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# taz.de -- Verkehrs-, Freibad- und Hollywood-Chaos: Nur Ärger im Sommer
> Die Hollywood-Autor*innen kämpfen für mehr Lohn, die
> Fahrradfahrer*innen ums Überleben im Straßenverkehr und die
> Freibad-Gäste: gegeneinander.
Bild: Gefährlich dieser Tage: Mit dem Fahrrad ins Freibad fahren
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: „Geächtete“ Streumuniton.
Und was wird besser in dieser?
„Umstrittene“ Streumunition.
Was ist wahrscheinlicher? Die Türkei in der EU oder Schweden in der Nato?
Hier tritt Platz 4 gegen Platz 165 der Pressefreiheits-Charts an, die
Reporter ohne Grenzen erstellt. Schweden erkauft den [1][Nato-Beitritt mit
Verzicht auf Liberalität]; die Türkei wäre noch eine Autokratie mehr in der
EU. Beide Organisationen wachsen – weniger Werte, mehr Gemeinschaft.
Derzeit eher ein Militär- und Wirtschaftsbündnis, die beide ihre „Werte“
auf bessere Zeiten vertagen.
Die Nato nickt geächtete Waffen ab, die EU erduldet autoritäre Regime. Das
Ideal, man werde die Radikalen in den Bündnissen langfristig bezähmen,
steht gegen die Sorge, selbst fortgerissen zu werden. Lieben Gruß von
Deutschland, dem nur noch 21. Platz im Pressefreiheits-Ranking.
Der Kollege Arno Frank identifizierte kürzlich im Freibad „Kennzeichen
öffentlicher Räume, wie es sie in dieser Fülle und Zugänglichkeit wohl kein
zweites Mal gibt“. [2][Sind Freibäder also nicht genau der richtige Ort, um
Debatten zu provozieren?]
Mal so vom Zehner geguckt: Bademeister-Bashing und Prügeleien im
Nichtdenker-Becken haben schon viel Ähnlichkeit mit manchen Demos, die
unter Pegida, Corona, „Merkel muss-weg“ und anderen Labels liefen: Ein
kollektiver Schrei nach Autorität. Gemeinsames Aufbegehren gegen „die da
oben“. Die realen Autoritäten werden provoziert, getestet, ramponiert – auf
der Suche nach dem, „der mal richtig mit der Faust auf den Tisch haut“.
Rechte Wutbürger kann man nicht besser beleidigen als damit, ihre Nähe zu
Clans und Parallelgesellschaften aufzuzeigen. Deshalb sollte das hier unter
uns bleiben. Das sind vordemokratische Strukturen; also Leute, die noch
nicht im langweiligen halbtollen Kompromiss angekommen sind. Hoffentlich
vordemokratisch, weil: postdemokratisch wäre schlimm.
Die Zahl der Verkehrsopfer in Deutschland ist laut Statistischem Bundesamt
im Jahr 2022 gestiegen. Was muss sich dringend ändern?
Mal wieder Corona? Der Anstieg um 9 Prozent wird mit der wieder erhöhten
Fahrleistung erklärt. Zugleich sank die Zahl der Verkehrsopfer seit 1968 in
Deutschland um 90 Prozent. Dazwischen lagen Tempolimits, Promillegrenzen,
Gurtpflicht und technische Verbesserungen wie Airbags, Bremssysteme,
Knautschzonen.
Also alles, was keinen Spaß macht. Gute Verkehrspolitik wäre also gekonntes
Spaßverderben. Ein langer Weg, wir kommen von „Freie Fahrt für freie
Bürger“ (FDP) und „Freude am Fahren“ (BMW). Ziel wäre „Umparken im Ko…
(Opel). Das ist dunkle Pädagogik: Verbot, Strafe. Lustverlust. Ich habe
keinen Alternativvorschlag, „immer mehr Menschen überleben den
Straßenverkehr“ klingt ein bisschen verzagt.
Carsten Linnemann wird von Friedrich Merz zum neuen CDU-Generalsekretär
gekrönt. Ist das nur ein Personal- oder auch ein Paradigmenwechsel?
Friedrich Merz’ Gesamtbeglückungsstrategie – ein Ossi und eine Frau in
Reserve – sollte irgendwie alles sein und war offenbar nichts. Die CDU hat
seit circa Heiner Geißler konsequent gegen die Jobbeschreibung besetzt: Man
braucht Zuspitzer und Polemiker, damit der Parteivorsitz umso präsidialer
auftreten kann. Die Union dagegen verschliss Parteiseelsorger von Hintze,
Pofalla, Tauber bis Ziemiak.
Wenn mal eine Merkel oder Kramp-Karrenbauer dazwischen war, wurde es für
deren Chefs gleich ungemütlich. Linnemann ist nun Mann, West, Wirtschaft
wie Merz selbst; ob er zuspitzt und gut organisiert, wird sich zeigen.
Bereits erkennbar dagegen: Merz meint, ein Methadonprogramm für Merkelianer
nicht mehr zu brauchen.
Nach dem Autor*innenstreik in Hollywood folgen jetzt die
Schauspieler*innen. Sie fordern unter anderem höhere Löhne. Werden bald
sowieso alle durch KI ersetzt?
Darum streiken sie. Einige Filmstudios haben ins Kleinstgedruckte der
Mitwirkendenverträge hineingewuchert: Die Schauspielenden übertragen nicht
nur wie bisher ihr Werk, sondern willigen auch ein, dass ihr Bild von einer
KI künftig synthetisiert werden darf. Bei den AutorInnen ist es noch
relativ abstrakt – sie wehren sich dagegen, dass KIs mit alten Drehbüchern
gefüttert werden und neue ausspucken. Bei Darstellenden dagegen ist es ein
Antrag auf Abschaffung.
Und was machen die Borussen?
Ex-Präsident Rauball beheizt seine Anwaltskanzlei mit – Grubenwasser. Tja.
Dortmund hat einfach die besseren Konzepte.
Fragen: Valérie Catil, waam
16 Jul 2023
## LINKS
[1] /Ergebnisse-des-Nato-Gipfels-in-Vilnius/!5944627
[2] /Randale-in-Berliner-Freibaedern/!5943773
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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