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# taz.de -- Niederlage für Fußballbundestrainer: Experimente verboten!
> Nach drei dürftigen Länderspielen herrscht beim EM-Gastgeber Deutschland
> Katerstimmung. Hansi Flick ist nur noch Bundestrainer auf Bewährung.
Bild: Alle Fingerzeige helfen nichts: Bundestrainer Flick verspürt an der Seit…
Berlin taz | Völlig anders war diese Woche geplant. Gegen drei
mittelprächtige Gegner sollte die deutsche Elf sich ohne Wettbewerbsdruck
einem größeren Flick-Plan folgend ein wenig ausprobieren können und so
nebenbei das von der Fußball-WM enttäuschte Publikum unterhalten.
Und um die gute Stimmung ein Jahr vor der Europameisterschaft im eigenen
Lande weiter anzuheizen, stand beim Abschlussspiel in Gelsenkirchen gegen
Kolumbien die Vorstellung des knuddeligen Turniermaskottchens auf dem
Programm. Die Frage nach dessen zukünftigem Namen (Albärt, Bärnardo,
Bärnheart oder doch Herzi von Bär?) sollte die Menschen bewegen.
Doch nach dem glücklichen Remis in der Nachspielzeit gegen die Ukraine, der
Niederlage in Polen (0:1) und dem verpatzten Auftritt in Gelsenkirchen
(0:2) macht ein anderes Maskottchen von sich reden. Als solches wurde Rudi
Völler jedenfalls von etlichen bislang wahrgenommen, [1][als er aus der
Rente zurückgeholt wurde], um den deutschen Fußball wieder zukunftsfähig zu
machen.
Ein „Herzi von Flick“, der genau das tat, was von ihm erwartet wurde: er
herzte den Trainer („Da bin ich sowas von überzeugt, dass Hansi Flick das
hinbekommen wird“), knuddelte mit einem Weltmeistervergleich das deutsche
Team („Keiner soll mir sagen, dass die Argentinier besser sind als wir“),
[2][entfachte rundum positive Stimmung.]
## Machtwort von Rudi Völler
Am Dienstagabend erfolgte die radikale Kehrtwende. Nach den drei Spielen,
erklärte Völler, müsse man sagen, „dass unsere Qualität nicht mehr die
allergrößte ist wie noch vor einigen Jahren. Das habe ich am Anfang
unterschätzt.“ Flick sei die ärmste Sau. Und einige der jetzigen
Nationalspieler würden in den kommenden Partien keine Rolle mehr in der
DFB-Elf spielen.
Letztere Bemerkung dürfte wohl kaum mit Hansi Flick abgesprochen gewesen
sein, der sich wie sein Vorgänger Joachim Löw durch eine hohe Loyalität zu
seinen Spielern auszeichnet. Das Machtwort von Völler kam einer Entmachtung
von Flick gleich, denn der wird bei der nächsten Kaderberufung daran
gemessen werden. Das Problem ist nur, dass Flick nicht der Vorwurf gemacht
werden kann, er habe bessere Spieler ignoriert. Die Auswahl international
wettbewerbsfähiger Spieler ist begrenzt. Völler dürfte wie so oft nach dem
Spiel aus der Emotion gesprochen haben, ohne die Folgen zu bedenken.
Völler will nicht mehr den Gute-Laune-Bär des Nationalteams spielen. Der
Stimmungswandel engt auch den Gestaltungsspielraum für Hansi Flick enorm
ein. Sein Plan, nach der WM größere Veränderungen vorzunehmen, ist bereits
nach fünf Länderspielen in diesem Jahr und nur einem Sieg gegen Peru
gescheitert.
## Selbst die besten Spurenleser können nicht entschlüsseln
Das liegt zum einen daran, dass selbst die besten Spurenleser der
vergangenen Spiele nicht entschlüsseln konnten, in welche Richtung Flick
das Team entwickeln möchte. Zu sehr wurde etwa die neue taktische
Abwehrformation mit wechselnden Spielern eingeübt. Zu wild wurden Spieler
gar in der Partie gegen Kolumbien, bei der ein gewisser Ergebnisdruck nicht
mehr zu leugnen war, auf Positionen versetzt, wo ihre Stärken nicht zum
Tragen kam (İlkay Gündoğan, Emre Can). Flick hat vermutlich zu viel auf
einmal von seiner Mannschaft verlangt.
Zum anderen aber sieht sich Flick mit einer gesellschaftlichen
Erwartungshaltung konfrontiert, nach der die Erneuerung des Teams nur durch
erfolgreiche Experimente auf den Weg gebracht werden darf. Nur so lange
Deutschland gewinnt, darf ausprobiert werden.
Der Autoritätsverlust von Flick könnte kaum größer sein. Über den
Wundertrainer von 2020, als er in seiner ersten Saison mit dem FC Bayern
München [3][sofort alle möglichen Titel holte], wundern sich die meisten
nur noch, als ob er von seinem Handwerk keine Ahnung hätte. Den Versuch mit
der Dreierabwehrkette hat am Dienstag nicht Flick für gescheitert erklärt,
sonderen sein Spieler Emre Can. Man habe etwas ausprobiert und müsse nun
daraus seine Lehren ziehen. „Die Viererkette liegt uns mehr.“
All das sind keine guten Signale für Hansi Flick. In der kommenden Saison,
im September, sind Freundschaftsspiele gegen Japan und Frankreich
anberaumt. Für den Bundestrainer wird es dabei um seinen Job gehen.
Experimente sind eh verboten.
21 Jun 2023
## LINKS
[1] /Rudi-Voeller-soll-DFB-Manager-werden/!5905264
[2] /Neuanfang-im-DFB/!5916416
[3] /Bayern-Muenchen-gewinnt-Champions-League/!5709084
## AUTOREN
Johannes Kopp
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