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# taz.de -- Nach vierter Unruhenacht in Frankreich: Macron sagt Deutschlandbesu…
> Der französische Präsident bleibt aufgrund der angespannten Lage in
> Paris. Erneut war es in mehreren Städten zu Krawallen gekommen, mehr als
> 1300 Menschen wurden festgenommen.
Bild: In Nanterre versuchen Feuerwehrleute einen Brand auf der Straße zu lösc…
Paris/berlin dpa/rtr/ap | Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat seinen
Deutschlandbesuch kurzfristig abgesagt. Der Präsident müsse wegen der
innenpolitischen Situation in den nächsten Tagen in Frankreich bleiben,
teilten der Elysee-Palast und das Bundespräsidalamt am Samstag mit.
Macron habe am Samstag mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
telefoniert und diesen über die Situation in seinem Land unterrichtet,
sagte eine Sprecherin Steinmeiers. „Präsident Macron hat darum gebeten, den
geplanten Staatsbesuch in Deutschland zu verschieben.“ Steinmeier bedauere
die Absage und habe vollstes Verständnis angesichts der Situation in
Frankreich. Er verfolge die Entwicklung mit großer Aufmerksamkeit.
Steinmeier hoffe, dass die Gewalt auf den Straßen baldmöglich beendet und
der soziale Friede wieder hergestellt werden kann.
Macron wollte vom 2. bis 4. Juli zu einem Staatsbesuch nach Deutschland
kommen und dabei Ludwigsburg, Berlin und Dresden besuchen. Dort wollte er
auch eine öffentliche Rede halten. Am Montag war zudem ein kurzes Treffen
mit Kanzler Olaf Scholz vorgesehen. „Der Staatsbesuch soll baldmöglichst
nachgeholt werden“, sagte die Sprecherin Steinmeiers. Dieser ist bei
Staatsbesuchen in Deutschland für die Einladung zuständig.
Im Umkreis von Macron hieß es in Paris, dass ein Staatsbesuch ein
Freundschaftsbesuch und „rein protokollarisch“ sei. Es werde einen
günstigeren Zeitpunkt geben. „Die Franzosen hätten es nicht gut verstanden,
wenn er nach Deutschland gereist wäre. Diese Tage in Paris sind wichtig“,
hieß es. Deshalb habe Macron seine Planungen angepasst.
## Ausschreitungen in Paris, Marseille und Lyon
Bei erneuten nächtlichen Krawallen in Frankreich sind mehr als 1300
Menschen festgenommen worden. Zu Ausschreitungen kam es nicht nur in Paris,
sondern auch in Marseille, Lyon, Toulouse, Straßburg und Lille. Dabei seien
79 Polizisten verletzt worden, teilte das Innenministerium am Samstagmorgen
über Twitter mit. Auch in französischen Überseegebieten kam es zu Gewalt,
in Französisch-Guyana in der Karibik gab es einen Toten.
In der vierten Nacht nach dem Tod des 17-jährigen Nahel durch Polizeigewalt
gab es demnach 1311 Festnahmen. Es wurden 1350 Fahrzeuge angezündet, 234
Gebäude in Brand gesetzt oder beschädigt und 2560 Brände auf Straßen
gezählt. Dank der Mobilisierung der Sicherheitskräfte im ganzen Land sei
die Gewalt aber weniger intensiv gewesen als in der Nacht zuvor, erklärte
das Ministerium.
Die Behörden hatten für die Nacht zum Samstag Einschränkungen des
öffentlichen Lebens und des Nahverkehrs verhängt und auf ein massives
Polizeiaufgebot gesetzt: Rund 45.000 Polizistinnen und Polizisten sollten
in der Nacht für Ordnung sorgen. [1][Infolge der Krawalle in der Nacht zum
Freitag] waren den Behörden zufolge rund 900 Menschen festgenommen worden,
rund 150 Polizisten wurden verletzt.
## Waffengeschäft in Marseille geplündert
Allein in Marseille wurden nach offiziellen Angaben in der Nacht 80
Personen festgenommen. Bilder, die in den sozialen Medien verbreitet
wurden, zeigten eine Explosion im alten Hafengebiet. Die Stadtverwaltung
erklärte, die Ursache werde untersucht. Man gehe jedoch nicht davon aus,
dass es Opfer gegeben habe. Im Zentrum der Stadt plünderten Randalierer ein
Waffengeschäft und stahlen laut Polizei einige Jagdgewehre, jedoch keine
Munition. Eine Person mit einem vermutlich gestohlenen Gewehr sei
festgenommen worden, das Geschäft werde nun von der Polizei bewacht.
Der Bürgermeister von Marseille, Benoit Payan, rief die Regierung auf,
umgehend zusätzliche Sicherheitskräfte zu schicken. „Die Plünderungs- und
Gewaltszenen sind inakzeptabel“, schrieb er Freitagnacht auf Twitter.
In Paris räumte die Polizei am Freitagabend die Place de la Concorde, den
größten Platz der Hauptstadt. Dort hatten sich zahlreiche Menschen zu einer
Protestkundgebung versammelt.
Auslöser der Unruhen war der Tod eines 17-Jährigen bei einer
Polizeikontrolle am Dienstag. Eine Motorradstreife in Nanterre bei Paris
hatte den 17-jährigen Nahel am Morgen am Steuer eines Autos gestoppt. Als
der junge Mann plötzlich anfuhr, fiel ein tödlicher Schuss aus der
Dienstwaffe des Polizisten. Der Vorfall sorgte landesweit für Bestürzung,
Frankreich wird seitdem von heftigen Unruhen erschüttert. Der Polizist, der
für Nahels Tod verantwortlich gemacht wird, kam in Untersuchungshaft. Gegen
ihn wurde ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet.
An diesem Samstag soll der 17-Jährige in Nanterre beerdigt werden.
## Fußballteam ruft zur Gewaltlosigkeit auf
Der Gewaltausbruch hat Präsident Emmanuel Macron und seine Regierung in die
schwerste Krise seit Beginn der Gelbwesten-Proteste im Jahr 2018 gestürzt.
Die Verhängung des Notstandes hat Macron bislang nicht angeordnet –
ausgeschlossen ist das laut Innenminister Gerald Darmanin zufolge
allerdings nicht. „Wir schließen keine Hypothese aus, und wir werden nach
heute Abend sehen, wie sich der Präsident der Republik entscheidet“, sagte
er dem Sender TF1 am Freitagabend.
Inzwischen hat sich die französische Fußballnationalmannschaft für ein Ende
der Gewalt ausgesprochen. Das [2][Team um Superstar Kylian Mbappé], der ein
Idol vieler junger Menschen in benachteiligten Vierteln ist, in denen die
Wut besonders tief sitzt, gab eine Mitteilung heraus.
„Viele von uns kommen aus Arbeitervierteln, auch wir teilen dieses Gefühl
von Schmerz und Traurigkeit“, erklärten die Spieler in einer Mitteilung.
„Gewalt löst nichts… Es gibt andere, friedliche und konstruktive Wege, sich
selbst auszudrücken.“ Es sei an der Zeit für „Trauer, Dialog und
Wiederaufbau.“
1 Jul 2023
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