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# taz.de -- Schiffbruch bei Flucht: Mindestens 45 Menschen ertrunken
> Vor der italienischen Küste kentert ein Boot mit mehr als 100 Menschen.
> Sie stammen aus Afghanistan, Iran, Irak und Syrien, unter ihnen mehrere
> Kinder.
Bild: Rettungskräfte in der Nähe von Cutro, Italien: Die Zahl der Toten steigt
Rom taz | Womöglich mehr als 100 Tote sind nach dem Untergang eines
Flüchtlingsschiffs direkt vor der Küste der süditalienischen Region
Kalabrien zu beklagen. In den frühen Morgenstunden des Sonntags war der
Fischkutter bei schwerem Seegang vor dem Ort Steccato di Cutro
auseinandergebrochen; ein italienischer Fischer hatte um fünf Uhr morgens
gemeldet, dass er Wrackteile und im Wasser treibende Menschen gesichtet
hatte.
In Decken gehüllte Überlebende auf dem Strand, neben ihnen Leichen in
weißen Säcken und Holzplanken des zerschellten Boots: Dies sind die ersten
Bilder, die am Sonntagvormittag über die italienischen Medien verbreitet
wurden.
Die italienische Küstenwache teilte mit, dass bis zum Mittag 81 Menschen
gerettet werden konnten, während 45 Personen tot geborgen wurden, unter
ihnen mehrere Kinder. Doch es ist zu befürchten, dass die Zahl der Opfer
steigt. Während die Küstenwache von etwa 120 Menschen an Bord sprach,
nannten Gerettete Zahlen zwischen 150 und 250 Passagieren. Die italienische
Polizei teilte mit, sie habe einen der mutmaßlichen Schleuser in Gewahrsam
genommen, während nach drei weiteren Männern, die aus der Türkei stammen
sollen, gesucht werde.
Als Herkunftsländer der Flüchtlinge wurden Afghanistan, Iran, Irak und
Syrien genannt. Der italienischen Finanzpolizei zufolge stach der hölzerne
Kutter vier Tage vor dem Unglück vom türkischen Izmir aus in See. Auf
dieser Route, von der Türkei nach Kalabrien, kamen im Jahr 2022 18.000 der
insgesamt gut 100.000 an Italiens Küsten angelandeten Flüchtlinge nach
Italien. Schon am Samstagabend hatte ein Flugzeug der EU-Grenzagentur
Frontex das am Sonntag gekenterte Schiff gesichtet. Daraufhin hatte die
Küstenwache zwei Schiffe ausgesandt, die jedoch wegen des schlechten
Wetters am Ende umdrehen mussten.
## Kampf gegen die Flucht im Hauptfokus
Einhellig zeigen sich jetzt von rechts bis links Italiens
Politiker*innen betroffen, beginnend bei der Ministerpräsidentin
Giorgia Meloni, die angesichts der Tragödie „tiefen Schmerz“ äußert und
verspricht, sie wolle auch in Zukunft „die Abfahrten“ der Flüchtlinge
verhindern und die Schleuser bekämpfen. Der frühere Ministerpräsident
Matteo Renzi entgegnete, gewiss gehörten die Schleuser bekämpft, „nicht
aber die NGOs und die Freiwilligen, die Leben zu retten suchen“.
In der Tat ist weiterhin der [1][Kampf gegen die NGOs] der Hauptfokus der
seit Oktober 2022 amtierenden Rechtsregierung unter Meloni. Sie erließ
Anfang Januar ein mittlerweile endgültig vom Parlament gebilligtes Dekret,
das die Rettungsarbeit der NGOs weiter erschwert. So wird ihnen direkt nach
einer ersten Rettungsaktion ein Zielhafen zugewiesen, meist in Norditalien
und damit mehr als 1.000 Kilometer entfernt von der Straße von Sizilien.
Sie müssen diesen Hafen sofort ansteuern, ohne weitere Rettungsaktionen
vorzunehmen – und sind damit tagelang aus dem Verkehr gezogen. Sollten sie
sich nicht an die Vorschriften halten, werden sie zudem per
Verwaltungsanordnung für bis zu 20 Tage blockiert und mit Geldbußen belegt.
Als Erste traf es jetzt die „Geo Barents“ von Ärzte ohne Grenzen. Vor zwei
Tagen verfügte die Regierung, das Schiff müsse 20 Tage im Hafen bleiben, da
die Besatzung sich geweigert hatte, die Black Box mit den Navigationsdaten
herauszurücken. Auch die Tragödie vom Sonntag zeigt die Realität: Nur gut
10 Prozent der Flüchtlinge werden von den NGOs an Land gebracht, die
anderen erreichen aus eigener Kraft oder mithilfe der italienischen
Küstenwache die Häfen – wenn ihr Schiff nicht vorher kentert.
26 Feb 2023
## LINKS
[1] /Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5890587
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Schwerpunkt Flucht
Seenot
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