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# taz.de -- Rugby für Anfänger: Die ganze Insel siegt
> Irlands Rugby-Auswahl gewinnt das Six-Nations-Turnier. Und durch den Sieg
> über England sichert es sich noch den inoffiziellen Grand Slam.
Bild: On top: Irlands Ryan Baird fängt den Ball
Zehn Minuten vor Schluss begannen die Fans im Dubliner Aviva-Stadion, „The
Fields Of Athenry“ zu singen. Das kennt man aus dem Fußball, aber am
Samstag ging es um Rugby. Hier sind die Iren die Nummer 1 der
Weltrangliste. [1][Da gewannen sie das Six-Nations-Turnier] und außerdem
den inoffiziellen Grand Slam, weil sie alle fünf Gegner besiegt haben.
Am Ende stand es 29:16 – gegen England! Und das am
St.-Patrick’s-Wochenende, an dem der Alkoholpegel auf der Insel ohnehin ins
Unermessliche steigt! Sowohl das Turnier als auch die Parade zu Ehren des
Heiligen wurde von Guinness, dem Hersteller des Nationalgesöffs,
gesponsert. Offenbar hatten Irlands Spieler am Freitag, dem St. Patrick’s
Day, ausgiebig gefeiert, denn am nächsten Tag war von der Leichtigkeit der
vorangegangenen Spiele nichts zu sehen.
Es wurde auch nicht viel besser, als kurz vor der Halbzeitpause der
Engländer Freddie Steward vom Platz gestellt wurde, weil er den Iren Hugo
Keenan mit dem Ellenbogen im Gesicht getroffen hatte. Das ist verboten, was
mich überraschte, denn so, wie sich die Spieler sonst in die Mangel nehmen,
scheint ein Ellenbogen-Stoß durchaus angemessen.
[2][Angeblich ist Rugby aber eine höfliche Angelegenheit.] „Der Respekt vor
dem Gegner und vor dem Schiedsrichter ist unglaublich hoch“, sagte Denis
Frank, ehemaliger Rugby-Spieler, in einem Interview. „Jürgen Klopps
Auftritte an der Seitenlinie wären im Rugby undenkbar.“ Beim Rugby darf nur
der Kapitän mit dem Schiedsrichter sprechen, während beim Fußball selbst
die Balljungen verbal über den Unparteiischen herfallen.
## Seltenes Glücksgefühl
Eigentlich interessiere ich mich nicht für Rugby. Aber es hilft nichts, man
muss sich informieren, sonst fühlt man sich zurzeit in Irland
ausgeschlossen. So fieberte ich mit, als England zwischenzeitlich
bedrohlich aufkam. Nach dem Schlusspfiff war die ganze Insel – anders als
im Fußball gibt es im Rugby eine gesamtirische Mannschaft – aus dem
Häuschen, weil man im Sport selten gewinnt. Dan Sheehan, dem die beiden
entscheidenden Versuche à 5 Punkte gelungen waren, sagte: „Ein Grand Slam
ist etwas ganz Besonderes für das ganze Land!“
Neben der WM ist das Six-Nations-Turnier das prestigeträchtigste Event im
internationalen Rugby. Die Spiele wurden seit Anfang Februar an insgesamt
fünf Wochenenden ausgetragen. Manche Teams hatten zwei, andere drei
Heimspiele. Im nächsten Jahr wird getauscht. Das Turnier geht auf das Jahr
1883 zurück, als das „Home Nations Championship“ mit England, Wales,
Schottland und Irland zum ersten Mal ausgetragen wurde. Seit 1910 ist auch
Frankreich dabei, Italien kam 2000 dazu.
Die Sportart soll 1823 von einem William Webb Ellis am Internat der
englischen Kleinstadt Rugby erfunden worden sein. Es war von Anfang an eine
Sache der Mittelschicht, und auch Che Guevara begeisterte sich dafür, denn
er gehörte als junger Mann der anglisierten Mittelschicht in Argentinien
an. In seinen Adern „floss das Blut irischer Rebellen“, sagte sein Vater,
dessen Mutter aus Irland stammte.
Auch Mack Hansen, ein Australier, hat irische Vorfahren, weshalb er für die
Grüne Insel spielen darf. Er ist einer der Stars, seit ihm neulich ein paar
„Turnovers“ gelangen. Darunter versteht man in Irland eigentlich einen
gefüllten Eierteig. Ist der Ball beim Rugby deshalb eiförmig? Offiziell
heißt das Spielgerät Rotationsellipsoid. Hansen steigerte seine Beliebtheit
noch, als er über den Gegner sagte: „Ich glaube, jeder hasst England, das
war mir schon in meiner Kindheit in Australien bewusst.“
Für Ahnungslose wie mich [3][sind die Rugby-Regeln] recht undurchsichtig.
„Ein Vorpass ist ein illegaler Pass nach vorne zu einem Mitspieler“, so
steht es in den Spielregeln. „Er wird mit einem Gedränge bestraft.“ Wird
der Schurke samstags zu Ikea geschickt? „Der Angreifer muss den Ball
zwischen die Malstangen über die Querlinie schießen, um für einen Dropkick,
einen Straftritt oder eine Erhöhung Punkte gutgeschrieben zu bekommen.“ Hä?
Hauptsache, die irischen Spieler haben die Regeln kapiert und der Nation
einen Anlass für ein kollektives Besäufnis beschert. Im September will man
wieder feiern. Dann findet die Weltmeisterschaft in Frankreich statt.
19 Mar 2023
## LINKS
[1] /Rugby-Six-Nations/!5489430
[2] /Rugby-WM/!5193457
[3] http://www.totalrugby.de/content/view/10587/169/
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Rugby
Irland
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Schwerpunkt Feministischer Kampftag
Rugby
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
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