# taz.de -- Neue Late-Night-Show „Reschke Fernsehen“: Bierernst zur Cocktai… | |
> Anja Reschke hat jetzt eine Late-Night-Show. Doch was lustig sein soll, | |
> wirkt leider bloß staatstragend. | |
Bild: Anja Reschke präsentiert im Ersten Reschke Fernsehen | |
Jetzt hat Alexander Gauland also auch noch das verbrochen: Die bekannte | |
„Panorama“-Moderatorin Anja Reschke erhält eine neue Late-Night-Sendung, | |
benannt nach dem Ausspruch [1][des AfD-Politikers], die deutschen | |
Öffentlich-rechtlichen seien ja alle linksgrünversifftes „Reschke | |
Fernsehen“. Am besten bezwingt man seine Gegner, indem man über sie lacht, | |
muss man sich bei der [2][ARD] gesagt haben und et voila: Ein | |
Sendungskonzept war geboren. | |
Doch worin genau sich „Reschke Fernsehen“, das zwölfmal pro Jahr um halb | |
zwölf Uhr Nachts laufen soll, vom Reschkefernsehen „Panorama“ | |
unterscheidet, bleibt unklar. Es soll zumindest lustig zugehen, statt | |
ernst. Reschke ist nicht mehr in business casual gewandet, sondern steckt | |
in einem schwarzen Einteiler. Sie trägt richtige Klunker an den Ohren und | |
hochhackige Leoparden-Pumps an den Füßen. Zum Outfit im Kleinstadtglamour | |
spielt eine Band ab und an mittelfetzige Mucke. Das soll dann wohl | |
Late-Night sein. | |
Der Inhalt passt nur halb zur Hülle. „Hier wird knallharter Journalismus | |
gemacht“, verspricht Reschke zu Beginn, wobei unklar bleibt, ob der Satz | |
mit Ironie gesprochen wurde oder nicht. Die Sendung balanciert dann auch | |
auf einem schmalen Grat zwischen Aufklärung und Satire. Eine halbe Stunde | |
lang geht es um Bayern, der baldigen Landtagswahl dort sei dank. Die | |
großmäuligen Absurditäten von Markus Söders oder Horst Seehofer bieten sich | |
natürlich als Zielscheibe von Spott und Häme an, doch zwischen | |
Zusammenschnitten besonders stoßender bayrischer Megalomanie geht es immer | |
wieder bierernst zu. | |
Zahlen und Fakten sollen die Heuchelei der CSU-Granden beweisen. Wir sollen | |
also nicht nur lachen, sondern auch was lernen. Wir lernen: Erneuerbare | |
Energien sind wichtig und alle müssen ihren Beitrag leisten. Wir lernen: | |
Bayern ist eine Bretzel-Republik unter der Fuchtel des Weisswurst-Vereins | |
CSU. Das ist beides weder überraschend noch lustig. Unterlaufen wird der | |
Lern-Effekt besonders dann, wenn man wei, dass es in der Panorama-Sendung, | |
die wenige Stunden vor der ersten Folge „Reschke Fernsehen“ über den Äther | |
lief, zum Schluss bereits um die Bayrischen Landtagswahlen ging. Ebenfalls | |
garniert mit Clips von Markus Söders Ausbrüchen der Bayernliebe als Werbung | |
für die neue Sendung am späten Abend. Haben die Macherinnen der beiden | |
Sendungen einfach die Witze aus der Redaktionskonferenz aufgeschrieben und | |
sie auf einem anderen Sendeplatz in die Welt geblasen? | |
## Armutszeugnis für die öffentliche Debatte | |
Die Öffentlich-rechtlichen sollen bekanntermassen Geld sparen. Vielleicht | |
ist diese Form der inhaltlichen Synergie ja gewollt. Als Zuschauer fühlt | |
man sich aber ein bisschen veräppelt von dieser Doppelung. Zwei Mal | |
Reschke, zwei Mal Bayern – und das an ein und demselben Abend. | |
Ohnehin wirkt es seltsam im Jahr 2023 eine neue satirische | |
Infotainment-Sendung aus der Taufe zu heben, die nach dem amerikanischen | |
Modell von Daily Show und Last Week Tonight Nachrichten mit Humor begleiten | |
soll. Wir haben doch bereits die heute-show und das ZDF Magazin Royale. Das | |
zugrundeliegende Modell hat sich doch in den letzten Jahren bereits tot | |
gelaufen. The Daily Show mit Jon Stewart hatte sich in den Bush-Jahren über | |
ihren affigen Präsidenten lustig gemacht, doch geholfen hat das Gelächter | |
der Liberalen wenig. Den Nahen Osten hat Bush trotzdem in Schutt und Asche | |
gelegt und die Weltwirtschaft an die Wand gefahren hat er auch. In der | |
Hysterie, die der Wahl Trumps und der Brexit-Entscheidung folgte, florierte | |
ein ganzer Strauß solcher Shows, in denen sich wohlmeinende Bürger der | |
moralischen Überlegenheit ihrer Ansichten vergewisserten, indem sie sich | |
über alle anderen mokierten. | |
Die Blüte dieser Sendungen stellte nicht nur ein Armutszeugnis für die | |
öffentliche Debatte, sondern auch für den klassischen Journalismus dar. | |
Klassische Nachrichten halten die Menschen nicht mehr aus – sie müssen als | |
Entertainment daher kommen. Grölen statt denken, Moderatormoral statt | |
eigener Meinung. Anja Reschke ist, zumindest von weit rechts aus gesehen, | |
die fleischgewordene liberale Mitte, die auf ihren Schultern die | |
grundgesetzliche Ordnung trägt. Sie ist also perfekt geeignet, das Publikum | |
zur Raison zu rufen, indem es penibel darauf hingewiesen wird, worüber zu | |
lachen ist. | |
„Als Journalistin, Frau, Bürgerin“ stehe sie hier, sagt Resche am Anfang | |
ihrer Sendung. Das ist ein staatspolitischer Auftrag, kein Manifesto des | |
Humors. Kann man machen. Mit den Worten einer anderen medialen Stütze der | |
deutschen Staatsraison zu sprechen: Oder soll man es lassen? | |
4 Feb 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Verhaeltnis-von-AfD-zu-Reichsbuergern/!5900281 | |
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## AUTOREN | |
Caspar Shaller | |
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