# taz.de -- Neuer Präsident in Paraguay: Triumph der Colorados | |
> Paraguay hat Santiago Peña als neuen Präsidenten gewählt. Die Opposition | |
> bringt ihn mit Korruption und der Mafia in Verbindung. | |
Bild: Für viele ist er ein Statthalter des Ex-Präsidenten: Santiago Peña, hi… | |
BUENOS AIRES taz | In Paraguay hat der rechtsnationale Santiago Peña die | |
Präsidentschaftswahl gewonnen. Der Kandidat der regierenden Colorado-Partei | |
setzte sich am Sonntag mit 43 Prozent der Stimmen überraschend deutlich | |
durch. Peña tritt sein Amt im August an. Der seit 2018 amtierende | |
Staatschef Mario Abdo Benítez trat nicht wieder an. Peñas Hauptkontrahent | |
Efraín Alegre vom Wahlbündnis Concertación erhielt lediglich 28 Prozent. | |
Die Wahlumfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorausgesagt. | |
Der 44-jährige Wirtschaftswissenschaftler Peña setzt die Herrschaft der | |
Colorado-Partei fort, die seit 1947 sowohl unter Zivil- als auch unter | |
Militärregierungen regiert hat und nur durch die Präsidentschaft des | |
linksgerichteten Präsidenten Fernando Lugo (2008-2012) unterbrochen worden | |
war. Peña war bereits Finanzminister im Kabinett des ehemaligen Präsidenten | |
Horacio Cartes (2013-2018) und anschließend bei einer Bank im Besitz von | |
Cartes beschäftigt. | |
Herausforderer Alegre hat seine Niederlage eingeräumt und zur Respektierung | |
des Wahlergebnisses aufgerufen. Eine Mehrheit hätte jedoch gegen die | |
Colorados gestimmt, so Alegre. Für den 60-jährigen Vorsitzenden der | |
gemäßigt liberalen Partei PLRA war es die dritte Niederlage bei einer | |
Präsidentschaftswahl in Folge. Auf den dritten Platz kam der | |
rechtsgerichtete Kandidat Payo Cuba mit 23 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag | |
bei 63 Prozent. | |
Die rund 4,8 Millionen Wahlberechtigten waren auch aufgerufen, über ein | |
neues Parlament, 17 Gouverneure und 80 Mitglieder des Senats abzustimmen. | |
Auch hier spiegelt sich der Triumph der Colorados wider. Künftig stellen | |
sie 15 der 17 Provinzgouverneure sowie die Mehrheit in beiden Kammern des | |
Kongresses. Mit diesem Ergebnis ist der 66-jährige Vorsitzende der | |
Colorado-Partei, Horacio Cartes, der große Gewinner des Wahltages. | |
## Cartes auf US-Sanktionsliste | |
Für viele ist der zukünftige Präsident Peña nichts anderes als Cartés' | |
Statthalter. „Wollen wir das Paraguay der Cartes, der Mafia und der | |
Korruption oder ein Paraguay der Hoffnung und der Chancen für unsere | |
Familien“, hatte Alegre im Wahlkampf gefragt. Aber offensichtlich ist es | |
der Opposition nicht gelungen, die Korruptionsvorwürfe gegen Cartes und | |
seine mutmaßlichen Verwicklungen in Drogenhandel und Schmuggelgeschäfte in | |
genügend Stimmen gegen seinen Kandidaten zu übersetzen. | |
Dabei erhielt die Opposition sogar die Unterstützung der US-Regierung. | |
Vergangenen Juni war Cartes in den USA bereits wegen Behinderung | |
internationaler Ermittlungen gegen das organisierte Verbrechen angeklagt | |
worden. Die Anklagen betrafen mutmaßliche Geldwäsche und Verbindungen zu | |
terroristischen Organisationen. Im Januar setzte das US-Finanzministerium | |
seinen Namen schließlich auf eine Sanktionsliste. | |
„Cartes war vor, während und nach seiner Amtszeit als Präsident von | |
Paraguay in Korruption verwickelt“, lautet die [1][Begründung des | |
zuständigen Office of Foreign Assets Control] des US-Finanzministeriums. | |
Konkret geht es um Schmiergeldzahlungen, mit denen sich Cartes 2013 den Weg | |
ins Präsidentenamt erkauft und gesichert hatte. | |
Neben einem Einreiseverbot in die USA ist es dem 66-Jährigen untersagt, | |
Transaktionen über das US-Finanzsystem abzuwickeln und Geschäfte mit | |
US-Unternehmen zu tätigen. Dies zwang Cartes dazu, sich offiziell von allen | |
Anteilen an seiner Unternehmensgruppe zu trennen, zu der mehr als 40 | |
Unternehmen aus verschiedenen Branchen gehören. | |
## Paraguay ist Taiwan-Verbündeter | |
Dennoch dürfte die US-Regierung aus geopolitischen Gründen mit dem Wahlsieg | |
des Cartes-Vertrauten Peña zufrieden sein. Paraguay ist Taiwans einziger | |
diplomatischer Verbündeter in Südamerika und einer von weltweit nur noch | |
13. Die gegenseitige Anerkennung geht zurück auf die Militärdiktatur von | |
Alfredo Stroessner (1954-1989), die das kommunistische China rundweg | |
ablehnte und Taiwan anerkannte. Peña hatte bereits erklärt, dass er die | |
Beziehungen zu Taiwan nicht in Frage stellen werde, während Alegre eine | |
Überprüfung ankündigte. | |
Als wichtiger Exporteur von Rindfleisch und Sojabohnen kann es sich | |
Paraguay nicht leisten, auf den chinesischen Markt zu verzichten. Der | |
Großteil der Lieferungen nach China wird über Dritte abgewickelt. So weist | |
die offizielle Statistik für 2022 gerade einmal 22 Millionen US-Dollar an | |
Exporten nach China aus, während die Volksrepublik mit Waren und | |
Dienstleistungen im Wert von 4,69 Milliarden US-Dollar im vergangenen Jahr | |
längst das wichtigste Importland ist. | |
Eine innenpolitische Begründung für den landesweiten Colorado-Erfolg bieten | |
die Angestellten und Funktionsträger des Staates. Wer kein | |
Colorado-Parteibuch hat, hat auch keine Chance in den Kreis der rund | |
338.000 öffentlich Bediensteten aufgenommen zu werden. Nimmt man hinzu, | |
dass dies ganze Familien betrifft, lassen sich auch die rund 2,5 Millionen | |
Mitglieder der Colorado-Partei erklären, deren Kandidat Peña am Sonntag | |
insgesamt 1,3 Millionen Stimmen erhalten hat. | |
1 May 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://home.treasury.gov/news/press-releases/jy1221 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Vogt | |
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