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# taz.de -- Gewalt in Indien: Unruhen rund um die Feiertage
> Im Indien kommt es zu interreligiösen Krawallen. Die Regierung fordert
> Konsequenzen, wird aber auch beschuldigt, Unruhen zu provozieren.
Bild: Straßenszene am Rande des Hindu-Festes Ram Navami in der indischen Stadt…
Mumbai taz | Dass politische Kundgebungen in Indien schnell hitzig werden,
ist nichts Ungewöhnliches. Allerdings häufen sich aktuell wieder
interkonfessionelle Auseinandersetzungen im Osten des Landes. In Hugli, im
Bundesstaat Westbengalen, kam es am Sonntagabend bei einer Kundgebung der
hindunationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP) zu Ausschreitungen. Die
Prozession, die in der Nähe einer Moschee stattfand, wurde mit Steinen
angegriffen, nachdem es wohl zu Spannungen zwischen Hindus und Muslimen
gekommen war.
Wenige Tage zuvor war es in der Nähe bereits zu Zusammenstößen von Hindus
und Muslimen während einer Hindu-Prozession zu Ehren des Gottes Ram
gekommen, bei der Fahrzeuge in Brand gesteckt und Geschäfte zerstört
wurden. Die Folge waren Polizeikontrollen, Verbote von Versammlungen mit
mehr als vier Personen sowie die Sperrung von Internetdiensten.
Am Samstag wurde der Geschäftsmann und BJP-Politiker Raju Jha erschossen.
Medienberichten zufolge soll er in eine Korruptionsaffäre verwickelt
gewesen sein. Viele Details sind aber noch ungeklärt.
Neben Westbengalen kam es auch im Bundesstaat Bihar zu Zusammenstößen. Ein
bewaffneter Mob von rund 1.000 Personen setzte am Samstag die älteste
muslimische Madrasa in der Region Bihar Sharif samt historischer Bibliothek
in Brand. Bewohner:innen beschrieben die Gewalt als beispiellos. Das
Gebäude brannte aus. Laut Polizei kam eine Person ums Leben.
Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen während des Hindu-Festes Ram Navami
wurden 77 Personen festgenommen und mehrere Anzeigen erstattet. Bei den
Randalieren soll es sich – wie öfters der Fall – um Außenseiter handeln.
„Die kommunalen Spannungen während der Ram Navami-Feierlichkeiten in
Sasaram und Bihar Sharif sind beunruhigend“, sagte Ministerpräsident Nitish
Kumar.
## Parlamentswahl im kommenden Jahr
Hintergrund der Gewalt könnte das Zusammentreffen des muslimischen
Fastenmonats mit hinduistischen Feiertagen sein. Allerdings sind religiöse
Überschneidungen keine Seltenheit. In Bihar sowie in Westbengalen regieren
zudem Lokalparteien, die sich von der Zentralregierung unterscheiden, die
von der pro-hinduistischen Volkspartei BJP hinter Premier Narendra Modi
dominiert wird.
Die BJP-Zentralregierung wirft nun erneut den
Ministerpräsident:innen der beiden Bundesstaaten, Mamata Banerjee
(TMC) sowie Nitish Kumar (JDU), vor, keine Kontrolle zu haben: Die
Regierung von Westbengalen unternehme nichts, sagte etwa der BJP-Politiker
Dilip Ghosh, der auf der Veranstaltung am Sonntag in Sicherheit gebracht
wurde. Die BJP fordert eine Übergabe der Untersuchung an die Nationale
Ermittlungsbehörde (NIA), die der Zentralregierung unterstellt ist.
Die in Westbengalen regierende TMC sieht das anders: „Gewalt und
Brandstiftung finden statt, wann immer die BJP eine Kundgebung
organisiert“, sagt die bengalische Gesundheitsministerin Shashi Panja. Das
sei zu einer Tradition geworden. „Unsere Partei verurteilt das Vorgehen der
BJP aufs Schärfste. Kommunale Unruhen haben unter der BJP-Regierung
zugenommen.“ Laut ihrem Parteikollegen Majumdar hätten Teilnehmer der
BJP-Kundgebung Schwerter getragen, was unter den Menschen Panik auslöste.
Die Situation in den betroffenen Regionen Westbengalens sei unter
Kontrolle, teilte die Polizei mit. Der Fall liegt vor dem Obersten Gericht
der Region. Dennoch blieben das Versammlungsverbot und die Einschränkungen
der Internetnutzung teils bestehen. Ruhig blieb es dennoch nicht, nachdem
am Montag Mitglieder der BJP Proteste organisierten.
Banerjee ahnte wohl, dass es ein Nachspiel geben würde. „Ich werde alles
für Sie tun, aber ich bitte Sie, die BJP – die Partei, die für Unruhe sorgt
– bei den bevorstehenden Wahlen nicht zu unterstützen“, äußerte sie sich.
Indien ist schon jetzt im Wahlkampfmodus für die Parlamentswahlen im
nächsten Jahr. Doch Banerjee sorgte sich öffentlich auch vor neuer Gewalt
in den kommenden Tagen zum nächsten Hindu-Festival (zu Ehren des Gottes
Hanuman).
3 Apr 2023
## AUTOREN
Natalie Mayroth
## TAGS
Indien
Hindu-Nationalismus
Narendra Modi
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Fußball-WM
Bildende Kunst
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