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# taz.de -- Die Wahrheit: Die Bauklötzestaunerin
> Schurken, die die Welt beherrschen wollen – heute: Klara „Schwitzi“
> Geywitz, deutsche Baufachkraft von umfassender ministerialer Kenntnis.
Bild: Mal wieder fassungslos, was alles schief läuft: La Geywitz
Die allseitig baumstark entwickelte Persönlichkeit – sie war das Ideal der
sozialistischen Erziehung. Zwar konnte die früh verstorbene DDR es nicht
mehr bis zum letzten i-Tüpfelchen verwirklichen, aber wenigstens vermochte
sie, den Menschen zur hohen, schnellen und weiten Entfaltung zu bringen –
zumindest den Körper, was sich bei Welt- und Europameisterschaften plus
Olympischen Spielen in Beuteln voller Edelmetall niederschlug. Nicht so bei
Klara Geywitz.
Mit meterbreitem Kreuz entweder Goldmedaillen gewinnen oder mit der
nächsten Post nach Sibirien geschickt werden, blieb der 1976 knapp hinter
dem Zaun, in Potsdam, Geborenen erspart. Zwar lief, warf und turnte sie an
der Sportschule Friedrich Ludwig Jahn wie eine komplette eins, aber ihrem
Staat ging rechtzeitig die Puste aus. Klara, die Interessen auch auf
anderen Gebieten als dem von Muskeln besiedelten Leib hatte, wandte sich
einem Genre zu, das gegen den praktischen Anschein und allen Unkenrufen zum
Trotz im Kopf zu Hause ist: der Politik.
40 Jahre lang kümmerten sich in der DDR die Bürger um ihre Angelegenheiten
und der Staat sich um seine, bis es zu riechen anfing und Herbst 1989 in
die Luft flog; und als der Strudel, um im Bild zu bleiben, verebbt war,
fand sich Klara Geywitz bei der trockenen alten Tante SPD wieder. Die war
begeistert vom ersten frischen Blut seit über 60 Jahren, ließ das
aufblühende Talent 1998 in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung von
der Leine und pflanzte es 2004 in den Brandenburgischen Landtag ein.
Hier zahlte sich aus, dass Klara Geywitz in der DDR eine allseitig
entfaltbare Persönlichkeit mit auf den Weg gegeben worden war, die jedes
Thema gedanklich zureiten konnte. Die Ausschüsse, in denen sie während
dreier Legislaturperioden nistete, sprechen meterlange Bände: Bildung,
Jugend und Sport (auch bei Regenwetter), Wissenschaft, Forschung und Kultur
(zum Mondscheintarif), Haushalt und Finanzen (mit beschränkter Haftung),
Inneres (auf Herz und Nieren) und Kommunales (nach Tisch).
## Bis zum letzten Tropfen
2019 hatte sie ihre Dienstzeit in Brandenburg bis zum letzten Tropfen
abgeleistet und konnte auf die Menschheit losgelassen werden, soweit die
sich in Deutschland befindet. Zum Auftakt hängte sie sich an einen Mann
namens Olaf Scholz, der damals als Bundesfinanzminister bei Angela Merkel
im nahen Berlin angestellt war; als Westler wollte er mit der Ostlerin
Klara Geywitz am Haken die vollständige SPD in die Hand kriegen. Beide
scheiterten, weil das Tandem Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans im
Finale knapp an ihnen vorbeizog und den Kuchen selber aß. Als Trostpreis
wurde Klara einer von fünf stellvertretenden Stühlen im SPD-Vorstand
freigeschaufelt und dem Olaf zwei Jahre später der Kanzlerposten; zur
Belohnung fürs Mitmachen, Ausharren und Daumendrehen erhob er sie dann zur
Bundesministerin fürs Wohnen und Bauen.
Die Öffentlichkeit staunte Bauklötze und wähnte, Klara Geywitz habe von
Tuten und Bauen keine Ahnung. Von wegen! Als eine, die schon als Kind in
den Sommerferien an der Ostsee Sandburgen, als Teenager das Abitur gebaut
und als fertig Ausgewachsene mit einem Diplom in Politikwissenschaft das
Richtfest gefeiert hatte, war sie genau die Richtige. Jetzt musste Klara
Geywitz sich bloß noch auf den aktuellen Stand heben und ihren Kindern
zuschauen, wenn sie mit ihren alten Pebe-Einzapfklötzchen – dem Lego der
DDR – spielten, und durfte nur nicht vergessen, dass die Backsteine draußen
in der Realität nicht aus Polystyrol sind und mit Zapfen
aufeinandergesteckt werden.
## Überall klaffen Löcher
Aber dank der im Osten gebräuchlichen polytechnischen Schulausbildung
wusste die Ministerin noch immer alles über Stampfbeton, Traufel und
Mörtelkasten, über Nagelklaue, Speispfanne und Gehrungsschmiege und
selbstverständlich auch über den Pfettendachstuhl. Nur wie sie Jahr für
Jahr die heiß versprochenen 400.000 neuen Häuser und Wohnungen großziehen
soll, wenn doch neben den vielen Löchern für die Fenster auch ein Loch im
Bundeshaushalt klafft, ist ihr vom Betonsockel bis oben zum Schopfwalm
unklar.
Aber die Hoffnung auf bessere Zeiten blüht bis zuletzt, das weiß man seit
Jahrtausenden. Auch Klara Geywitz! Die außerdem weiß, dass schon hier und
heute jeder, den die heillos überzuckerten Mieten stören – vierstellig in
Berlin oder München für eine leere Badewanne als Einliegerwohnung! –,
einfach aufs Land ziehen kann wie die Tiere. In der Stadt aber sind
Minister, Regierung und Gesetzgeber leider hilflos gegen die Vermieter,
weil sie gegen die Vermieter nun mal hilflos sind, die nur Menschen mit
breiter Speckseite akzeptieren.
Aber als Sozialdemokratin denkt Klara Geywitz wenigstens an die Armen. Und
wenn die auch an sie denken, ist alles gut.
2 Jun 2023
## AUTOREN
Peter Köhler
## TAGS
Klara Geywitz
Bauministerium
Schurken
Die Wahrheit
Marco Buschmann
Eva Högl
Boris Pistorius
Nancy Faeser
Familienministerin
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