# taz.de -- Chinesische Spionage-Flugkörper: Mehr als nur 99 Luftballons | |
> Ballons am Himmel sind kein Anlass mehr für Heiterkeit. Sondern für | |
> Sorge: Wir wissen nicht, wozu die chinesische Spionage imstande ist – und | |
> wofür. | |
Bild: Der Ballon schwebte über dem Atlantischen Ozean vor der Küste von South… | |
Wer heute das alte Lied „99 Luftballons“ noch einmal spielt oder hört, | |
dürfte einen leisen Anachronismus spüren: Wurden da nicht „General“ und | |
„Kriegsminister“ verhöhnt, weil es ja nur „99 Luftballons“ sind, die da | |
schweben am Horizont? So viele sind es heute nicht. Bisher entdeckt und | |
abgeschossen waren es vier, von denen sich kanadische und amerikanische | |
Militärs in einem Fall nicht mal sicher waren, ob es sich um einen | |
Luftballon handelt. Dennoch: Heute lacht kaum noch jemand. Ernst nehmen | |
will man die [1][schwebenden Objekte] hoch in der Luft allemal. Sie seien | |
bloß für Wetterdienste, behauptete Peking? Von wegen! | |
Der Nena-Anachronismus lässt sich so leicht nicht mehr herunterspielen auf | |
so etwas wie seichte Ironie: Über unseren Horizont fliegen längst unzählige | |
Objekte. Niemand weiß, wie viele Daten, verschlüsselt in was für einem | |
KI-Deutungsmuster, sie an wen zu welchem Zwecke senden. Erst recht nicht, | |
mit welchen Konsequenzen. Von diesen ominösen Objekten sind die paar | |
Luftballons, von denen man zwei als „von China kommend“ identifiziert hat, | |
„Opas“ aus Zeiten des Ersten Weltkriegs, wenn man sich ihrer als | |
Spionageballons vergewissern kann. Kann man? | |
Wohl noch nicht ganz. Noch gehen Beschuldigungen und Dementi zwischen | |
Washington und Peking hin und her. Chinas Außenamtssprecher bezichtigt die | |
USA 10-mal der Verletzung des chinesischen Luftraums mit US-Luftballons | |
allein im letzten Jahr – freilich ohne jeden Beweis. Noch hüllen die | |
Europäer sich in vornehmes Schweigen. Und doch wird auch hierzulande, noch | |
hinter vorgehaltener Hand, gemunkelt: Was nun, wenn die Chinesen | |
Spionageluftballons 20 Kilometer auch [2][über unsere Köpfe hinweg | |
schweben] lassen, um, wie die US-Militärs argwöhnen, unsere Militärbasen, | |
sagen wir nahe dem an einen russischen Oligarchen verkauften [3][Flughafen | |
Hahn], auszuspionieren? Was nun, wenn diese Chinesen allen Dementi zum | |
Trotz doch Wladimir Putin beim Aggressionskrieg gegen die Ukraine | |
unterstützen würden – mit Daten gestohlen von jenen mysteriösen Ballons zum | |
Beispiel? | |
Lasst uns einen „Worst Case“ an die Wand malen: Haben nicht auch Chinesen | |
bereits Supersonic-Raketen, gegen die westliche Militärs noch kein probates | |
Mittel haben, um uns davor zu schützen? Noch weit entfernt von der | |
beunruhigenden Tatsache, dass von den der Ukraine versprochenen | |
Leopard-I-Panzern der deutschen Bundeswehr gleich Dutzende untauglich sind? | |
Sind wir gegen irgendwelche „Generäle“ und „Kriegsminister“, verhöhnt… | |
jenem Lied, gewappnet, wenn sie doch nicht nur Späßchen mit uns im Sinne | |
haben, sondern es bitterernst meinen, siehe Putin? | |
Niemand weiß darauf eine sichere Antwort. Und darin liegt die makabre | |
Pointe: Die langsamen, für bloße Augen sichtbar schwebenden Luftballons | |
sind zum Symbol für unsere aufgescheuchten Seelen geworden. Sie, nicht die | |
für die meisten Menschen ohnehin nicht mehr zu verstehenden | |
High-Tech-Waffensysteme, untermalen jene Naivität, allein mit billigem | |
Pazifismus und verzweifelten Rufen „Verhandlungen müssen sein, es darf ja | |
nicht nur Waffenlieferungen geben“ Kriegen und Krisen zu begegnen. Wenn wir | |
schon nichts tun können gegen langsam schwebende Luftballons, wo kämen wir | |
hin, wenn … Und die Luftballons illustrieren einen Teufelskreis: Gerade | |
aufgrund unserer Untätigkeit gegen schleichende Gefahren in der | |
Vergangenheit sind wir umso mehr zur Handlungsunfähigkeit verdammt. Je | |
größer unsere Handlungsunfähigkeit andererseits wird, desto mehr müssten | |
wir jedes Objekt als unheilvolle Waffe mutmaßen – in einer Quasiparanoia. | |
25 Feb 2023 | |
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