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# taz.de -- Vorwürfe gegen Flüchtlingseinrichtung: „Aufgenommen und angezei…
> Die Bremer Innere Mission soll die ihnen anvertrauten minderjährigen
> Geflüchteten wegen illegaler Einreise angezeigt haben und dementiert die
> Vorwürfe.
Bild: Müsste in Bremen mit einer Anzeige rechnen: Geflüchteter Minderjährige…
Bremen taz | Melden sich unbegleitete minderjährige Geflüchtete in der
Erstaufnahmeeinrichtung in Bremen, müssen sie mit einer Strafanzeige wegen
illegaler Einreise rechnen. Und zwar nicht durch die Polizei oder die
Grenzbehörden, sondern durch den Verein für Innere Mission, der die
[1][Betreuungseinrichtung in der Steinsetzerstraße] betreibt. Im Auftrag
des Jugendamtes nimmt die Innere Mission unbegleitete Minderjährige nach
ihrer Flucht auf, versorgt und berät sie.
Der taz liegt ein Polizeischreiben vor, aus dem hervorgeht, dass der Verein
Strafanzeige wegen illegaler Einreise eines jugendlichen Geflüchteten
stellte. Das Absurde daran: Laut Genfer Flüchtlingskonvention ist eine
illegale Einreise straffrei, wenn die Personen beabsichtigen, Asyl zu
beantragen. Nach Aussage der Bremer Rechtsanwält*innen Nina Markovic
und Jan Sürig werden selbst syrische oder afghanische Geflüchtete, die sehr
gute Aussichten auf Asyl haben, von der Inneren Mission angezeigt.
Markovic und Sürig vertreten geflüchtete Minderjährige in
Altersfeststellungsverfahren und kennen daher deren Akten. Dort finden sie
„standardmäßig“ Strafanzeigen der Inneren Mission wegen illegaler Einreis…
Die Anwält*innen und der [2][Flüchtlingsrat Bremen] gehen deshalb davon
aus, dass nahezu 100 Prozent aller unbegleiteten Geflüchteten in der Stadt
von den Anzeigen betroffen sind. „Das ist eine sich selbst bestätigende
Bürokratie, die von außen wenig kontrolliert wird“, sagt Rechtsanwalt
Sürig.
Damit verfehlt der drittgrößte diakonische Arbeitgeber in Bremen seinen
Schutzauftrag: Eine Strafanzeige untergräbt das notwendige
Vertrauensverhältnis zwischen Sozialarbeiter*innen und den Kindern
und Jugendlichen. Außer der Polizei und der Staatsanwaltschaft sei nach
deutschem Recht niemand dazu verpflichtet, aus eigener Initiative heraus
Strafanzeigen zu stellen, sagt der Rechtsanwalt. Zumal es bei illegaler
Einreise nicht einmal einen Geschädigten gebe.
## Möglichst schnell viele Daten erheben
„Das ist eine Stigmatisierung der Jugendlichen“, sagt Anwältin Markovic.
„Es ist offensichtlich, dass die illegale Einreise bei ihnen nicht strafbar
ist. Besonders bei denen mit guten Aussichten auf Asyl.“
Die Anwält*innen vermuten, dass es den beteiligten Behörden und
Jugendhilfeträgern darum geht, möglichst schnell von allen Geflüchteten
[3][erkennungsdienstliches Material] – also Fingerabdrücke und biometrische
Fotos – zu sammeln. „Die Sozialbehörde will so schnell wie möglich
abklären, ob die Geflüchteten schon in Deutschland oder anderen EU-Ländern
registriert sind oder woanders Leistungen beziehen“, sagt Markovic.
