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# taz.de -- Fußball-Bundesliga: Auch ein englischer Fotograf war da
> Bei seiner Bundesliga-Heimpremiere verliert der FC Heidenheim 2:3 gegen
> die TSG Hoffenheim. Nicht die einzige Herausforderung für den Klub.
Bild: Kultureller Gewinn: der FC Heidenheim vor seinem ersten Bundesligaheimspi…
Das erste Bild, mit dem sich Heidenheim an der Brenz als neuer
[1][Bundesliga-Standort] zu erkennen gibt, sind drei Rentner kurz vor dem
Ortsschild. Mit Trikots und Schals ausgerüstet stehen die älteren Herren
auf dem Bürgersteig. So also sieht Euphorie auf der Ostalb aus, knapp
zweieinhalb Stunden vor dem ersten Bundesligaspiel in der Geschichte des
[2][1. FC Heidenheim 1846].
Völlig durchnässt vom Dauerregen steht Heidenheims Trainer Frank Schmidt,
49, gegen halb sechs auf dem Rasen und ringt gedanklich mit der
2:3-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim trotz einer 2:0-Führung seiner
Mannschaft bis zur 77. Minute. Doch dann kommt der Partycrash auf der
Ostalb. Kurz nach seiner Gedankenreise zurück zum lange Zeit sehr guten
Spiel seiner Mannschaft, ehe sie [3][die Härten ihres neuen Lebens] in der
neuen Spielklasse kennenlernte, sagt Schmidt: „Das ist wie im falschen
Film. Da fehlt ein bisschen auch die Erklärung. Aber das scheint erste
Bundesliga zu sein.“
Schon um 13.20 Uhr ist am Stadion sehr viel los. Vor dem sogenannten
Sparkassen BusinessClub, den sie an die 15.000 Menschen fassende Arena
angebaut haben, hat sich eine lange Schlange gebildet. Daneben steht Helmut
Fröschle, 63, als Kontrolleur vor dem Eingang zum Pressebereich.
„Ein paar unbekannte Gesichter“ unter den Reportern habe er zwar schon
entdeckt, sagt er, sogar einem Fotografen aus England habe er das
Kontrollbändchen an der Arbeitstasche angebracht. „Aber eigentlich alles
ganz normal wie immer“, sagt Fröschle. Naja, vielleicht gebe es „einen
kleinen Ticken Euphorie“, antwortet er auf Nachfrage, aber überzeugt davon
scheint er nicht zu sein. Auf der Ostalb halten sie nichts von großen
Worten und Übertreibungen.
## Stau und Trubel mit Argwohn betrachten
Beim harten Kern der Anhänger des 1. FCH sieht das schon ein bisschen
anders aus. „Heidenheim ist die schönste Stadt der Welt“, skandieren sie,
als sie am Stadion angekommen sind. In Richtung Stadt steht der Schal- und
T-Shirt-Verkäufer Siggi, 57, seinen vollen Namen möchte er nicht nennen.
Zehn Euro verlangt er für seine Fanartikel, nur die Hoffenheim-Schals lässt
er sich mit 13 Euro bezahlen. Weiter Richtung Innenstadt, vorm Congress
Centrum Heidenheim, herrscht um 14 Uhr ein Verkehrschaos.
Petra Wohlfarth, 50, und ihr Mann Dieter, 56, sehen den Stau und Trubel mit
etwas Argwohn. „Jetzt ist hier immer die Hölle los“, sagt sie. Auch ihr
Mann hat „gemischte Gefühle“, er sagt: „Man freut sich auf die erste
Bundesliga, aber man hat auch Bedenken.“ Er fragt sich, ob das gut ist,
nicht nur sportlich, sondern auch für den Verein mit seinen sehr familiären
Strukturen.
„Alles frei, einfach hinsetzen“, sagt unten in der Altstadt Wirt Frank
Zeger zu ein paar Gästen im Außenbereich, die um halb drei zum Public
Viewing eingetroffen sind. Alle sind in Zivil gekleidet, dafür hängen hier
Heidenheim-Trikots auf Kleiderbügeln an einer Leine hoch über der kleinen
Straße, die vor der Adresse „Hintere Gasse 8“ abknickt. „Um zwölf Uhr w…
hier Rambazamba“, sagt Zeger.
Erschwerend hinzu kommt vielleicht das Wetter, es regnet mittlerweile in
Strömen. Zegers Café Melange No 8 ist in Heidenheim auch deshalb bekannt,
weil Trainer Schmidt hier gerne einkehrt. „Frank war am Donnerstag zuletzt
hier, da hat er im Backgammon gegen mich verloren“, sagt Zeger. Seit rund
20 Jahren kennen sich die beiden Franks schon. Und gibt es nun eine
Bundesliga-Euphorie in Heidenheim? „Ja, voll“, sagt der Wirt, „hier gibt�…
nur ein Thema gerade in der Stadt. Das erste Heimspiel ist ein Highlight
für uns.“
## Dann kommen die Gegentore
Um kurz vor vier, als Jan-Niklas Beste in der 26. Spielminute das erste
Bundesliga-Tor des 1. FC Heidenheim mit einem direkten Freistoß aus spitzem
Winkel fast ins Kreuzeck jagt, kann man das glauben. Der Jubel ist immens.
Und als Marvin Pieringer in der 58. Minute Bestes Eckball mit der Stirn zum
2:0 ins Tor lenkt, scheint Heidenheim in seinem ersten Bundesliga-Heimspiel
gleich seinen ersten Sieg zu schaffen.
Doch dann kippt die Partie ohne zwingenden Grund durch die Tore von
Maximilian Beier (77.), Pavel Kaderabek (80.) und Andrej Kramaric per
Foulelfmeter (90.). Stille legt sich beim Abpfiff übers Stadion, kurz wirkt
der Moment wie eingefroren. Schmidt denkt aber bald schon ans nächste Spiel
vor mehr als 80.000 Menschen in Dortmund. „Das ist jetzt was Neues, was am
Freitag kommt in der Dimension“, sagt Schmidt.
Bald danach legt sich Ruhe über das Ostalb-Städtchen. Das letzte Bild, das
vom ersten Bundesligaspiel in Heidenheim bleibt, ist eine menschenleere
Straße vor der Metzgerei Lamm. Einen humorvollen Umgang mit den Härten des
Lebens haben sie offenbar in Heidenheim.
27 Aug 2023
## LINKS
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[3] /Gegensaetze-in-der-Bundesliga-Relegation/!5693386
## AUTOREN
Maik Rosner
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