Priorität. Beide Häuser setzen selbstverständlich alle | |
gesetzlichen Vorgaben um und entwickeln eigene Produkte sowie Verpackungen | |
kontinuierlich weiter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns an | |
politischen Diskussionen nicht beteiligen.“ | |
Plastics Europe, der [3][Lobbyverein der Kunststoffindustrie] in Brüssel, | |
verweist auf Nachfrage darauf, dass etwa die Europäische | |
Arzeneimittelagentur die Studien der Efsa in Zweifel zieht. Wie die | |
Hersteller die Phenolbelastung von Kunststoff senken könnten, ließ der | |
Verband offen. | |
14 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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