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# taz.de -- Erdbeben in der Türkei und Syrien: Mehr als 2.400 Tote
> Die Zahl der Todesopfer in der Türkei und Syrien ist nach den
> verheerenden Beben auf 2.400 gestiegen. Allein in der Südosttürkei
> stürzten Tausende Gebäude ein.
Bild: Suche nach Überlebenden in Jandaris, Syrien
Ankara/Damaskus taz/ap/dpa/epd | Nach einer der schwersten
Erdbebenkatastrophen der letzten Jahrzehnte sind in der Südtürkei und
Nordsyrien mehrere Tausend Tote zu befürchten. Die Zahl der Opfer wurde bis
zum späten Montagnachmittag mit um die 2.400 angegeben. Das tatsächliche
Ausmaß war aber zunächst nicht absehbar, da wohl noch Hunderte verschüttet
waren. Rund 12.000 Menschen in der Türkei und in Syrien wurden nach
bisherigen Informationen verletzt.
In Syrien stieg die Zahl der Toten auf mehr als 780. Das teilten der
stellvertretende Gesundheitsminister Ahmed Dhamirijeh sowie die
Rettungsorganisation Weißhelme mit. In dem Bürgerkriegsland seien bei der
Katastrophe mehr als 2.200 Menschen verletzt worden.
Die Wetterbedingungen erschwerten die Rettungsarbeiten, sagte der türkische
Präsident Recep Tayyip Erdoğan. In den betroffenen Provinzen herrschen
zurzeit Minusgrade, in einigen Gegenden schneit es. Das Erdbeben mit
Epizentrum im südtürkischen Kahramanmaras hatte die Südosttürkei am
Montagmorgen erschüttert. Der türkische Katastrophendienst Afad korrigierte
am Mittag die Stärke des Hauptbebens von 7,4 auf 7,7.
## Hilfe aus 45 Ländern
Mehrere Flughäfen in besonders von dem Erdbeben betroffen Regionen der
Türkei blieben vorerst für zivile Flüge geschlossen. Dabei gehe es um die
Flughäfen in Hatay, Kahramanmaras und Gaziantep, sagte Vizepräsident Fuat
Oktay am Montagmorgen. Der Sender CNN Türk zeigte Bilder von einem tiefen
Riss in einer Landebahn am Flughafen Hatay.
Hilfsorganisationen und Gemeinden in den betroffenen Regionen riefen neben
Blutspenden auch zu Sachspenden auf und baten etwa um Decken, Heizer,
Winterkleidung, Essenspakete und Babynahrung.
Der türkische Präsident Erdogan erklärte, 45 Länder hätten bereits Hilfe
angeboten. Erste Angebote kamen unter anderem aus zehn Ländern der EU,
Israel und den USA. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erklärte auf
Twitter, ihre Gedanken seien bei den Angehörigen der Opfer und allen, die
um ihre Familie, Freunde, Nachbarn bangten. „Wir werden mit unseren
Partnern rasch Hilfe auf den Weg bringen.“ [1][Innenministerin Faeser]
sagte, das Technische Hilfswerk (THW) könne Camps mit Notunterkünften und
Wasseraufbereitungseinheiten bereitstellen. Hilfslieferungen mit
Notstromaggregaten, Zelten und Decken bereite das THW ebenfalls bereits
vor. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin bot Syrien und der Türkei
Unterstützung an. Russland erklärte zudem, eigene Militäranlagen in Syrien
seien bei dem Erdbeben nicht beschädigt worden.
Das Erdbeben war das schwerste in der Türkei seit 1999, als mehr als 17.000
Menschen bei einem Beben der Stärke 7,6 ums Leben kamen. Die Erdstöße
trafen damals die Stadt Izmit und eine dicht besiedelte Region am
Marmarameer nahe Istanbul.
## Mindestens 20 Nachbeben
Auf beiden Seiten der Grenze wurden die Bewohner mehrere Stunden vor
Sonnenaufgang von den Beben aus dem Schlaf gerissen und eilten in einer
kalten, regnerischen und verschneiten Winternacht nach draußen. Dutzende
Gebäude stürzten in den Städten der Grenzregion ein. Rettungskräfte und
Anwohner suchten verzweifelt nach Überlebenden unter den Trümmern.
