# taz.de -- American Football in Europa: Paris macht Hamburg nass | |
> Die Sea Devils haben eine durchwachsene Saison in der European League of | |
> Football. Die Kritik an der angeblich besten Liga Europas reißt nicht ab. | |
Bild: Taktische Anweisungen im Sprühnebel: die Sea Devils im Stadion Hoheluft | |
HAMBURG taz | Noch zwei Spiele, dann ist die „durchwachsene Saison“ für die | |
Footballer der Hamburg Sea Devils vorbei. So bezeichnet Geschäftsführer Max | |
Paatz die aktuelle Spielzeit in der European League of Football (ELF) – in | |
der man in den vergangen zwei Jahren [1][jeweils im Finale] gestanden | |
hatte. Dass das in diesem Sommer anders ist, sei aber fast ein bisschen | |
einkalkuliert gewesen. „Wir vollziehen gerade einen Generationenwechsel“, | |
sagt Paatz.Die „jüngste Mannschaft in der ELF“ mit teilweise sehr | |
unerfahrenen Spielern müsse sich erst einmal finden. | |
Zudem habe sich die Liga extrem weiterentwickelt, die Mannschaften seien | |
stärker geworden, so Paatz. „Wir gehen den Weg mit der Gewissheit, dass wir | |
mit dem Investment in der Zukunft oben mitspielen können.“ | |
Im vorletzten Heimspiel des Sommers verloren die Sea Devils gegen die Paris | |
Musketeers mit 19:29. Rund 4.700 Menschen sahen die erste Saisonniederlage | |
im heimischen Stadion Hoheluft. Die knappe Niederlage im Hinspiel in Paris | |
konnten sie damit nicht wettmachen. Auch die letzte theoretische Chance auf | |
die Playoffs, also die K.-o.-Runde der Liga, ist dahin. | |
Nachdem Paris früh den ersten Touchdown erzielt hatte, führte Hamburg zur | |
Halbzeit sogar mit 16:14. Immer wieder hatten sowohl Angriff als auch | |
Verteidigung gute Momente. Doch dann ging nicht mehr viel. Nächste Woche | |
kommt das starke Frankfurt Galaxy – in diesem Jahr die letzte Chance auf | |
einen Heimsieg. | |
## Sea Devils wildern bei Hamburger Clubs | |
Die ELF wurde erst vor drei Jahren mit der Idee gegründet, die beste Liga | |
Europas zu schaffen und den Sport Football auch auf dieser Seite des | |
Atlantiks voranzubringen. | |
Die jungen Spieler holen die Sea Devils zum Beispiel von den Hamburg | |
Huskies. „Die haben ein hervorragendes Jugendprogramm“, findet Paatz. Die | |
Huskies spielen mit ihrem U19-Team in der Jugendbundesliga, der höchsten | |
deutschen Spielklasse. „Wir gucken immer hier und um Hamburg nach | |
Talenten.“ Aus den USA darf jedes ELF-Team nur vier Spieler haben. | |
In Hamburg laufe das Buhlen um Spieler eher partnerschaftlich, sagt Paatz. | |
So auch mit den Huskies: „Denen ist auch daran gelegen, dass sie ihren | |
Spielern nach der Zeit im Jugendbereich eine gute Adresse bieten.“ Und wenn | |
Spieler die Sea Devils verlassen – ob freiwillig oder durch eine Entlassung | |
– informiere man die Vereine und versuche, den Spielern zu helfen. | |
Axel Streich ist im Vorstand der höchsten deutschen Liga, der German | |
Football League (GFL). Er sieht die Konkurrenz durch die ELF [2][nicht ganz | |
so entspannt]. „Die ELF ist nach wie vor ein Staubsauger, der ordentlich | |
Spieler abzieht.“ Aus den Bundesligen, aber auch aus den Regionalligen. | |
Natürlich komme es auch vor, dass Spieler aus der ELF [3][in die deutschen | |
Ligen zurückwechseln]. „Das sportliche Niveau von ELF und GFL ist ungefähr | |
gleich. Die ELF hat den Anspruch, die beste Liga Europas zu sein – das | |
sehen wir im Moment noch nicht so.“ | |
Die Spieler aus der GFL gingen nicht unbedingt wegen des Geldes in die ELF. | |
