Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wulff-Rede beim Festakt zur Einheit: Islam ist ein Teil Deutschlands
> Bundespräsident Wulff lobt in Bremen den ostdeutschen Beitrag zur Einheit
> - und bekennt sich zur Einwanderungsgesellschaft. Helmut Kohl erwähnte er
> nur einmal.
Bild: Bundespräsident Wulff bekundete, sich selbstverständlich auch als Präs…
Es sollte die große Rede von Bundespräsident Christian Wulff werden. Der
Ort war repräsentativ gewählt: der Festakt zur Deutschen Einheit in Bremen.
Am Tag zuvor hatte Ex-Konkurrent Joachim Gauck in Berlin gesprochen, abends
gab es eine von Bundestagspräsident Nobert Lammert initiierte Veranstatung
im Bundestag. Spöttisch war von einem Sängerwettbewerb die Rede. Doch das
Zentrum der 20 Jahr Feier war Bremen - und Wulffs Rede.
Wulff schlug den Bogen von 1990 bis heute, von der Geschichte der
Vereinigung bis zu aktuellen gesellschaftlichen Aufgaben. Die Leitfrage
lautete: Wie viel Einheit braucht die Gesellschaft, wie viel Differenz. Als
Akteure der Vereinigung würdigte Wulff die Bürgerbewegung, aber auch
Solidarnosz und Michail Gorbatschow. Die Vereinigung wäre zudem nie möglich
gewesen ohne vertrauensbildende Politik der alten Bundesrepublik. Nur
deshalb konnten, so Wulff, 1990 Befürchtungen im Ausland vor einem
widervereinigten Deutschland zerstreut werden.
Helmut Kohl erwähnte Wulff nur einmal, in einem Atemzug mit Willy Brandt
und Helmut Schmidt. Außerdem fiel auf, dass der westdeutsche CDU-Mann Wulff
die Leistung der Ostdeutschen nach 1990 hervorhob, deren "unglaubliche
Bereitschaft zur Veränderung nicht "ausreichend gewürdigt worden" sei. Der
Bundespräsident mühte sich um ein möglichst ausgewogenes Bild der
Vereinigung.
Die deutsche Gesellschaft 2010 sei bestimmt vom Ringen um die richtige
Balance von Freiheit und Gleichheit. Durch Migration, technologischen
Wandel und globale Konkurrenz "driften die Lebenswelten auseinander." Das
mache, so der Befund, Angst. Doch: "Zu viel Gleichheit ist nur um den Preis
der Unfreiheit zu haben." Zentrale Punkt der Rede war eine Analyse des
Status quao der Einwanderungsgesellschaft. "Legendenbildungen, Zementierung
von Vorurteilen und Ausgrenzungen dürfen wir nicht zulassen. Das ist in
unserem eigenen nationalen Interesse", mahnte Wulff.
Er bekundete, sich selbstverständlich auch als Präsident deutscher
Musliminnen und Muslime zu begreifen. Mit Blick auf die Thesen des
Ex-Bundesbankers Thilo Sarrazin sagte er: "Ich will nicht, dass Menschen
mit ausländischen Wurzeln verletzt werden in durchaus notwendigen
Debatten." Im Klartext übersetzt: Harte Debatten ja, aber ohne
rassistischen Unterton.
Deutschland habe sich mühsam von "drei Lebenslügen" verabschiedet. Der
Illusion, dass die Gastarbeiter wieder gehen, der Illusion kein
Einwanderungsland zu sein und der multikulturelle Illusion, das
problemfreies Miteinander möglich sei. Die Integrationsverweigerer kamen in
der Rede vor, allerdings nur am Rande. Wulff nannte "Verharren in
Staatshilfe, Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und
Leistungsverweigerung", ohne darauf weiter einzugehen.
Wulffs Schlussfolgerung bezog sich indirekt wieder auf die Sarrazin:
Deutschland sei, trotz aller Probleme, bei der Integration viel weiter als
"es die derzeitige Debatte vermuten lässt". So sei klar, dass Deutsch
lernen und die Gesetze achten muss, wer hier lebt. Programmatisch bekundete
der Bundespräsident, der Islam gehöre ebenso zu Deutschland wie Christentum
und Judentum.
3 Oct 2010
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Wulffs Islamäußerungen: Wer ist das Volk?
Im Kern geht es in der Integrationsdebatte um die Frage, ob man Muslimen
und ihrer Religion in diesem Land auf Augenhöhe begegnet.
Grüne schweigen zu Integrationsdebatte: Maul halten gilt nicht
Das Umfragehoch der Grünen mag viele Gründe haben. Einen gewiss nicht: Ihre
Positionierung zur aktuellen Integrationsdebatte. Was ist da eigentlich
los? Ein offener Brief.
Unklare CSU-Stellung zur Integrationsdebatte: Ein Wulff unter Schafen
Die Kritik an der Integrationsrede des Bundespräsidenten zeigt die Furcht
der CSU vor Bedeutungsschwund - und Ratlosigkeit darüber, was heute als
konservativ gelten soll.
Kommentar Bundespräsidenten-Rede: Lauwarme Rede, richtige Idee
Die Erkenntnis, dass Deutschland viel weiter ist, als es die
Sarrazin-Debatte vermuten lässt, ist kein intellektuelles Glanzlicht. Aber
es ist nötig, dies zu sagen.
Wirtschaft nach der Wende: Ostler peppen den Westen auf
Wirtschaftsforscher kritisieren die einseitige Bilanz der Einheit. Die
alten Bundesländer hätten erheblich von qualifizierten und motivierten
Menschen aus dem Osten profitiert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.