Auf der syrischen Seite der Grenze erschütterte das Beben von der
Opposition kontrollierte Regionen, in denen rund vier Millionen Menschen
leben, die wegen des Bürgerkriegs aus anderen Teilen des Landes vertrieben
wurden. In einer Stadt, Atmeh, kamen mindestens elf Menschen ums Leben, und
viele weitere wurden unter den Trümmern begraben, wie der Arzt Muhib Kaddur
sagte. „Wir befürchten, dass die Zahl der Toten in die Hunderte geht“,
sagte Kaddur mit Blick auf den von Rebellen kontrollierten Nordwesten.
Aus den kurdisch kontrollierten Gebieten im Nordosten Syriens hieß es, auch
hier sei das Beben deutlich spürbar gewesen. Der Schaden könne jedoch noch
nicht eingeschätzt werden.
Die US-Erdbebenwarte verortete ein Beben der Stärke 7,8 etwa 33 Kilometer
von Gaziantep entfernt, der Hauptstadt der gleichnamigen türkischen
Provinz, unweit der Grenze zu Syrien. Die Tiefe wurde mit 18 Kilometern
angegeben. Mindestens 20 Nachbeben folgten, manche davon Stunden später
nach Tagesanbruch. Das größte hatte nach türkischen Angaben eine Stärke von
6,6.
Der türkische [2][Präsident Recep Tayyip Erdoğan teilte auf Twitter] mit,
es seien umgehend Such- und Rettungsteams in die betroffenen Gebiete
entsandt worden. „Wir hoffen, dass wir diese Katastrophe gemeinsam so
schnell wie möglich und mit dem geringsten Schaden überstehen werden“,
schrieb er.
## Traumata im Libanon
Auch im Libanon war das Beben mit einer Stärke von rund 4,7 auf der
Richter-Skala zu spüren, Tote wurden nicht gemeldet. Dennoch sind viele
Libanes*innen tief geschockt. Sie wurden durch das Erdbeben aufgeweckt,
suchten einen sicheren Ort im Haus unter Tischen oder evakuierten sofort
ihre Häuser.
Im Süden der Hauptstadt Beirut bildete sich ein Stau, weil Menschen in
ihren Autos ausharrten. Viele wurden an Luftangriffe oder auch an die
[3][Explosion vom 4. August 2020 im Hafen Beiruts] [4][erinnert]. Damals
war zunächst ein Beben der Erde zu spüren, bevor die Druckwelle der
Explosion durch die Stadt fegte.
Das kollektive Trauma im Libanon, ausgelöst durch Kriege oder die
Explosion, ist noch immer kaum aufgearbeitet. Das Erdbeben zeigt, dass
viele seelische [5][Wunden noch offen] sind. Hinzu kommen dieser Tage im
Libanon wie auch in Syrien starke Regenfälle, Blitze und Gewitter, die bei
vielen die Angst noch verstärken.
Libanons geschäftsführender Innenminister Bassam Mawlawi forderte die
Bürger*innen am Montagmorgen auf, baufällige Gebäude zu verlassen. Wohin
sie gehen sollten, sagte er nicht. Das Land befindet sich in einer starken
Wirtschaftskrise. Arme Menschen, darunter viele Geflüchtete aus Syrien,
leben in unfertigen oder baufälligen Gebäuden, weil die Mieten zu hoch
sind.
## Tsunami-Warnung in Italien
Griechenland erklärte sich trotz der schweren Spannungen mit der Türkei
bereit, Rettungsmannschaften in das Erdbebengebiet zu schicken. Auch Israel
will der Türkei humanitäre Hilfe leisten. Der israelische
Verteidigungsminister Joav Galant wies Armee und Verteidigungsministerium
am Montag an, entsprechende Vorbereitungen zu treffen.
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte zu, Deutschland werde selbstverständlich
Hilfe schicken. „Mit Bestürzung verfolgen wir die Nachrichten vom Erdbeben
in der türkisch-syrischen Grenzregion“, [6][schrieb Scholz auf Twitter].
In Italien gab der Zivilschutz noch in der Nacht zu Montag eine
Tsunami-Warnung aus, die wenige Stunden später zurückgenommen wurde. Die
Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni bot der Türkei und Syrien
Hilfe an.
Mitarbeit: Julia Neumann
6 Feb 2023
## LINKS
[1] https://twitter.com/NancyFaeser/status/1622546583584751617
[2] https://twitter.com/RTErdogan/status/1622423458821951492
[3] /Explosion-in-Beirut/!5705673
[4] https://twitter.com/lamamfakih/status/1622418009305370628
[5] https://twitter.com/lynnzovighian/status/1622406803710418944
[6] https://twitter.com/Bundeskanzler/status/1622511638896148480
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