In beiden Ligen seien nur vereinzelt Profis unterwegs. „Der Rest sind nach | |
unserem Wissen Amateure.“ Aber: Die Liga werde mit hohem Aufwand | |
vermarktet, im Fernsehen übertragen. Ausgewählte Spiel sind live zu sehen. | |
„Es ist nachvollziehbar, dass die mehr im Rampenlicht stehen wollen.“ Im | |
Bereich Vermarktung habe die GFL aufzuholen, sagt Streich folgerichtig. | |
Doch die Liga bestehe aus Vereinen, die zu 95 Prozent ehrenamtlich | |
arbeiteten. „Vereine sind eben Vereine und keine Unternehmen mit | |
Investoren.“ | |
Ein weiteres Team in Hamburg sind die Blue Devils. Diese haben in den | |
letzten Jahren nationale und internationale Titel geholt. Derzeit spielt | |
das Männer-Team in der Dritten Liga, langfristig will man wieder in die | |
Erste. Die Sea Devils scheinen das Team zumindest nicht direkt zu | |
beeinträchtigen: „Im Bereich der erwachsenen Spieler ist bei uns keine | |
signifikante Abwanderung zu spüren gewesen“, seit es die ELF gibt, sagt | |
Blue-Devils-Vorstand Daniel Eggert. Doch bei den U19-Spielern verändere | |
sich das. „Hier müssen wir als eingetragener Verein es schaffen, ohne | |
‚Lockmittel‘ in Form von Geld ein Angebot zu schaffen, das bei den jungen | |
Erwachsenen Anklang findet.“ | |
## Der Football-Hype ist ein NFL-Hype | |
Ob die ELF den Sport vorangebracht hat? „Ich denke nicht, dass die | |
Installation einer Liga oberhalb der bestehenden Struktur mit dem | |
Selbstverständnis, ab jetzt das beste Produkt am Markt zu sein, den Sport | |
maßgeblich voranbringt.“ Ähnlich sieht es Streich: „Man spricht immer von | |
dem Football-Hype. Dabei ist es vielmehr ein NFL-Hype.“ Die NFL ist die | |
Football-Liga in den USA, die beste Liga der Welt. Die Einschaltquoten in | |
Deutschland sind in der Vergangenheit ständig gestiegen. | |
Dennoch sagt Eggert von den Blue Devils: Die ELF könne durch die erhöhte | |
Sichtbarkeit der Sportart durchaus einen positiven Einfluss auf den | |
Vereinssport haben. Menschen würden motiviert, den Sport auszuprobieren. Da | |
dies in der ELF aber nicht möglich sei, würden sich die Interessierten an | |
die Sportvereine wenden. „Wenn das dann die Hauptaufgabe wird, die den | |
Sportvereinen zufällt, dann ist mir das auch recht.“ Junge Menschen | |
ausbilden oder sich sogar freuen, dass die Ausbildung im Verein scheinbar | |
dafür reicht, Spieler in die „vermeintlich beste Liga Europas“ zu schicken, | |
ist Eggert wichtiger, als sich darüber zu ärgern, dass ein Spieler nun ELF | |
spielt. „Gerade in einem Ballungsraum wie Hamburg mit zeitweise zehn bis | |
zwölf Footballteams im Umkreis von 100 Kilometern ist sowieso immer eine | |
Konkurrenz bezüglich verfügbarer Spieler vorhanden gewesen.“ | |
Die Situation für die Vereine wird nicht leichter: Die ELF will weiter | |
wachsen. Die Liga habe eine „große Zukunft“, sagt Paatz und verweist auf | |
das Feedback in den Medien und vor Ort: In Hamburg haben die Sea Devils in | |
dieser Saison im HSV-Stadion vor 32.000 Menschen gespielt, vor einer Woche | |
vor 13.000 in Düsseldorf – beide Male gegen das Top-Team Rhein Fire. Auch | |
die Einschaltquoten seien teilweise „sensationell mit über sieben Prozent“, | |
manche Spiele hätten dann wieder weniger Zuschauende. | |
20 Aug 2023 | |
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## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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