Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Bremer Web-TV-Projekt Y-Kollektiv: Von der Garage in die Mediathek
> Radio Bremens Reportagenetzwerk Y-Kollektiv ist in die ARD-Mediathek
> aufgestiegen. Der spontane und subjektive Charakter soll aber erhalten
> bleiben.
Bild: Reißerischer Titel: Dass es um Chinas Untergrundpolizei in Europa geht, …
Bremen taz | Sie wollen die Welt zeigen, „wie wir sie erleben. Und nicht
anders!“ So heißt es in der Selbstdarstellung des Y-Kollektivs. Das ist ein
Reportagenetzwerk, das die Bremer Sendefähig GmbH und Radio Bremen [1][seit
2016 entwickelt haben]. Das Kollektiv produziert wöchentlich erscheinende
Reportagen und Dokus, die online veröffentlicht werden – bislang im Rahmen
von „funk“, dem „jungen“ Angebot von ARD und ZDF.
Als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks will sich das Y-Kollektiv dem
Weltgeschehen aus der Perspektive der Journalist*innen widmen. Vor drei
Monaten hatte Y eine „Kreativpause“ verkündet. Nun ist das Format zurück:
mit einer neuen Reportage und einem festen Platz in der ARD-Mediathek.
„Nicht immer objektiv, aber immer ehrlich“ ist ein Leitspruch des
Kollektivs. Zuletzt wurde das Format in Kommentarspalten und [2][von
anderen Medienschaffenden häufig kritisiert]. Matthias Schwarzer, Redakteur
beim [3][Redaktionsnetzwerk Deutschland], wirft dem Y-Kollektiv wie auch
anderen Reportageformaten von „funk“ vor, dass sie eher Einzelschicksale
thematisierten. Andrej Reisin hinterfragt in einem Artikel für das
[4][medienkritische Portal „Übermedien“], wie viel Raum die
Reporter*innen selbst in den Beiträgen einnehmen. Die eigene Community
bemängelt vor allem das schwankende Qualitätsniveau.
## Eine Million Abonnements auf YouTube
Der Kritik zum Trotz feierte das Y-Kollektiv zum Jahresende eine Million
Abonnements auf Youtube. Die Pause habe das Team dazu genutzt, die letzten
sechs Jahre Revue passieren zu lassen, sich zusammenzusetzen und zu fragen:
„Okay, was haben wir da gemacht und was wollen wir jetzt anders machen?“,
sagt Redaktionsleiterin Lea Semen.
Seinen Zuschauer*innen will das Kollektiv Gehör schenken und seine
Anregungen beherzigen. „Wir nehmen den Dialog ernst“, bestätigt auch
Marcello Bonventre, Redaktionsleiter von Radio Bremens
Entwicklungsredaktion „Digitale Garage“, in der das Y-Kollektiv entstanden
ist. Gleichzeitig hält Y an seinem Konzept fest und wird weiterhin
Reporter*innen vor der Kamera zeigen, zumindest sofern es inhaltlich
Sinn ergibt, sagt Semen. Das solle aber nicht in Selbstdarstellung
ausufern. „Unsere Leute vor der Kamera sind auch keine Hosts, sondern
Reporter*innen, Journalist*innen.“
„Funk“ und alle dazugehörigen Formate werden aus dem monatlichen
Rundfunkbeitrag finanziert. Die Mediengruppe verfügt über ein jährliches
Budget von rund 45 Millionen Euro – ein Drittel davon kommt vom ZDF, zwei
Drittel von der ARD. Der öffentlich-rechtliche Charakter erlaube den
einzelnen Formaten Unabhängigkeit von politischen und finanziellen
Einflüssen ohne Werbung und Produktplatzierung, wie auf der „funk“-Website
betont wird.
Sechs Jahre hatte das Y-Kollektiv quasi durchproduziert, jetzt erscheinen
bis April Video-Inhalte im Zwei-Wochen-Rhythmus. Mehr Zeit für
Themenfindung, Akquise, Recherche, Produktion – mehr Geld: „Das fühlt sich
jetzt schon richtig an“, so Bonventre.
Fraglich ist, wie unabhängig Formate wie das Y-Kollektiv tatsächlich in
ihrer Produktion sind. Sie unterliegen schließlich den [5][redaktionellen
Strukturen der dahinterstehenden Sender]. Wie wird Qualität dort bewertet,
woran Erfolg gemessen?
