Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Heft für Heteromänner ab 45: Leise Ahnung im Vorfeld
> Ein neues Magazin widmet sich einer Zielgruppe, die sich in öffentlicher
> Wahrnehmung und Wertschätzung zu kurz gekommen fühlt.
Bild: Robert Habeck als Role Model des flotten Mittelalten?
Millionen Männer [1][„im besten Alter“] legen erleichtert ihre uralten „…
und Foxi“-Hefte beiseite. Denn nun gibt es für sie endlich ein eigenes, auf
sie und ihre Bedürfnisse (Essen, Erklären, Restharnprobleme?)
zugeschnittenes Magazin: Die (der/das?) Monsieur.
Erschien der Ableger der Zeitschrift Madame für „Frauen in der Lebensmitte“
bislang als unregelmäßige Modebeilage seiner Medienmutti, wird es ab 15.
März von der Münchener Looping Group als selbstständig konzipiertes Heft
herausgegeben. Bei einer Auflage von 45.000 Exemplaren erscheint es
zunächst vierteljährlich.
Alexandros Stefanidis, der Chefredakteur von Monsieur, kündigt, hier noch
auf der Website von Madame, doch gewiss bald schon auf eigener Seite, an:
„MONSIEUR schreibt, denkt nach und arbeitet für Männer ab 45 Jahren mit
klarem Wertekanon.“
Aber haben den nicht ohnehin fast alle Männer im angesprochenen Alter? Oft
sogar einen unangenehm (Doppelkorn!) klaren: Man weiß noch, wo im Dorf die
Kirche steht, und dass man sie besser dort lassen sollte. Dass Frauen
Frauen sind, und Männer Männer. Und dass man das doch bitte noch sagen
dürfen sollte. Das riecht nach einer ziemlich großen Zielgruppe. Hoffen
wir, dass Monsieur uns Lügen straft und die beim Lesen des Wortes
„Wertekanon“ hochgerollten Fußnägel mittels kluger und sensibler Inhalte …
Ende wieder glattbügelt.
## Sternhagelvoll weiser Gedanken
Doch leider stellt sich bereits im Vorfeld eine leise Ahnung von Mimimi
ein, wenn Stefanidis gegenüber der Medienfachzeitschrift Horizont von der
[2][„vernachlässigten Zielgruppe der Hetero-Männer ab 45 Jahren“] spricht.
Es gehe „um die Sehnsucht nach einer Männlichkeit, die sich weder verleugne
noch anbiedere“.
Hier klingt er wieder an, der grimme Freund Wertekanon, und es fällt so
entsetzlich schwer, ein Produkt nicht jetzt schon zu zerreißen, das uns ja
bislang noch gar nichts getan hat. Wer weiß denn, ob es nicht
sternhagelvoll weiser, bescheidener und emanzipativer Gedanken sein wird?
Wollen wir ihm nicht einfach eine Chance geben? Hat die nicht auch der
vernachlässigste alte Hetero verdient? Ganz davon abgesehen, wäre er auch
von der Straße runter, wenn er zu Hause friedlich in der neuen Monsieur
blättert. Und nicht in Waffen- oder Autoheftchen. Wäre das nicht ein Gewinn
für ihn, wie für uns alle?
Wahrscheinlich nein. Denn wenn bei der Zielgruppe von „konsumfreudig und
souverän“ die Rede ist, sowie von „Vorlieben, die sie sich auch von Trends
nicht ausreden lässt“, denkt wohl nur ein Schelm dabei nicht an „freie
Fahrt für freie Bürger“. Da kann Robert Habeck als Role Model des flotten
Mittelalten noch so erotisch vom Cover der ersten Nummer schmunzeln.
Immerhin hat Monsieur nichts gegen Madame: „‚Monsieur‘ ist wahrscheinlich
das erste Männermagazin weltweit, das aus der Rippe einer ‚Frau‘ entstanden
ist“, beschreibt Stefanidis mit biblischer Kraft seine weibliche
Geburtshelferkröte.
## „Wolf“, „Cord“, Altpapier
„Wahrscheinlich“ ist das Lieblingswort des der Recherche müden
Journalisten. So etwas gab es nämlich durchaus schon mal: Das weibliche
Achtsamkeitsmagazin Flow bekam im Jahr 2016 durch einfache Umstellung der
Buchstaben den männlichen Ableger Wolf für den sensiblen Mann mit selbst
gehäkelten Eierwärmern. Die Zielgruppe war jünger als die von Monsieur –
Körperhygiene, Sex und Zukunft waren für sie folglich keine Fremdworte.
Lesen wollte das Heft anscheinend trotzdem keiner: [3][Aus Wolf wu]rde
Cord, aus Cord wurde Altpapier. Das Magazin wurde schließlich eingestellt.
Droht Monsieur das gleiche Schicksal? Wir werden sehen.
14 Mar 2023
## LINKS
[1] /Massnahmen-zur-Geschlechtergerechtigkeit/!5888602
[2] /Brief-an-einen-alten-weissen-Freund/!5749595
[3] https://www.horizont.net/medien/nachrichten/Deutsche-Medien-Manufaktur-Wolf…
## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
Zeitschriften
Männer
Babyboomer
Kolumne Zukunft
Toxische Männlichkeit
Toxische Männlichkeit
Joko Winterscheid
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wie wir geboren werden: The process formerly known as birth
In der Zukunft ist Schluss mit idiotischem Geburtsschmerz. Wir befreien uns
selbst aus dem „Bruterus“, der uns zur gewünschten Größe gezogen hat.
Magazin über kritische Männlichkeit: Netter sein reicht nicht
Das „Boykott Magazin“ will ein gutes Leben für alle Geschlechter. Die
Macher*innen fragen deshalb nach Alternativen zur altbekannten
Männlichkeit.
Neues Männermagazin „Esquire“: Letzte Hoffnung Fleisch
In der ersten Ausgabe von „Esquire“ wird Männlichkeit kritisch reflektiert.
Das gelingt kaum, gibt aber trotzdem Hoffnung auf Veränderung.
Neues Magazin „JWD“: Kein klassisches Männerheft
Mal wieder eine neue Zeitschrift eines B-Promis: Gruner und Jahr bringt
„JWD“ auf den Markt – das Magazin von, für, mit und aus Joko Winterschei…
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.