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# taz.de -- Fake-Hauptmieter und Untermietverträge: Wachgeküsst vom Untermiet…
> Das Amtsgericht Kreuzberg hat über das dubiose Immobilien-Konstrukt
> Dornröschen GmbH verhandelt. Es ging um Schattenmietverträge und falsche
> Hauptmieter.
Bild: Beliebte Gegend mit hohen Mieten: Kreuzberg am Landwehrkanal, in der Näh…
Berlin taz | Das hatte sich der Eigentümer hinter der Immobilienfirma
„Dornröschen Immobilien GmbH & Co. KG“ sicher anders vorgestellt: Das
Firmenkonstrukt, in dem wohl vor allem märchenhafte Rendite schlummert,
wurde wider Willen wachgeküsst – von widerspenstigen Untermietern, die sich
gegen eine Räumungsklage in der Kreuzberger Admiralsstraße wehren, und dazu
noch vor Publikum.
Ob des großen Interesses platzte am Dienstag der Saal 252 im Amtsgericht
Kreuzberg aus allen Nähten: Journalist*innen waren da, sogar das
Fernsehen, zudem die Linken-Abgeordnete Elif Eralp, ein Mitarbeiter der
SPD-Staatssekretärin Cansel Kiziltepe, die Grünen-Bezirksabgeordnete Maria
Haberer. Nicht zuletzt interessierten sich mehrere betroffene
Mieter*innen für den Fall, über den die taz erstmals [1][vor rund einem
Jahr berichtete]. Der Richter ließ die Verhandlung kurzerhand in einen
größeren Saal verlegen.
Die Zuschauer*innen waren Zeugen eines unwürdigen Spektakels: Der
Eigentümer-Anwalt Ulf Tilo Kellner warf mit Nebelkerzen um sich, lenkte
permanent mit Wortklaubereien vom eigentlichen Streitgegenstand ab und warf
der Gegenseite Falschbehauptungen vor. Und als die Güteverhandlung
weitgehend ergebnislos beendet wurde, suchte der Anwalt derart schnell das
Weite, dass Journalist*innen keine Frage stellen konnten.
Hinwegtäuschen wollte der Immobilienanwalt offenbar über die Masche, mit
dem die Dornröschen GmbH [2][systematisch das Mietrecht aushebelt]. Der
mutmaßliche Trick: Der Vermieter setzt einen Strohmann als Hauptmieter ein,
um die Wohnungen nur über Untermietverträge zu vergeben. Der Vorteil:
Untermieter*innen haben kaum Rechte, lassen sich leicht kündigen und
Untermietverträge lassen sich befristen.
## „Kriminelle Machenschaften“
Die Betroffenen Moritz M. und Irina R. wehren sich bislang recht effektiv
gegen die Räumungsklage, auch weil sie mittels Privatdetektiv nachwiesen,
dass der angeblich im Ausland lebende Hauptmieter niemals im Haus gewohnt
hat und offenkundig auch nie vorhatte, dorthin zu ziehen. Der nämlich wohnt
im Einfamilienhaus in Blankenfelde und arbeitet wohl nicht ganz zufällig in
der Firma des Eigentümers.
Nachdem das Pärchen die Mietpreisbremse gezogen hatte, sollte es noch
rausgeschmissen werden. Und nun plötzlich, kurz vorm zweiten Prozesstermin
am Dienstag, hat ihnen Dornröschen sogar 50.000 Euro angeboten, damit sie
Ende März ausziehen. Doch die Untermieter fordern weiter einen
langfristigen Mietvertrag und wollen notfalls in die nächste Instanz
ziehen.
Die Linken-Abgeordnete Elif Eralp sagte am Ende der Verhandlung vor dem
Saal: „Aus meiner Sicht offenbaren sich hier kriminelle Machenschaften: Die
Eigentümer versuchen Profite über eine Strohmannkonstuktion zu machen“, so
Eralp. Um künftig derartige Untermietkonstruktionen zu verbieten, müsse man
das Mietrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch anpassen, forderte die Linke.
Schlupflöcher wie diese müssten geschlossen werden.
Auch Cansel Kiziltepe, Kreuzberger SPD-Bundestagsabgeordnete und
Parlamentarische Staatssekretärin im Bauministerium, stellte sich nach der
Verhandlung an die Seite der Mieter*innen in der Admiralsstraße.
Kiziltepe sagte der taz: „Ich bin empört über die Dreistigkeit, mit der die
Hauseigentümer geltendes Mietrecht für den eigenen Vorteil untergraben.“
Durch das Untervermietungs-Konstrukt würden Milieuschutz, Mietpreisbremse
und andere Schutzvorschriften systematisch ausgehebelt. „Mit dieser Methode
dürfen Vermieter in Berlin und im ganzen Land nicht durchkommen!“ so
Kiziltepe, „die gerichtliche Aufarbeitung ist dringend notwendig.“
17 Jan 2023
## LINKS
[1] /Fake-Hauptmieter-und-Untermietvertraege/!5831348
[2] /Ein-Raeumungsstreit-vor-Gericht/!5833548
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Gentrifizierung
Mietenwahnsinn
Mietenpolitik
Schwerpunkt Stadtland
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