# taz.de -- Älteste Olympiasiegerin aus England: Spätberufene mit Pfeil und B… | |
> Mit 53 Jahren wurde Sybil Fenton Newall 1908 Olympiasiegerin im | |
> Bogenschießen. Dabei hatte sie erst drei Jahre zuvor mit dem Sport | |
> angefangen. | |
Bild: Bogenschießen ist in England seit jeher beliebt. Hier eine Aufnahme aus … | |
Bis heute ist sie die älteste Frau, die jemals bei Olympischen Spielen eine | |
Einzel-Medaille gewonnen hat: Sybil “Queenie“ Fenton Newall war 53 (und 275 | |
Tage) alt, als sie 1908 in London beim Bogenschießen siegte. | |
[1][Eine große Überraschung war es allerdings damals nicht, dass eine | |
Engländerin Gold holte,] denn Frauen aus anderen Nationen waren nicht | |
angetreten. Und rückblickend ist es auch nicht besonders verwunderlich, | |
dass Queenie Newall trotz ihres fortgeschrittenen Alters erfolgreich war: | |
Unter den fünf ältesten Olympiasiegern und -siegerinnen befinden sich ein | |
Segler sowie vier Leute, die in irgendeiner Form im Schießsport aktiv | |
waren. | |
Das Bogenschießen war Ende des 18. Jahrhunderts zum angesagten sportlichen | |
Zeitvertreib der Aristokratie geworden. An Wettbewerben, gern im Stil | |
mittelalterlicher Ritterkämpfe abgehalten, durften auch Frauen teilnehmen. | |
Der Historiker Martin Johnes beschreibt in seinem Aufsatz „Archery, Romance | |
and Elite Culture in England and Wales 1780 – 1840“ unter anderem, dass der | |
Sport auch dazu diente, dass junge Frauen sich dabei ungezwungen möglichen | |
Heiratskandidaten präsentieren konnten. | |
Für Queenie Newark war es nie in Frage gekommen, zu heiraten. Dabei war sie | |
sicher eine gute Partie, denn ihre Familie gehörte zum alteingesessenen | |
Adel. Die Newarks waren bereits im 14. Jahrhundert vom für Heraldik | |
zuständigen „College of Arms“ anerkannt worden. Damals hatten Queenies | |
Vorfahren in Littleborough (Greater Manchester) den Vorläufer ihres | |
Geburtshauses Hare Hill House gebaut. Sie war das älteste von zehn Kindern, | |
ihr Vater Henry war ein vermögender Händler, der Großvater war jahrelang | |
Parlamentsabgeordneter gewesen. | |
## Schnelle Erfolge | |
Queenie war wohl immer sehr sportlich gewesen, aber ihre [2][endgültige | |
Passion] fand sie im Jahr 1905, als sie mit ihrer Schwester Margaret dem | |
Cheltenham Bogenschützen-Verein beitrat. Zwei Jahre später war sie die | |
ungekrönte Spitzenschützin, von fünf regionalen Wettbewerben hatte sie vier | |
gewinnen können. | |
Dass sie zur Olympiasiegerin wurde, hatte sie allerdings Alice Blanche Legh | |
zu verdanken. Die laut Experten „beste britische Bogenschützin aller | |
Zeiten“ war Dauerchampion – und verzichtete auf den Start bei den | |
Olympischen Spielen, um sich in Ruhe auf die eine Woche später | |
stattfindenden britischen Meisterschaften vorzubereiten. | |
Blieb nur noch Lottie Dod, die nicht nur eine ausgezeichnete Tennis- und | |
Hockeyspielerin war, sondern auch im Bogenschießen einige Erfolge gehabt | |
hatte. Queenie behielt die Nerven und gewann, obwohl das Wetter am ersten | |
Wettbewerbstag derart abscheulich war, dass die Konkurrenz unterbrochen | |
wurde. Und dann war es geschafft, innerhalb von etwas weniger als drei | |
Jahren war Fenton Newall vom einfachen Mitglied eine kleinen Sportvereins | |
zur Goldmedaillengewinnerin geworden. | |
## Sportart galt als besonders britisch und patriotisch | |
Bei den folgenden nationalen Meisterschaften hatte Fenton Newall gegen | |
Alice Blanche Legh keine Chance, aber sie schaffte es zweimal, nämlich 1911 | |
und 1912, britische Meisterin zu werden. Queenie, die stets mit ihrer | |
Schwester Margaret zusammenwohnte, blieb eine begeisterte Bogenschützin. In | |
den Archiven des Chelenhamer Vereins wird bis heute ihre letzte | |
Ergebniskarte verwahrt, die aus dem September 1928 stammt. | |
Ein Jahr später, am 24. Juni 1929, starb sie im Alter von 74 Jahren. Dass | |
Bogenschießen nach dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle bei der Reha | |
von schwer verletzten Soldaten und dienstverpflichteten Frauen spielte, | |
würde sie gefreut haben, denn die Sportart galt nicht zuletzt durch | |
berühmte Sagenfiguren wie Robin Hood als besonders britisch und | |
patriotisch. | |
Vergessen ist sie nicht, unter anderem wurde vor fünf Jahren ein Rennpferd | |
nach ihr benannt – was vielleicht naheliegend war, denn der Vater der Stute | |
heißt “Olympic Glory“. | |
23 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Elke Wittich | |
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