Für Semen ist klar: „Im Fokus stehen für uns immer die Geschichte und die
Recherche und nicht die Zahlen.“ Dass dennoch nicht ganz egal ist, wie viel
geklickt wird, ist logisch. Zum einen, weil das Angebot dem jüngerem
Publikum bestenfalls entsprechen soll. Zum anderen, weil
Öffentlich-Rechtliche durch die Verbreitung auf Plattformen wie Youtube
automatisch mit privaten Rundfunkanbietern konkurrieren.
Eine gewisse Anpassung an den Wettbewerb ist auch beim Y-Kollektiv nicht
von der Hand zu weisen. Die letzten Youtube-Thumbnails ihrer Videos tragen
Titel wie: „Ich will keine Kinder“, „Hättest du abgetrieben?“ und „M…
bringe ich dich um!“
In der neu erschienenen Reportage widmen sich die Reporter*innen Jan
Stremmel und Toria Laurel der illegalen „Übersee-Polizei“ in Deutschland �…
eine Gruppe von Menschen, die von der chinesischen Regierung beauftragt
wurde, im Exil lebende Regimekritiker*innen zu überwachen. Die
Anschlussfrage in den Kommentaren lautet: „Denkt ihr, dass China eine
Gefahr für unsere Demokratie ist?“
Was will die Redaktion mit dieser Suggestivfrage? Generell wolle man zum
Nachdenken anregen, sodass Anschlusskommunikation entsteht. Manchmal auch
durch Provokation, so Semen. Warum sich die Macher*innen unter der neue
Doku für diese Frage entschieden haben, weiß sie nicht.
Auch Bonventre weiß keine Antwort. Man sei in der Vergangenheit besser
damit gefahren, so etwas im Nachgang zu diskutieren und „von der Erfahrung
zu profitieren“.
Das Y-Kollektiv hat einen hohen Stellenwert, der Radio Bremen als kleinster
Landesrundfunkanstalt der ARD im Senderverbund Anerkennung verschafft.
Schon mehrfach wurde die Arbeit des Formats ausgezeichnet. Neben dem
Sportsatire-Kanal „Wumms!“ ist Y eines der bremischen „funk“-Formate, d…
kontinuierlich Erfolge erzielt. Das spricht auch für die Arbeitsweise der
Redaktion und der Sendefähig GmbH, der Radio Bremen überraschend freie Hand
lässt.
Die feste Aufnahme in die ARD Mediathek sei ein Sprung auf das „next
Level“, jubelt Radio Bremen. Welche Veränderungen genau das bedeutet, ist
auch für Semen noch nicht absehbar. Die Videos würden auf jeden Fall länger
– und die Recherche intensiviert. Das Y-Kollektiv präsentiert sich als
Hoffnungsträger. Sein Umzug in die Mediathek sei ein „fantastisches Lob an
die Arbeit, die unser ganzes Team geleistet hat“.
20 Jan 2023
## LINKS
[1] /Jugendangebot-von-ARD-und-ZDF/!5341807
[2] /ARD-Dokuserie-Rabiat/!5591370
[3] https://www.rnd.de/medien/funk-reportageformate-journalismus-oder-unterhalt…
[4] https://uebermedien.de/69778/ein-authentischer-host-ersetzt-keine-recherche/
[5] /Radio-Bremen-will-wieder-cool-werden/!5499319
## AUTOREN
Ann-Christin Dieker
## TAGS
Y-Kollektiv
Radio Bremen
Youtube
Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk
Schwerpunkt Rassismus
Radio Bremen
Jugendangebot
## ARTIKEL ZUM THEMA
ARD-Dokuserie „Rabiat“: Mehr Ich als Fakten
Die Reporter*innen des Y-Kollektivs beschäftigen sich in den neuen Folgen
von „Rabiat“ mit den großen Themen: Armut, Rassismus – und sich selbst.
Radio Bremen will wieder cool werden: Neues aus alten Zeiten
Radio Bremen hat preisgekrönte Formate produziert. Was in der
Unterhaltungssparte gelingt, soll nun auch journalistisch zünden.
Jugendangebot von ARD und ZDF: Öffentlich-rechtliche YouTuber
Am Samstag startet „Funk“, das neue Angebot für 14- bis 29-Jährige von ARD
und ZDF, das überall läuft. Nur nicht im Fernsehen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.