Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Echte Freiheit halt: Stadt, Land, Arschloch
> Im Jahr 2049 wollen viele aufs Land, um in Ruhe Faschisten zu wählen.
> Weil das zu viele machen, wird die Stadt wieder gefragter.
Bild: Wir schreiben das Jahr 2049: Landflucht aus Berlin und eine Biene kehrt z…
Wir schreiben das Jahr 2049. In Deutschland leben jetzt fast alle auf dem
Land. Erst zogen viele nur dahin, weil man dort die faschistische „Partei
der absoluten Wahrheit“ (PENIS) wählen durfte, ohne dafür als Arschloch
abgestempelt zu werden, sondern im Gegenteil auch noch als eine Art ruraler
Robin Hood im Kampf gegen den Sheriff von Wokingham zu gelten.
Unverständlich war allerdings, wieso ihnen die Meinung der Kritiker
überhaupt so wichtig war: Da sie freiwillig rechts waren, war das für sie
offenbar in Ordnung. Und, kombiniere, wer sie für Arschlöcher hielt, obwohl
sie keine waren, war dann ja wohl das eigentliche Arschloch, oder? Von
Arschlöchern für Arschlöcher gehalten zu werden, ist schließlich ehrenvoll,
denn das beweist mathematisch eindeutig, dass man selbst keins ist; minus
mal minus ergibt plus. Oder, wie mein Futurologe Zbigniew sagt: „Lieber ein
echter Feind als ein falscher Freund.“
Als in den 2030er Jahren das mit heißer Nadel gestrickte Klimaziel der FDP
noch um vier Grad übertroffen wurde, stieg die Stadtflucht weiter massiv
an. Die Stimmung war zu jener Zeit komplett vergiftet – typisch
Dreißigerjahre eben. Jede hasste jeden. Dazu verdichtete sich das Gerücht,
in den Städten müsse die Hälfte der Bevölkerung zugunsten von mehr
Autoparkplätzen weichen. Da gingen sie lieber freiwillig.
Auf dem Land war es gut. Der Dachs brachte Brötchen zum Frühstück, der
Dompfaff pfiff, und die PENIS kümmerte sich rührend um alle Kinder, die
blaue Augen hatten, nicht arm und nicht behindert waren. Auch durfte man
immer alles sagen, solange es nicht das Falsche war. Echte Freiheit halt.
## Leere Städte
In der Folge leerten sich die Städte immer mehr, und das Land wurde derart
dicht besiedelt, dass es heute von der Stadt kaum noch zu unterscheiden
ist. Der markanteste Unterschied liegt vielleicht darin, dass es in der
Stadt mehr wilde Pflanzen und Tiere gibt, das Essen gesünder ist und Kinder
sicherer vor Autos sind. In der Berliner Innenstadt soll neulich sogar eine
Biene gesichtet worden sein. Umgekehrt ist das Land nun flächendeckend
versiegelt, mit Baumarktparkplätzen und genmanipulierten Monokulturen, in
denen nicht mal eine Kakerlake überlebt.
Viele wollen deshalb gerne in die Stadt zurück. Doch die [1][Häuser wurden
mittlerweile zum Teil zurückgebaut,] in anderen wohnt nun Parterre links
der Wolf, rechts das Reh und im Dachgeschoss der Uhu. Für den nehme ich oft
Pakete mit Klebstoff entgegen – da kommt zum Glück nicht mehr jedes Mal die
Soko, seit diese [2][leidige Klimasache endgültig durch] ist.
30 Jul 2023
## LINKS
[1] /Altern-und-Sterben-in-der-Zukunft/!5935952
[2] /Die-Erde-so-richtig-ausnehmen/!5929706
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Faschismus
Landflucht
Kolumne Zukunft
Klimaschutzziele
Kolumne Zukunft
Kolumne Zukunft
Kolumne Zukunft
Kolumne Zukunft
World Overshoot Day
## ARTIKEL ZUM THEMA
Alltagsroutinen im Jahr 2053: Neue Aufgaben
Die Solidarität mit Israel ist ausgelaufen. Es gab Streit, wie diese
Empathielücke zu füllen sei. Geeinigt wurde sich auf den
Eichhörnchen-Notdienst.
Gesellschaftliche Sprechverbote: Einfach mal die Klappe halten
Im Jahr 2052 hat Political Correctness gesiegt – in Deutschland darf man
gar nichts mehr sagen. Weil niemand mehr spricht, ist es erstaunlich ruhig.
Religion in der Zukunft: Zum Lachen in die Kirche
In der Zukunft hat sich der Glaube verbessert: Niemand wird getauft,
gesegnet, beschnitten oder verbrannt. Wer beten will, tut das zu Hause.
Altern und Sterben in der Zukunft: Schwermut der Bauvorhaben
Altsein ist relativ, Gesundheit auch. Nur eins ist sicher: die ganz
irrationale Angst vor dem Tod. Außer man ist natürlich Katholik.
Die Erde so richtig ausnehmen: Das Ende des Sparfimmels
Sie wollten sich bessern, aber wegen der Klimaproteste sagen die Menschen
zum Umweltschutz „Nein, danke“. Zeit, das Schnitzel zum Weinen zu bringen!
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.