Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Bürgerniete in der Flut
> Neues aus Neuseeland: Der lebende Gegenentwurf zur kürzlich
> zurückgetretenen Premierministerin Jacinda Ardern sorgt für einen
> Skandal.
Seit der Schocknachricht, dass Jacinda Ardern zurücktritt, trauern wir.
Klar, Familie und eigener Energiehaushalt gehen vor. Oder war sie
realistisch genug, um zu erkennen, dass sie ihrer Partei in der kommenden
Wahl mehr geschadet als genutzt hätte? Im Lande sanken die Umfragewerte.
Die internationale Lichtgestalt ist bei Impfgegnern genauso verhasst wie
bei konservativen Farmern.
Kein weiblicher Kiwi-Premier vor ihr wurde mit so viel Misogynie
konfrontiert. Was Ardern an Morddrohungen und Vergewaltigungsfantasien
aushalten musste, geht auf keine Schafhaut. Wie Greta Thunberg scheint auch
sie für viele alte weiße Männer eine schwer zu ertragende Provokation zu
sein. Ob die Hasskampagnen – Drogengerüchte über ihren Mann und die
Unterstellung, sie sei ein Transmann – mit zum Rücktritt führten, bleibt
Spekulation. Aber sicher ist: Frauen ihres Kalibers haben es schwer.
In dieser Woche konnten wir den diametralen Gegenentwurf zur empathischen,
jungen, kommunikativen und engagierten Leaderin erleben: Wayne Brown, der
kürzlich gewählte 76-jährige Bürgermeister von Auckland, der auf seinem
letzten Posten als rüde und arrogant verschrien war. Jetzt ist er die
Bürgerniete der Metropole, die gerade mit einer furchtbaren Flutkatastrophe
zu kämpfen hat. Im Norden ist Land unter: Tote, Erdrutsche, zerstörte
Häuser, dramatische Rettungsaktionen.
Es hat nicht die Tragweite dessen, was Ardern im Jahr 2019 während des
Moschee-Attentats in Christchurch und des Vulkanausbruchs auf Whakaari
(White Island) an Krisenmanagement leisten musste. Sie glänzte durch
Kompetenz, schnelles Handeln und Mitgefühl. Brown dagegen – surfender
Millionär mit Spitznamen „Browny“ – versagte im Regendesaster komplett. …
rief viel zu spät den Notstand aus und schob dafür die Verantwortung ab.
Zum Skandal wurde eine Nachricht, die aus seiner privaten Tennis-Gruppe auf
WhatsApp durchsickerte. Während Menschen um ihre Existenz, ihre Häuser und
ihr Leben kämpften, beklagte sich Browny, dass er ein Match absagen musste,
um vors gemeine Volk zu treten: „Muss mich mit Medienidioten wegen der Flut
rumschlagen, daher leider kein Tennis morgen.“ Seitdem wird gefordert, den
Krisenversager zu feuern. Keine Chance auf Brownymania. Der alte weiße Mann
hat sein wahres Gesicht gezeigt.
Während Katastrophen bei Kiwis normalerweise zu überbordender
Hilfsbereitschaft führen, waren die Besitzer eines Sexshops jedoch „not
impressed“. Schuld war in diesem Fall nicht Browny, sondern erotisch
gelagerte Habgier. „Peaches and Cream“ hatte alle seine nasse Ware zum
Trocknen in einen offenen Container gelegt. Die Reizwäsche und Vibratoren
wurden über Nacht geplündert. Das war mindestens so übel wie die zehn
Tonnen an Zwiebeln, die einem Bauern im Sturm weggeblasen wurden. Harte
Zeiten – und keine heilige Jacinda weit und breit.
2 Feb 2023
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Neuseeland
Jacinda Ardern
Skandal
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Neuseeland
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Kreuzfahrtkacke
Neues aus Neuseeland: Gigantische Passagierschiffe sind die Pest der Meere.
Ihre Insassen machen auch in Aotearoa nichts als Ärger.
Die Wahrheit: Trubel mit Tomatensaft
Neues aus Neuseeland: Besuch von einer transphoben Britin. Es sollte ein
Debakel werden. Mit Demonstrationen und politischem Nachspiel.
Die Wahrheit: Gabi und die Folgen
Neues aus Neuseeland: Ein Wirbelsturm namens Gabrielle zieht über die
Nordinsel, und im Verschwörungsmilieu gärt es anschließend mächtig.
Die Wahrheit: Ekeltanz ums Babyblut
Neues aus Neuseeland: „Pure Blood“ – reines Blut – ist zur Zeit ein
perfider Auswuchs der Anti-Vaxx-Bewegung in Aotearoa.
Die Wahrheit: Fuckboy gefeuert
Neues aus Neuseeland: Es gibt ja einige schlimme TV-Shows in der Welt, aber
„FBoy Island“ könnte ein neuer Tiefpunkt des Fernsehschaffens sein.
Die Wahrheit: Shakespeare auf Eis
Neues aus Neuseeland: Die Landesmutter hat es auch nicht leicht. Zwischen
Antarktis und Iran nichts als Probleme, Probleme, Probleme …
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.