Tatsächlich aber gibt es für das Sammeln dieser Daten erst dann eine
Rechtsgrundlage, wenn die Person Asyl beantragt. Das kann sich bei
Minderjährigen über Monate hinziehen, denn sie können ohne Vormund, der
ihnen vom Jugendamt zugeteilt wird, keinen Asylantrag stellen. Durch die
Anzeigen wegen illegaler Einreise schafft man in Bremen nun eine andere
Grundlage fürs Datensammeln. „Alle Beteiligten zusammen denken sich einen
juristisch abenteuerlichen Weg aus, um die Geflüchteten in die
erkennungsdienstliche Behandlung zu drängen“, so beschreibt es der Anwalt
Jan Sürig.
Zwar werden die Verfahren wegen unerlaubter Einreise in fast allen Fällen
eingestellt, dennoch bleibt der Eintrag im Verfahrensregister. Dieser kann
im Zweifel gegen die Heranwachsenden ausgelegt werden. „Selbst wenn das
Verfahren eingestellt wurde, haben sie einen Fleck auf ihrer weißen Weste“,
erklärt Markovic. Das könne dazu führen, dass ein Gericht sich beeinflussen
lässt, falls den Jugendlichen danach eine Straftat vorgeworfen wird. Die
Person habe ja schon Kontakt zur Polizei gehabt.
„Das geht in Richtung Vorverurteilung“, sagt die Rechtsanwältin. „Bei ei…
weiteren Verfahren würden die Richter*innen eher entscheiden, dass das
Verfahren nicht eingestellt wird, weil es schon eine Akte gibt, oder in der
Strafe höher gehen.“ Darüber hinaus riskiere die Jugendhilfeeinrichtung
durch ihr Verhalten, die von ihnen betreuten Geflüchteten einer
Retraumatisierung auszusetzen, sagt Markovic. Es sei nicht selten, dass die
Jugendlichen vorher negative Erfahrungen mit der Polizei gesammelt hätten.
Die polizeiliche Ermittlungsarbeit, die auf die Strafanzeige folge, könne
sehr belastend sein.
Der Inneren Mission ist nach interner Prüfung kein solcher Fall bekannt.
Der Leiter der Erstaufnahmeeinrichtung, Andreas Mückley, sagt, die
Strafanzeigen werden nicht durch die Mitarbeitenden der
Erstaufnahmeeinrichung gestellt. Ihm zufolge ist der Polizeibericht
sprachlich irreführend. Die darin verwendete Formulierung, „die
Erstaufnahmeeinrichtung meldete den Verdacht einer Straftat“, ließe falsche
Schlüsse zu.
## Kritik gab es schon 2020
Auch der Sprecher der bisher von Anja Stahmann (Grüne) geführten
Sozialbehörde, Bernd Schneider, weist die Vorwürfe zurück, dass die Innere
Mission Anzeige erstatte. Schneider schreibt auf Anfrage der taz, dass die
Innere Mission „die jungen Menschen aber zur Identitätsfeststellung bei der
Polizei melden muss“.
Bereits im Jahr 2020 übte das Bündnis „Together We Are Bremen“ [4][scharfe
Kritik am Vorgehen der Inneren Mission]. Einzelne Jugendliche wurden im
Auftrag des Jugendamtes unter Androhung von Gewalt in Fußfesseln aus der
Unterkunft geführt und in andere Bundesländer gebracht. In einem
[5][offenen Brief] warf [6][das Bündnis] der Inneren Mission vor, Komplizin
für diskriminierendes staatliches Handeln zu sein und die Jugendlichen
nicht vor den gewaltvollen Umverteilungen zu schützen.
9 Jun 2023
## LINKS
[1] /Umgang-mit-minderjaehrigen-Gefluechteten/!5658002
[2] https://www.fluechtlingsrat-bremen.de/
[3] /Racial-Profiling-im-Goerlitzer-Park/!5885773
[4] /Umgang-mit-minderjaehrigen-Gefluechteten/!5658002
[5] /Archiv-Suche/!5661269&s=christliche+komplizen&SuchRahmen=Print/
[6] https://togetherwearebremen.org/
## AUTOREN
Clara Henning
## TAGS
Jugendhilfe
Minderjährige Geflüchtete
Bremer Sozialbehörde
Strafanzeige
Bremen
Nancy Faeser
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